Was ist Erfahrung?
Nicht zum ersten Mal ist jetzt in einem Thread das Thema "erfahrener Biker" aufgekommen. Ich möchte mal ganz neutral und ernsthaft die Frage stellen:
Was qualifiziert einen zum "erfahrenen Biker"?
Wie alt muss man sein? Wie viele Kilometer abgespult haben? Welche Fahrerlebnisse hinter sich haben? Wie viele Länder bereist? Was für Strecken unter die Räder genommen? Wie viele Motorräder bewegt? Und so weiter und sofort. Ich weiß, die Fragen sind teils nicht ganz unprovokativ, seht's mir nach.
Also, wonach beurteilt ihr, ob jemand ein "Anrecht" darauf hat, anderen Bikern die Welt zu erklären? Gibt es sowas überhaupt oder sind wir doch eigentlich Gleiche unter Gleichen? Oder als wie erfahren würdet ihr euch beurteilen und warum?
Beste Antwort im Thema
Wraithrider, versuch doch einmal zu verstehen, was Dir in den letzten Posts gesagt wurde, ohne beleidigt zu sein.
In all den ersten Beiträgen wurde doch nun ganz klar herausgearbeitet, dass Erfahrung immer subjektiv ist.
-Ein Individuum, ein biologisches System, nimmt einen Reiz auf. Schon ganz inividuell, je nach Leistungsfähigkeit der Rezeptoren.
-Das Individuum verarbeitet diesen Reiz, wieder ganz individuell und erstellt einen Handlungsablauf. Jedes Individuum für sich ganz persönlich, im Rahmen seiner Möglichkeiten und seiner schon erarbeiteten Handlungsmuster.
-Das Individuum führt dieses Muster aus, wieder im Rahmen seiner Möglichkeiten, abhängig zum Beispiel von Statur, Kraft, Schnelligkeit.
-Das Individuum nimmt neue Reize auf, die das Resultat der gerade ausgeführten Handlung sind und bewertet Erfolg oder Misserfolg, erarbeitet gleichzeitig Strategien, den Erfolg zu vergrößern oder Misserfolg zu minimieren.
Diese vielen, ganz subjektiven und ganz individuellen Inkonstanten eines biologischen Systems kannst Du NIE auf ein mathematisches System übertragen, dass zumindest eine Grundanzahl an Konstanten benötigt, um so eine Formel zu erstellen. Die Gleichung x+y/z=a² kannst Du NIE eineindeutig lösen.
Aber das biologische System A kann das biologische System B darüber in Kenntnis setzen, welche Reize zu bestimmten Handlungsabläufen und zu welchem resultierenden Ergebnis führten. So wird aus der primären Erfahrung des Individuums A die sekundäre Erfahrung des Individuums B. Diesem bleibt nun die Wahl, diese Erfahrung in die eigenen Handlungsmuster zu übernehmen, sie in die Erstellung eigener Handlungsmuster einzubeziehen oder zu ignorieren.
Sollte System A aber an das System Wraith geraten, so sollte es sich darauf einstellen, dass primär eine konträre Haltung zu erwarten ist .
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129 Antworten
Na ja, Erfahrung ist eine ansammlung von erlebnisse. Dabei lernen wir immer mehr und können voraus eine bestimmte Situation einschätzen. Speziel auf Motorradfahrern gezielt heisst das, mir ist mehr bewusst was in bestimmte situationen passieren kann und ich fahre mit meine ansammlung von erlebnisse anders als wenn ich bestimmte Dinge nie erlebt hätte. Um so mehr ich fahre, um so mehr "Erfahung" sammel ich ...
So seh ich das zumindest.
Erfahrung ist nicht in Kilometer, Erlebnisse, Alter oder irgendeinem andersgearteten Algorithums zu erfassen. Das Sammeln von möglichst vielen verschiedenen Eindrücken, deren aktives Verarbeiten und nachfolgende Optimierung eigener Handlungsmuster dürfen als nützlich angesehen werden. Nach meinem Ermessen ist niemand berechtigt, anderen Motorradfahrern sein eigenes Weltbild als das allein seligmachende Dogma zu diktieren - zu verschieden sind die Ansprüche, die Motivation und das individuelle Gefühlsleben jedes Einzelnen.
doch, Erlebnisse gehören dazu. Um so mehr ich erlebe, um so mehr Erfahrung ich sammele ...
