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Artikel über Pseudo-Innovationen, die dem Kunden nichts bringen

Themenstarteram 6. Mai 2004 um 5:28

Zitat:

AUTOMOBILE

Ratlose Lieferanten

Bremsen mit Scheibenwischern, elektrische Lenkungen - ein führender Autoentwickler beklagt Pseudo-Innovationen, die dem Kunden nichts bringen.

Autos mit Automatik hatten über Jahrzehnte hinweg meist nur drei Gänge. Denn eine Schaltstufe mehr bedeutet bei diesen Getrieben enormen Bauaufwand.

Inzwischen gelten Viergang-Automaten schon als rückständig. Fünf und sechs Gänge sind Standard. Mercedes brachte kürzlich sogar die erste Siebengang-Automatik heraus.

Technisch sinnvoll wäre dies allenfalls vor 30 Jahren gewesen, als die meisten Motoren noch nicht so durchzugsstark waren und mit kurzen Übersetzungsschritten schneller beschleunigt hätten.

Bei den heutigen Motoren bringt solcher Aufwand fast nichts mehr. "Auto Bild" testete kürzlich ein Siebengang-Modell der S-Klasse und stellte nur marginal bessere Fahrleistungen zum Vorläufer mit fünf Schaltstufen fest: "Papierwerte, im Alltag so gut wie nicht zu spüren."

Gegen solche Pseudo-Innovationen, die in erster Linie die Kosten hochtreiben, wettert nun erstmals auch ein führender Automobilentwickler: "Viele der neuen Technologien werden vom Kunden nicht als wirklich innovativ wahrgenommen", kritisiert Rainer Kurek in einem soeben erschienenen Fachbuch für Autozulieferer.

Einige Lieferanten seien "ratlos geworden", schreibt Kurek, selbst Hochschuldozent und Geschäftsführer der internationalen MVI Group, die mit weltweit tausend Mitarbeitern Entwicklungsaufträge für Automobilhersteller übernimmt.

Die Zulieferer, inzwischen oft mehrfach fusionierte Riesenkonzerne, tragen einen Großteil der Entwicklungskosten. Um diese Betriebe "vor Schaden zu bewahren, der durch technologisch falsche Stoßrichtungen zu entstehen droht", geht Kurek mit den aktuellen Entwicklungsstrategien der Fahrzeugbranche, die er als Dienstleister der Konzerne sehr genau kennt, heftig ins Gericht.

Zahlreiche technische Irrwege ortet der Ingenieur etwa im Bereich der Fahrwerkstechnik und attestiert diesem Sektor ein nur "geringfügig einzuschätzendes Optimierungspotenzial im Sinne des Kunden". Verbesserungen der bestehenden Technik seien hier allenfalls noch von Rennfahrern nachvollziehbar.

Doch selbst Profis bleibt der Sinn mancher Innovation verborgen: So verpasste VW dem neuen Golf eine aufwendige und teurere Mehrlenker-Hinterachse. Opel blieb bei der klassenüblichen, simpleren Verbundlenker-Konstruktion und stimmte diese sehr gut ab. Im ersten Vergleichstest von "Auto, Motor und Sport" schnitt der günstigere Opel Astra im Fahrwerkskapitel sogar besser ab als der Golf.

Auf ähnlich sinnlose Abwege gerieten die Unternehmen Mercedes und Bosch mit der elektrohydraulischen Bremsanlage SBC. Sie sollte der Einstieg in die "Brake-by-wire"-Technik sein, bei der der Bremsbefehl nicht mehr durch Hydraulikleitungen, sondern nur noch elektrisch weitergegeben wird. SBC tut das auch, hält daneben aber eine konventionelle hydraulische Anlage als Rückfallebene bereit. Das doppelte System vollbringt unglaubliche Kunststückchen, wischt etwa bei Nässe, alarmiert vom Regensensor des Scheibenwischers, durch zartes Anlegen der Bremsklötze die Bremsscheiben trocken.

