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"Abzockquote" im Berliner Osten eingeführt, richtig so?

Themenstarteram 23. Juni 2021 um 17:23

Moin,

im Osten Berlins wurde eine sogenannte Quote für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr eingeführt, siehe hier:

Zitat:

In Berlins Osten gibt die Polizei intern vor, wie viele Ordnungswidrigkeitenanzeigen im Straßenverkehr geschrieben werden sollen. Ein regelrechter Wettbewerb. Wer in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick mit dem Fahrrad, Auto, Roller, Motorrad oder auch zu Fuß unterwegs ist, muss damit rechnen, bei Verkehrsverstößen schneller von der Polizei per Bußgeld zur Kasse gebeten zu werden.

In der Direktion 3 ist eine Quote für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr eingeführt worden – und die muss von den Beamten erfüllt werden. So sieht es ein internes Papier der Polizei vor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Es lautet: „Ziele und Maßnahmenplan 2021“.

Demnach wird „zu allen Verstößen im Straßenverkehr direktionsweit die Fertigung von 113 076 Verkehrsordnungswidrigkeitenanzeigen angestrebt“. Bis in die einzelnen Schichten werden die Zahlen heruntergerechnet.

Selbst Polizisten sprechen von „Abzocke“ und berichten von einem Wettbewerb, wer die meisten Anzeigen schreibt. Sogar bei der Beurteilung sollen Beamte, die die meisten Anzeigen aufnehmen, bevorzugt werden.

Einzelne Polizisten sollen etwa stundenlang an Kreuzungen mit Stoppschild stehen, die von der Haltelinie aus nur schwer einzusehen sind. Bei jedem Fahrzeug, das nicht punktgenau am Stoppschild halte, werde das Kennzeichen notiert – und zwar auf Masse, wie Beamte schildern.

Besagte Direktion 3 sieht das freilich anders:

Zitat:

Die Polizei bestätigt die internen Zielvorgaben, die es so nur im Osten der Stadt gibt. Die Direktion 3 habe es sich zum Ziel gesetzt, die „lokale Verkehrssicherheitsarbeit noch stärker in ihren eigenen Fokus zu rücken“. Dies geschehe über „angestrebte Richtgrößen“, diese seien keine starre Vorgabe, sondern diene den Polizisten „als Anhalt“.

Auch für ganz Berlin gebe es für die Verkehrssicherheitsarbeit „Zielverfahren“, doch die Direktion 3 habe in diesem Jahr das Anliegen, „einen konstanten, flächendeckenden Überwachungsdruck aufrechtzuerhalten, um den Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmender zu gewährleisten“. Verkehrsgefährdendes Verhalten sei konsequent zu verfolgen und zu ahnden.

Die Zielquote wurde zusätzlich zur Vorgabe eingeführt, den Verkehr wegen der hohen Zahl an Abbiegeunfällen stärker zu überwachen. In der Direktion 3 werden im Schnitt pro Jahr 873 Opfer gezählt – bei 2900 Unfällen wegen verkehrswidrigem Abbiegen oder nicht beachteter Vorfahrt.

Daneben erinnerte die Polizei daran, dass 2020 in Berlin 50 Menschen bei oder nach Verkehrsunfällen gestorben sind, davon allein 15 in der Polizeidirektion 3. „Trotz eines zeitweise geringeren Verkehrsaufkommens infolge der Pandemie lag die Zahl der Verkehrstoten damit um 25 Prozent über dem Wert des Vorjahres“, erklärte ein Sprecher.

Eine Möglichkeit gegenzusteuern, sei das „konsequente Ahnden von nicht normengerechtem und somit potentiell verkehrsgefährdendem Verhalten im Straßenverkehr“. Dabei seien „das persönliche Gespräch, das Abwägen der Umstände“, aber auch das Anzeigen von Personen dem bloßen Notieren von Kennzeichen vorzuziehen. Doch nach Aussage von Beamten ist im Alltag eher das Gegenteil der Fall.