Ich denke es ist vielleicht einfache die Frage anders zu stellen, was kann nicht als Erfahrung bezeichnet werden. Als Beispiel:
Wenn ich eine Kurve mit 120 und kratzende Knieschleifer eine Kurve fahre, bin ich zwiefelslos kein schlechte Fahrer, muss aber nicht zwangsläufig bedeuten das ich verhältnismäßig viel Erfahrung gesamelt habe ...
Erfahrung ist etwas höchst Persönliches. Das kann man nicht verallgemeinern und man wird hier auch keinen Konsens finden. Wer auf der Straße gut fahren kann, muss das noch lange nicht im Gelände können ... u.s.w. Darüber hinaus sind auch körperliche Dispositionen zu berücksichtigen. Sportliche Menschen werden andere Erfahrungen haben als z. B. behinderte Menschen.
Dennoch ist Erfahrung wertvoll - es muss nur einen geben, der sie anderen vermitteln kann - und andere, die in der Lage sind, das Wissen aufzunehmen. Ob ein Forum dafür gut ist ???
Gruß k2
Zitat:
Original geschrieben von Jason2002
doch, Erlebnisse gehören dazu. Um so mehr ich erlebe, um so mehr Erfahrung ich sammele ...
Ja natürlich, da gebe ich Dir recht. Jedoch muss auch deren aktive Verabeitung erfolgen. Ich wollte mit meinem Beitrag auch nur zum Ausdruck bringen, dass nicht
alleindas Erlebte, nicht
alleindas Abspulen einer bestimmten Anzahl von Kilometern oder das Erfüllen definierter Parameter wirklich Erfahrung bedeutet.
Zitat:
Original geschrieben von gamsrockl
Zitat:
Original geschrieben von Jason2002
doch, Erlebnisse gehören dazu. Um so mehr ich erlebe, um so mehr Erfahrung ich sammele ...
Ja natürlich, da gebe ich Dir recht. Jedoch muss auch deren aktive Verabeitung erfolgen. Ich wollte mit meinem Beitrag auch nur zum Ausdruck bringen, dass nicht allein das Erlebte, nicht allein das Abspulen einer bestimmten Anzahl von Kilometern oder das Erfüllen definierter Parameter wirklich Erfahrung bedeutet.
Ja, es ging mir nur drum du hast oben geschreiben :
Erfahrung ist nicht in Kilometer,
Erlebnisse, Alter oder irgendeinem andersgearteten Algorithums zu erfassen

Jason, ich sehe, wir sind einer Meinung
ja, ich denke schon
Erfahrung ist relativ! Ich bin neulich mit zwei sehr erfahrenen Bikern unterwegs gewesen, die gefahrene Strecke betrug maximal 50km hin und zurück.. Dennoch hab ich in diesen 50km mehr gelernt, als ich mit einem anderen unerfahrenen Kumpel in 500km gelernt hätte.. Beispielsweise hab ich gelernt einem anderen Biker die Spur freizuhalten bzw. das Einfädeln zu ermöglichen ohne ihn, mich oder andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden.. Richtige Überholmanöver, Kommunikation auf dem Bike etc..
Schwer zu erläutern alles, aber viele wissen was ich wohl meine..
Erfahrung ist immer das, was man einen Augenblick davor schon gebraucht hätte
Die Erfahrung ist wie eine Laterne im Rücken; sie beleuchtet stets nur das Stück Weg, das wir bereits hinter uns haben. (Konfuzius Feinkost )
Zitat:
Also, wonach beurteilt ihr, ob jemand ein "Anrecht" darauf hat, anderen Bikern die Welt zu erklären?