Die Vorteile von SBC jedoch sind sogar messtechnisch kaum noch zu erfassen. Bosch hat die Weiterentwicklung der Anlage inzwischen auf Eis gelegt. Der ursprüngliche Plan, dereinst Bremsanlagen ganz ohne Hydrauliknetz zu realisieren, wurde erst einmal aufgegeben. Bei vergleichbarem Sicherheitsniveau wären Elektrobremsen deutlich teurer, könnten aber nichts entscheidend besser.

Ähnlich verhält es sich mit der ewigen Vision von der elektrischen Lenkung ("Steer-by-wire") ohne Lenksäule und mechanisches Lenkgetriebe. Expertisen renommierter Unternehmensberater wiesen diese als wichtigen Trend aus. Auto- und Zulieferkonzerne investierten bereits beträchtliche Summen.

Doch auch hier gibt es keinen vernünftigen Grund, die traditionelle Technik durch weit störanfälligere Elektrik und Elektronik zu ersetzen. Mechanische Lenkgetriebe sind bewährte, robuste Bauteile, die ein ganzes Autoleben halten und ihre Aufgabe perfekt erfüllen. Automobilentwickler Kurek erteilt "Steer-by-wire" eine klare Absage: "Hohe Komplexität und ungelöste Haftungsfragen" stünden einem Durchbruch entgegen.

Wie aber kommt es dazu, dass ganze Entwicklungsmannschaften sich immer häufiger in kostspieligen Irrwegen verheddern?

Industrie-Dienstleister Kurek sieht das Grundübel in der veränderten Management-Struktur moderner Autokonzerne, in denen das Schmieden strategischer Allianzen oft weit größere Priorität hat als die technische Ausrichtung: "Was den meisten Autoherstellern fehlt, ist ein starker Chefentwickler alter Schule mit dem nötigen Gespür für Kundenbedürfnisse."

quelle : SPIEGEL online

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72 Antworten

Die Abgase halten sich hier noch einigermaßen in Grenzen. Bin da nicht so empfindlich.

Aber das war ja nur als Beispiel gedacht.

Nehm von mir aus elektrisch verstellbare Spiegel.

Wenn ich der einzige fahrer bin ist das kein Problem, ansonsten evtl. schon.

Kommt auf die Nutzung an.

am 23. Mai 2004 um 19:42

So sehe ich das auch: es kommt auf die individuelle Nutzung und auch auf das Nutzungsverhalten an. Bei elektrisch verstellbaren Außenspiegeln war ich auch der Meinung das ich sie nicht brauche. Bis ich selbst welche hatte. Nicht das ich sie als zwingend notwendig betrachte, aber es ist schon sehr praktisch, den rechten Außenspiegel schnell nach unten schwenken zu können um zu sehen, ob die Felge schon am hohen Bordstein schrammt oder noch etwas Luft ist. Die Klimaanlage ist zwar auch nicht zwingend notwendig, es ging bei mir ja auch 24 Jahre ohne, aber auch in der Stadt ist sie an sehr warmen Tagen angenehm. Der sehr heiße Sommer 2003 war mein erster mit Klimaanlage, und das war dann wirklich was wert. Ich hätte den Sommer auch ohne überlebt, aber mit war es doch angenehmer. Verkauft wird natürlich, was nachgefragt wird. Das ist Marktwirtschaft. Die Nachfrage wird aber auch erst durch Werbung geschaffen. Ich kann keine Extras verkaufen, von denen der potenzielle Käufer nichts weiß.

Ab und zu laß ich mich auf diese Weise auch gerne verführen...

Das Markenimage ist auch ein Ergebnis von gutem Marketing. Die A-Klasse wäre nach dem Elchtest-Fiasko tot gewesen, wenn dort kein Stern dran gewesen wäre. So waren alle auch etwas schadenfroh (ist ja schließlich die ehrlichste Freude), aber richtig geschadet hat es dem Verkauf des Fahrzeugs nicht. Im Gegenteil: erst dieses Fiasko hat dem ESP zum Marktdurchbruch verholfen, denn erst dadurch ist es einem breiten Publikum bekannt geworden.

Ciao!

Stimme dir da absolut zu,

ausser hier:

Zitat:

Die A-Klasse wäre nach dem Elchtest-Fiasko tot gewesen, wenn dort kein Stern dran gewesen wäre

Ich denke das ist anders herum.

