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Keyless Go: Kohlenmonoxid-Vergiftung durch laufendes Auto - Wenn der Motor einfach weiterläuft

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Der plötzliche Tod durch Abgase ist seit der Einführung des G-Kats fast unmöglich. Dennoch starben in den USA Menschen durch schlüssellos laufende Motoren.

Keyless Go: Der Motor läuft weiter, wenn der Schlüssel nicht mehr im Auto ist. Im schlimmsten Fall bedeutet das eine Kohlenmonoxid-Vergiftung (Symbolbild) Keyless Go: Der Motor läuft weiter, wenn der Schlüssel nicht mehr im Auto ist. Im schlimmsten Fall bedeutet das eine Kohlenmonoxid-Vergiftung (Symbolbild) Quelle: dpa / Picture Alliance & Toyota

Berlin – Schlüssellose Startsysteme machen Autos komfortabler. Der Schlüssel selbst bleibt in der Tasche, die Fahrzeuge starten per Knopfdruck. Seit 1998 gibt es bei Mercedes den sogenannten Smart Key. Mittlerweile bieten viele Hersteller Kessy- oder Keyless-Systeme als Option an. Alle funktionieren ungefähr gleich.

Aber wie genau sie funktionieren, das versteht nicht jeder. In den USA gab es deshalb sogar Todesfälle. Autofahrer gingen davon aus, dass sich die Motoren selbstständig ausschalten, wenn die Schlüssel nicht mehr in den Fahrzeugen sind – wie bei normalen Schlüsseln eben auch. Das tun sie aber nicht. Die Autos liefen stundenlang und vergifteten ihre Besitzer mit Kohlenmonoxid.

Die Tageszeitung „New York Times“ (NYT) berichtet von insgesamt 28 Toten und 45 Verletzten seit 2006 in den USA. Statistiken zu diesem Thema gibt es nicht. Die Zahlen der Zeitung stützen sich auf Nachrichtenartikel, Gerichtsverhandlungen sowie Polizei- und Feuerwehrberichte.

Kohlenmonoxid: Vergiftung durch Autoabgase

Bis in die 1980er-Jahre war der Kohlenmonoxidausstoß von Verbrennungsmotoren problematisch hoch. Wer sein Auto in geschlossenen Räumen betrieb, konnte rasch ohnmächtig werden oder sterben. Das eingeatmete Kohlenmonoxid (CO) verdrängt, vereinfacht gesagt, Sauerstoff aus dem Blut. Das Gehirn wird nicht mehr ausreichend versorgt. Es drohen Hirnschädigungen oder der Tod.

Dieses Risiko besteht heute kaum noch. Seit der Einführung des geregelten Katalysators ist der CO-Ausstoß drastisch gesunken. Im Katalysator reagiert das CO mit Sauerstoff zu CO2, also Kohlenstoffdioxid – einem (in normalen Konzentrationen) nicht giftigen Gas.

Dennoch gibt es Todesfälle durch CO-Vergiftungen in Autos. 2015 starben in der Schweiz zwei junge Männer in einer Garage, vermutlich als sie sich im Auto aufwärmen wollten. Es wurde vermutet, dass der Katalysator dabei noch nicht auf Betriebstemperatur war, das Auto also mehr CO ausstieß.

Fred Schaub: Das Auto lief 29 Stunden lang

Die NYT berichtet vom Fall Fred Schaub. Der Mann parkte im vergangenen Jahr seinen Toyota Rav4 in einer Garage, die direkt an sein Haus anschließt. Er stoppte den Motor nicht mit dem Startknopf. „Nach 75 Jahren hinter dem Steuer dachte mein Vater, dass sich das Auto abschaltet, wenn er den Schlüssel mitnimmt“, sagte Schaubs Sohn der NYT.

29 Stunden später wurde der Mann tot in seinem Bett liegend aufgefunden. Der Motor lief weiter, seine Abgase verteilten sich im Haus. Selbst mit einem Katalysator war auf Dauer die CO-Belastung zu hoch. Sie lag mindestens 30-mal über dem, was Menschen tolerieren können.

Es sind vor allem alte Menschen, die ihr Auto versehentlich laufen lassen. Die Feuerwehr in Palm Beach, Florida hat für die verhältnismäßig alten Bewohner eine eigene Kampagne gestartet, die auf die Gefahren aufmerksam macht. Es trifft allerdings nicht nur Rentner. Die NYT zählt weitere Fälle auf, bei denen zum Teil junge Menschen starben oder Hirnschäden davontrugen.

Leise Motoren und mangelnde Warnung

Verantwortlich für die Tragödien sind laut NYT mangelnde Warnsignale. Die Fahrer würden nicht ausreichend darauf aufmerksam gemacht, dass der Motor noch läuft. In Verbindung mit einem niedrigen Standgeräusch hätten die Opfer schlicht nicht bemerkt, dass sie den Motor nicht abgestellt haben.

Autohersteller warnen unterschiedlich, wenn ein Fahrer mit dem Schlüssel das laufende Auto verlässt. Einige blenden eine Meldung im Bordcomputer ein, andere aktivieren Warntöne. Nicht immer lasse sich das außerhalb des Autos wahrnehmen. Das Ausmaß ist von Marke, Markt und Ausstattung abhängig.

Besonders kritisch wird es, wenn das Auto über eine Start-Stopp-Automatik verfügt. Ältere Modelle verhalten sich manchmal schwer nachvollziehbar. Einige stoppen den Motor wie an einer roten Ampel, sind aber eigentlich noch aktiv. Der Verbrenner startet nach den normalen Start-Stopp-Kriterien neu, zum Beispiel, wenn der Innenraum zu warm ist.

Gefährlich: In diesem Fall lässt sich das Fahrzeug oft nicht per Fernbedienung abschließen. Bemerkt der Fahrer das nicht, parkt sein Auto mit laufendem Motor und offenen Türen auf der Straße. Ein Dieb könnte jederzeit einsteigen und losfahren.

Intelligente Schließsysteme bei neuen Autos

Moderne Autos verhalten sich zum Teil intelligenter. Sie erkennen die Intention, das Auto abstellen zu wollen und orientieren sich an Signalen von der Fahrertür oder dem Automatik-Wählhebel. Die Zündung schaltet sich in vielen Fällen automatisch ab. Älteren Autos fehlt hier noch die Logik. Sie lassen den Motor laufen.

Eine Notfallschaltung ließe sich für wenig Geld nachrüsten. Während eines Rückrufes im Jahr 2015 installierte General Motors eine automatische Abschaltvorrichtung des Motors. Laut NYT kostete diese Maßnahme fünf US-Dollar pro Auto – umgerechnet 4,17 Euro.

Quelle: New York Times

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