Naja... das hat keiner, aber ich denke, dass man zu einem Thema eher seine Erfahrung und die Erkenntnis daraus anbieten will... der eine oder andere mag da sicher übereifrig sein und mehr "belehrend" rumpoltern. Aber mei... wer hat das "Anrecht" anderen ihre Meinung zu verbieten, wer ist verpflichtet... auf diese einzugehen?
Du kannst es per se nicht sonderlich leiden... wenn einer zu dir sagt "Ey, hömma..".. kann das sein?
Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: durch Nachdenken ist der edelste, durch Nachahmen der einfachste, durch Erfahrung der bitterste. (auf einer Flühlingslollenschachtel von Konfuzius gelesen )
Oder anders gesagt - man muss nicht immer selbst eine auf die Fresse bekommen, um zu verstehen... das tut weh. Der Mensch neigt aber dazu... manche Dinge erst dann zu glauben, wenn sie ihm selber weh tun
Versteh es einfach als Angebot - nicht mehr und nicht weniger, es liegt ja bei dir, ob oder was davon Du annehmen willst.
Zitat:
Oder als wie erfahren würdet ihr euch beurteilen und warum?
Dieses Urteil... überlasse ich idR anderen
Wie heisst es so schön ? Erfahrung ist nichts, man kann seine Sache auch Jahrzehnte lang falsch machen.
Erfahrung kann auch zu Routine führen.
Was man davon hält ist jedem selbst überlassen
Natürlich ist Erfahrung auch klasse, wenn man die Maschine selbst mehr beherscht oder Fahrverhältnisse etc.
Aber man sollte Erfahrung nicht überbewerten.
Um mal den advocatus diaboli zu spielgen
"Erfahrung ist das was man bekommt kurz nachdem man es gebraucht hätte." ... Sagte hier bei MT mal jemand, ich glaube der Shakti war's, evtl. stand das sogar in seiner Signatur ...
Ansonsten ist Erfahrung vor allem gleichbedeutend mit Training ... also Schräglagentraining/Renntraining z.B.
Aber sogenannte "schlechte Erfahrungen" gemacht zu haben, ist meist nur kontraproduktiv, weil man wenn man in eine ähnliche Situation gerät, diese schlechte Erfahrung nicht nutzen kann, sondern automatisch unterbewußt oft wieder ins selbe ausweglose Verhaltensmuster reinplumpst, weil es eben ausweglos ist, also genau das Verhaltensmuster, welches man auch "probierte", als man diese oder jene schelchte Erfahrung machte ... denn nur dieses Verhaltensmuster hat man ja trainiert, und nur das ist im Reflex auch abrufbar ...
Will sagen, aus guten Erfahrungen (also Training) lernt man sehr viel und kann es gut nutzen, weil es den eigenen Aktionen einen "Feinschliff" geben kann (also Kurventechnik z.B.). Aus schlechten Erfahrungen (also vermeintliches "Training" durch Schläge und Watschen sozusagen, also z.B. Stürze weil einen z.B. ein unsäglicher Vollpfosten vom Bike runterholte) lernt man gar nichts, bringt auch gar nichts ... diese letzteren Konfuzianischen Erfahrungs-Funzeln auf dem Buckel, die den Weg hinter einem beleuchten() sollte man schnellstens in die Tonne drücken und gar keinen Gedanken mehr dran verschwenden ... so gut es eben geht ...
(allerdings wäre es gut, wenn diese mit diversen Arten von Schlägen "lehrenden" Vollpfosten für alle Zeiten in irgendwelchen Gummizellen dingfest gemacht würden ... was sagt denn der pazifistische Konfuzius da dazu ?)
Denn diese schlägernden "Erfahrungs-Oberlehrer" gehen mir auch vor allem deswegen auf den Senkel, weil die meinen nämlich vor allem (und das ist ihre eigentliche Intention), indem sie anderen in die Fresse hauen, bzw. diese als Schutzschild vorneweg schieben, gewinnen sie selbst "billig" an Erfahrung, weil sie ja selbst den Kopf nicht hinhalten ... weil diese Typen ja die schlechten Erfahrungen nicht selber machen wollen sondern lieber anderen beim "ins Klo greifen" den Vortritt aufdrängen wollen ... nö nö, ich ducke mich ... wenn's rund geht und die Kloake geflogen kommt ...