Quelle & kompletter Artikel

Was sagt die Motor-Talk-Gemeinde zu dem Sachverhalt? Ist der Begriff "Abzockquote" gerechtfertigt, oder handelt es sich um eine auch in dieser Form notwendige Maßnahme?

 

So long

Ghost

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53 Antworten
am 23. Juni 2021 um 17:27

Halt dich an die StVO und Allett wird jut....

am 23. Juni 2021 um 17:38

Dort unbedingt notwendig. Völlig ohne jeden Zweifel.

Nennt sich bei uns Zielvereinbarung, zum Glück nur für die Leitungsebenen.

Ob Abzockquote richtig ist?

Vielleicht hat auch jemand das Gefühl,dass die Herren in Blau zwar unterwegs sind, aber nichts machen.

Und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Bestandteil der Stellenbeschreibung eines jeden Polizisten im Streifendienst.

Angestellte am Band haben ja auch eine Zielvorgabe, was sie in einer Schicht schaffen müssen. Warum sollten Staatsdiener davon unberührt bleiben.

Um die richtig zu ärgern, alle mal an die Vorschriften halten, dann stehen sie nur Rum wie Statisten.

Aber keine Sorge, gelingt mir auch nicht immer, nur ist bei uns die Personaldecke bei der Rennleitung dünner und die Kontrolldichte niedriger.

Obwohl ich das zur Einwohnerzahl in Berlin evtl erst mal gegenüber stellen müsste.

Themenstarteram 23. Juni 2021 um 17:42

Zitat:

@Laemat schrieb am 23. Juni 2021 um 19:27:45 Uhr:

Halt dich an die StVO und Allett wird jut....

Klick.

Es kann sich gar nicht um eine Abzocke irgendeiner Art handeln. Es wird nur der/die zur Kasse gebeten, der/die sich nicht an die StVO hält.

Wer, wie im Beispiel, korrekt am Stoppschild anhält, wird in der Regel auch kein Bußgeld bezahlen müssen.

Abzocke wäre es dann, wenn die unrichtige Behauptung in den Raum gestellt würde, jemand hätte eine OWi begangen, obwohl dem nicht so war. Derartiges wird im Artikel allerdings nicht geschildert.

Es gibt Forderungen schwächerer Verkehrsteilnehmer besser zu schützen. Wenn man das nun macht ist das auch wieder nicht Ok... zumal die schwächeren Verkehrsteilnehmer plötzlich auch Gefahr laufen ein Bußgeld zahlen zu müssen... das ist die Kehrseite der Medallie.

Im Grunde finde ich es gut, wenn die Ordnungsbehörden mehr Präsenz zeigen und die Verordnungen auch durchsetzen.

Noch mehr Präsenz? Ich sehe die schon jeden Tag, mehrmals.

Schaue ich mir das Fahrverhalten manch eines Verkehrsteilnehmers an, die Unsitten im ruhenden Verkehr, dann können gar nicht genug zur Kasse gebeten werden.

Das scheinen regionale Unterschiede zu sein, ich müsste länger überlegen, wann ich das letzte Mal einen Polizisten oder Ordnungsamtsmitarbeiter live und in natura gesehen hätte. Ich glaube aber, dass ich vor 2 Wochen ein entgegenkommendess Polizeiauto gesehen habe. Aber gut, bei uns wartet man auch 1 Stunde auf die Polizei... wenn sie denn kommt.

Eine Abzocke um eine Quote zu erfüllen mag ich den Ordnungsbehörden auch nicht unterstellen, da eine Zielvorgabe im eklatanten Widerspruch zur Dienstausübung eines Beamten steht. Ein Beamter ist üblicherweise (es gibt Ausnahmen) nicht in einem Job, in dem ein Werkstück gezählt werden kann. Eine OWi passiert, oder sie passiert nicht; ein Ordnungsbeamter hat keinerlei Einfluss darauf.

Gäbe mir mein Vorgesetzer eine Quote vor, so würde ich ihn fragen, ob er Qualität oder Quantität möchte.