Wäre ein anderes Auto beim Elchtest gescheitert, dann wäre das gar nicht so bekannt geworden.

Der Elchtest wurde nur so berühmt, weil gerade die A-Klasse - ein Mercedes - daran gescheitert ist.

Ganz einfach weil der Anspruch an Mercedes in solchen Sachen höher ist.

Es gibt einige japanische Autos, die so gebaut sind, dass sie ein starker Luftzug umwehen könnte.

Die würden den Elchtest ebenfalls niemals bestehen.

Das kratzt nur keinen. Es wurden übrigens sehr viele Vorbestellungen nach dem Test gecancelled und die Verkaufszahlen wären ohne den Test bestimmt besser gewesen.

am 24. Mai 2004 um 14:20

Zitat:

Original geschrieben von Gnubbel

ersetzbar. Fahre doch mal mit deinem Marbella auf das Heck eines anderen Autos (z.B. Polo), dann wirst Du sehen, wie gut oder weniger gut das Sicherheitskonzept des Marbellas funktioniert.

Dazu müßte es den noch geben.

Ist schon ein paar Jahre her, inzwischen wird gegolft ;-)

Zitat:

Beim neuen Panda solls da ja glücklicherweise besser aussehen

Der hat ja auch bis auf den "recycleten" Namen mit dem bisherigen Panda keinerlei Gemeinsamkeit.

am 24. Mai 2004 um 18:19

Zitat:

Original geschrieben von DonIntriguez

Wäre ein anderes Auto beim Elchtest gescheitert, dann wäre das gar nicht so bekannt geworden.

Der Elchtest wurde nur so berühmt, weil gerade die A-Klasse - ein Mercedes - daran gescheitert ist.

Ganz einfach weil der Anspruch an Mercedes in solchen Sachen höher ist.

Es gibt einige japanische Autos, die so gebaut sind, dass sie ein starker Luftzug umwehen könnte.

Die würden den Elchtest ebenfalls niemals bestehen.

Das kratzt nur keinen. Es wurden übrigens sehr viele Vorbestellungen nach dem Test gecancelled und die Verkaufszahlen wären ohne den Test bestimmt besser gewesen.

Und gerade weil der Anspruch dieser Marke so hoch ist, hätte dieses nie passieren dürfen. Was sind das für Ingenieure, die den Schwerpunkt des Autos so hoch setzen, das er relativ leicht ins Kippen kommt? Und wegen dieses Debakels ist der Elchtest überhaupt erst einem grösseren Publikum bekannt geworden, deshalb wurden auch andere Autos so getestet nach dem Motto: mal sehen wie viele noch kippen. Und es wurden auch fernöstliche Gegenstücke getestet. Die hoben höchstens mal ein Bein (Hinterrad), aber meines Wissens ist keiner gekippt. Selbst der Hyundai Atos nicht (schmal und hoch), als ausgesprochenenes Billigauto. Gekippt ist aber noch der Smart, auch deshalb hat er hinten diese seltsame Bereifung, die die Proportionen des Autos noch quadratischer werden lassen. Meine Sorge für die Zukunft ist nur, das aufgrund des vermehrten Einbaus von ESP-Systemen in neue Modelle diese in Extremsituationen nicht auf der Straße bleiben, weil ein gutes Fahrwerk dahintersteckt und schlimmeres verhütet, sondern weil eine elektronische Krücke das Auto versucht einzufangen. Und Elektronik ist billiger als sehr gute Fahrwerke. Die Software richtets schon...

Ciao!

Zitat:

Original geschrieben von Gnubbel

Die Software richtets schon...

...solange keine Situation eintritt, die beim Programmieren nicht bedacht wurde...:(

Zitat:

Original geschrieben von Drahkke

...solange keine Situation eintritt, die beim Programmieren nicht bedacht wurde...:(

...und keiner denkt, er könnte mit ein paar Bits und Bytes jegliche Grenzen der Physik überwinden...