Gruß
Für mich ist bedeutet Erfahrung im Unterschied zu anderen theoretischen Formen des Wissens das diese unmittelbar durch persönliches Erleben zustande gekommen ist.
Das Wissen aus dieser persönlichen Erfahrung und die daraus gewonnenen Handlungsbilder, Erkenntnisse, Fähigkeiten und manchmal auch nur gewonnenen Meinungen kann man m.E. durchaus weitergeben. Das anzunehmen oder auch nicht liegt an demjenigen, an dessen Ohr dies gelangt ganz allein.
Als erfahrenen Biker würde ich mich selbst nicht bezeichnen, allerdings habe ich schon viel auf und mit dem Motorrad erlebt.
Schon mal danke an alle Antworter. Ich bin positiv überrascht. Hätte da teils andere Antworten erwartet, aber ihr seid euch ja alle ganz einig. :-)
Einige Anmerkungen:
Zitat:
Original geschrieben von kandidatnr2
Erfahrung ist etwas höchst Persönliches. Das kann man nicht verallgemeinern und man wird hier auch keinen Konsens finden.
Ein Konsens ist wohl auch gar nicht nötig, sondern nur das Verständnis für das jeweilige Gegenüber wie ihr es hier grade so harmonisch demonstriert.
@Kleinstadt-Rowdy
Japp, kenne ich gut, wenn man zu zwot oder gar in Gruppen fährt, oder sich einfach nur unterwegs Motorradfahrer treffen und ein Stück gemeinsam fahren. Hab's schon oft erlebt, dass nach dem Überholvorgang die Tür zu gemacht und dem anderen einfach kein Platz gelassen wird, ganz unbewusst. Am besten ist m. E. wenn man jeweils um einen PKW weit versetzt fährt, so kommt's nicht zu der Situation, sich gegenseitig zu "bedrängeln".
@Kawa_Harlekin
Also es gibt durchaus auch lehrreiche "schlechte Erfahrungen". Hatte da selbst mit 17 nen Unfall, der mein Überholverhalten m. E. zum (zwar langsameren aber) besseren gewandelt hat.
Zitat:
Original geschrieben von tec-doc
Du kannst es per se nicht sonderlich leiden... wenn einer zu dir sagt "Ey, hömma..".. kann das sein?
Da liegst du richtig. Hängt daran, dass so ein "ey, hömma..." in aller Regel ziemlich von oben herab kommt à la "ich weiß es besser" und oft auch Dinge "erklärt" werden, die mir als Selbstverständlichkeiten und nach schon mehreren Diskussionen zum Thema kaum mehr der Erwähnung wert scheinen. Oder dass sie, das hab ich dir ja nebenan gestern grad gesagt, mir viel zu hochtrabend formuliert sind. Da kann's dann leicht sein, dass es bei mir menschelt und ich stinkig reagiere selbst wenn ich im Grunde die Meinung teile, mir nur das ganze Drumherum nicht zusagt.
Eben die Präsentation der Erfahrung. Ich bin halt auch nicht frei von Fehl und Tadel. ;-)
Zitat:
Original geschrieben von tec-doc
Zitat:
Oder als wie erfahren würdet ihr euch beurteilen und warum?
Dieses Urteil... überlasse ich idR anderen
Nur woher wissen die's? Ich hab wenn jemand sagt "Jungchen, hör mal dem erfahrenen alten Mann zu und lern was" immer den spontanen Impuls aufzuzählen was ich erfahren hab. Und in aller Regel verkneife ich's mir dann, weil ich das eigentlich nicht mag, dieses angeben mit Erfahrungen, als wären die Erfahrungen eines Anfängers weniger wert nur weil er vllt. noch nicht so viele davon hat.
Das ist ja dann auch der Aufhänger des Threads hier: Wenn's andere beurteilen, wie machen sie das. :-)