Ich müsst mal etwas graben, ob eine Quotenvorgabe dienstrechtlich überhaupt zulässig wäre.

Und seien wir mal ehrlich, die Welt wäre besser, wenn es gar keine Notwendigkeit für Bußgelder gäbe, weil sich alle an die Vorgaben halten. Manchmal "erwischt" es mich auch und dann ärgere ich mich nicht darüber, dass ich zahlen muss, sondern über meine eigene Fahrweise.

Ähnliches gab es mal vor vielen Jahren in Brandenburg. Auf Anweisung des damaligen Innenministers, ich glaube es war General a.D. Zimmermann, hatte jeder Polizist eine gewisse Anzahl von Owi-Anzeigen zu schreiben. Das führte zu einer regelrechten Wegelagerei. Ich habe bestimmt nichts gegen die Verfolgung von Ordnungswiedrigkeiten, aber z.B. stundenlang ca. 50 m versteckt hinter einer Einmündung mit Stoppschild herumzustehen,um einige wenige Verkehrssünder zu ertappen, geht einfach zu weit. Ich glaube, die Polizei hat wichtigere Aufgaben.

Es würde sich lohnen, ja. Ich bin zwar mehr im Westen von Berlin unterwegs, aber auch dort ist "Wild West", jeder macht was er will und der Stärkere hat mehr Recht. Kann mir gut vorstellen das es im Osten noch verschärfter ist.

Im Osten fahre ich nicht so gerne, kompliziertere Verkehrsführung, Straßenbahnen, mehr Staus, ...ständig alles abgesperrt.

Ich finde es gut das mehr geschaut wird. Wer die einfachsten Regeln, die werden kontrolliert, einhält, hat nichts zu befürchten.

Zitat:

@Oldturtle schrieb am 23. Juni 2021 um 20:12:03 Uhr:

Ich habe bestimmt nichts gegen die Verfolgung von Ordnungswiedrigkeiten, aber z.B. stundenlang ca. 50 m versteckt hinter einer Einmündung mit Stoppschild herumzustehen,um einige wenige Verkehrssünder zu ertappen, geht einfach zu weit.

Das war vor 30 Jahren, als die Polizei noch genug Personal hatte, ganz normal. Heute würde ich mir das am Kreisel wünschen, um die Nichtblinker zu erwischen.

Die Leistungsbeurteilung der Polizisten über die Anzahl der Tickets zu definieren nimmt den Betroffenen die Eigenverantwortung und schränkt den Handlungsspielraum ein. Statt sich selbst um die Prioritätenreihenfolge zu kümmern sind die Polizisten für einen sicher nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit dazu verdonnert, einfach nur auf Ticketjagd zu gehen. Dass dabei potentielle, leicht ahndbare Verstöße bewusst gesucht werden stößt bei den Erwischten garantiert nicht auf Gegenliebe und dämmt das Vertrauen in die Freunde und Helfer. Leidtragende sind dabei beide Seiten, Polizei und Bürger.

In meinen Augen ist das eine Fehlentwicklung.

Zitat:

@Rasanty schrieb am 23. Juni 2021 um 21:21:07 Uhr:

Die Leistungsbeurteilung der Polizisten über die Anzahl der Tickets zu definieren nimmt den Betroffenen die Eigenverantwortung und schränkt den Handlungsspielraum ein. Statt

Ich denke, man muß das auch Mal anders herum betrachten.

 

Bei den Überwachungsorganisationen wie TÜV und DEKRA gibt es entgegen aller Stammtischgerüchte KEINE Mängelquote, die zu erfüllen sind. Trotzdem wird das ausgewertet, denn wenn ein Mitarbeiter nur einen Bruchteil der Mängel findet als der Durchschnitt, liegt der Verdacht nahe, daß er seinen Job nicht ordentlich macht.

Die Polizei hat im Gegensatz zu TÜV und Dekra noch andere Aufgaben als nur Tickets zu verteilen.

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