Zitat:

Original geschrieben von Gnubbel

Und gerade weil der Anspruch dieser Marke so hoch ist, hätte dieses nie passieren dürfen. Was sind das für Ingenieure, die den Schwerpunkt des Autos so hoch setzen, das er relativ leicht ins Kippen kommt? Und wegen dieses Debakels ist der Elchtest überhaupt erst einem grösseren Publikum bekannt geworden, deshalb wurden auch andere Autos so getestet nach dem Motto: mal sehen wie viele noch kippen. Und es wurden auch fernöstliche Gegenstücke getestet. Die hoben höchstens mal ein Bein (Hinterrad), aber meines Wissens ist keiner gekippt. Selbst der Hyundai Atos nicht (schmal und hoch), als ausgesprochenenes Billigauto. Gekippt ist aber noch der Smart, auch deshalb hat er hinten diese seltsame Bereifung, die die Proportionen des Autos noch quadratischer werden lassen. Meine Sorge für die Zukunft ist nur, das aufgrund des vermehrten Einbaus von ESP-Systemen in neue Modelle diese in Extremsituationen nicht auf der Straße bleiben, weil ein gutes Fahrwerk dahintersteckt und schlimmeres verhütet, sondern weil eine elektronische Krücke das Auto versucht einzufangen. Und Elektronik ist billiger als sehr gute Fahrwerke. Die Software richtets schon...

Ciao!

Dein Wissen ist da nicht ganz richtig. Durch den Elchtest sind viele Modelle gefallen. Es werden sogar immer noch Autos gebaut, die den Elchtest nicht bestehen.

So zB. der Jeep Cherokee, ironischer weise von DaimlerChrysler.

Also die Sache mit der A Klasse ist natürlich schon peinlich für Mercedes. Aber da das Auto ja noch getestet wurde und der Fehler dann beseitig werden konnte, finde ich das nicht ganz so tragisch wie es von der PResse aufgebauscht wurde-.

am 26. Mai 2004 um 16:17

Als beseitigt würde ich den Fehler nicht nennen. Es wurde nachgebessert, und durch das ESP und andere Fahrwerksabstimmung (deutlich straffer als ursprünglich) bleibt das Fahrzeug in Extremsituationen wohl auf der Piste. Beseitigt wird der Fehler wohl erst mit dem Nachfolgemodell. Man muß dazu anmerken, das diese extreme Fahrsituation im Autofahreralltag glücklicherweise sehr selten vorkommt. Ob der Fahrer dann in der Lage ist, dem Hindernis in dem Moment so auszuweichen wie es im Elchtest simuliert wird, darf bei den meisten Fahrern (bei mir auch...) bezweifelt werden. Da gehört neben konzentriertem Fahren auch regelmäßiges Sicherheitstraining zu (sollte ich vielleicht auch mal machen). Im Moment wird das ESP für meinen Geschmack überbewertet. Ist aber gut, das es sowas gibt. Ist ja auch ein Verkaufsargument...

Ciao!

Da muss ich dir recht geben. 100% beseitigt ist der Fehler nicht.

ESP finde ich zwar nicht ganz so elementar wichtig wie ABS, aber bei Hecktrieblern macht es schon eine Menge aus.

Bei Fronttrieblern denke ich auch dass die Wirkung überbewertet wird.

Zitat:

Es werden sogar immer noch Autos gebaut, die den Elchtest nicht bestehen.

So zB. der Jeep Cherokee, ironischer weise von DaimlerChrysler.

Korrektur am Rande: Der Cherokee besteht den Elchtest. Der Kipper der ersten Serie hatte Fahrwerksumbauten und eine Tieferlegung um 2 Zentimeter zur Folge; Die Motorschutzwanne geht jetzt mit einer lichten Höhe von 17 Zentimetern als Planierschild durch... :(

:D

ein tiefer gelegter Jeep :D

2cm sind ja nicht unbedingt wenig...

:D

Moin!

17cm bei nem Geländewagen nej, nej, nej...

Mein 2er Golf hat ja schon serienmässig so 12 bis 13cm...

Ein ordentlicher Geländewagen sollte schon so 25cm bringen...

Alles andere kannste schnupfen im Gelände...

Besser mehr, und wenn er dann auf der Strasse bei zu schnellem Kurvenfahren umkippt...

...ist doch egal, ist doch ein Geländewagen und kein Sportauto...

Verwechseln viel zu viele...

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