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Cadillac Eldorado Brougham 1957 - Vorsprung durch Technik 1957

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Der 57er Cadillac Eldorado Brougham war seiner Zeit voraus. Die Ausstattungsliste war länger als das Auto selbst mit 5,49 Metern. Trotzdem wurden nur 400 Wagen verkauft.

Beim Cadillac Eldorado Brougham hätte der Werbeslogan "Vorsprung durch Technik" gut gepasst Beim Cadillac Eldorado Brougham hätte der Werbeslogan "Vorsprung durch Technik" gut gepasst Quelle: Cadillac

Detroit - 1957 war einiges los: Deutschland führte Tempo 50 in geschlossenen Ortschaften ein, die Russen schossen den Satelliten Sputnik mit Hündin Leica ins All, ein VW Käfer kostete 3.790 Mark und über die noch leeren Straßen der jungen Republik rollten zumeist Kleinwagen ohne viel Komfort Viele Menschen waren froh, überhaupt ein Auto zu besitzen.

Das 2,4-Tonnen-Ungetüm galt als der luxuriöseste Cadillac seiner Zeit Das 2,4-Tonnen-Ungetüm galt als der luxuriöseste Cadillac seiner Zeit Quelle: Cadillac Ganz anders sah die Mobilität damals jenseits des Atlantik aus. Amerika überzog sein Land mit einem Netz von achtspurigen Freeways, auf denen chrombeladene Straßenkreuzer kreuzten. Mit spektakulären Heckflossen und V8-Motoren mit Hubräumen von bis zu sechs Litern, die 300 PS und mehr mobilisierten und oft mehr als 25 Liter auf 100 Kilometer verbrauchten. Der Sprit kostet nur wenige Cent den Liter.

Unter all den Detroiter Dickschiffen ragt ein Modell heraus: der Eldorado Brougham, das damalige Spitzenmodell des General-Motors-Konzerns. Der 2,4-Tonnen-Cruiser galt als der luxuriöseste Cadillac aller Zeiten. Gegen ihn verblassten selbst ein Adenauer-Mercedes, ein Bentley oder ein Rolls-Royce.

Amerikas innovativste Automarke - Cadillac

Der Cadillac Eldorado Brougham ist 5,49 Meter lang Der Cadillac Eldorado Brougham ist 5,49 Meter lang Quelle: Cadillac

Schon zuvor machte Cadillac mehrfach durch Pioniertaten von sich reden. 1912 führte die Marke den elektrischen Anlasser ein, zwei Jahre später debütierte der erste Großserien-V8 im sogenannten Typ 51. Ab 1929 gab es das Synchrongetriebe. Seit 1954 baute Cadillac als erster Hersteller in sämtliche Modelle eine hydraulische Servolenkung ein.

Die Krönung dürfte der 16-Zylinder-Motor gewesen sein. Vollmundig kündigte die Cadillac-Werbung 1930 „eine Leistungsentfaltung, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat“ an. Die Texter versprachen nicht zu viel. Der erste je in einem Personenwagen eingebaute V16-Motor revolutionierte das Fahrerlebnis. Trotz Weltwirtschaftskrise entschieden sich bis 1937 rund 3.900 wohlhabende Käufer für die ultimative Luxuslimousine „Series 452“.

Nur 400 wurden es beim 57er Eldorado Brougham. Was nicht zuletzt am hohen Preis gelegen haben mag. Er kostete mit mehr als 13.000 Dollar nahezu das Doppelte der anderen Cadillac-Modelle. Gerüchte kursierten, dass der Ladenpreis angeblich rund 10.000 Dollar unter den Herstellungskosten lag, um den Wagen für Käufer überhaupt erschwinglich zu machen.

Außergewöhnlicher Komfort und höchster Luxus

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte Cadillac zunehmend auf neue elektrische Systeme. Schließlich sollten die Modelle die Kunden mit außergewöhnlichem Komfort und höchstem Luxus verwöhnen. Entsprechend viele Elektromotoren spielten Heinzelmännchen im Brougham. Sie waren zuständig für die Fensterheber, die Ausstellfenster, die Sitzbankverstellung (inklusive Memory-Funktion!) oder die Kofferraum-Soft-Close-Automatik mit Fernentriegelung.

Der Cadillac Eldorado Brougham hatte 300 PS unter der Haube Der Cadillac Eldorado Brougham hatte 300 PS unter der Haube Quelle: dpa/Picture Alliance Neben Bremskraftverstärker, Servolenkung, selbstlösender Feststellbremse, Abblendautomatik fürs Fernlicht, Colorverglasung und Geschwindigkeitsregelanlage stand dem Brougham-Käufer bereits ein Radio mit Sendersuchlauf und elektrisch ausfahrbarer Antenne zur Verfügung. Eine auch damals schon obligatorische Klimaanlage kühlte nicht nur den Innen-, sondern auch den Kofferraum, um den Picknickkorb frisch zu halten.

Weiterhin besaß der Brougham ein Automatik-Getriebe, an dessen Wählhebel selbst verriegelnde Türen gekoppelt waren. Ausgelöst wurde der Kontakt, sobald die Fahrstufe D eingelegt wurde. Eigentlich seltsam, dass den Cadillac-Ingenieuren erst 1965 das erste in Höhe und Tiefe verstellbare Lenkrad eingefallen ist.

Die Ausstattungsliste war länger als das Auto selbst

Darüber hinaus waren bei dem fahrenden Palast Dinge selbstverständlich, die es bis heute nicht in viele Ausstattungslisten geschafft haben: Zigaretten-, Lippenstift-, Parfüm- und Kleenex-Spender, ein komplettes Kosmetik-Etui für die Dame sowie fünf echtsilberne Digestif-Becher im Handschuhfach.

Der Cadillac Eldorado Brougham ist 5,49 Meter lang Der Cadillac Eldorado Brougham ist 5,49 Meter lang Quelle: Cadillac Dass viele der komplizierten Helfer nicht ausgereift waren und bald wieder verschwanden, betraf aufgrund der geringen Stückzahl nur wenige Kunden. Ein Beispiel: die Luftfederung. Der Brougham war der erste Cadillac, der damit auf den Markt kam. Sehr zum Leidwesen der Kunden, denn die Ausfallrate war extrem hoch. Um die Kunden zufriedenzustellen, wurde auf Wunsch nachträglich eine konventionelle Stahlfederung eingebaut.

Optisch unterschied sich der Brougham vor allem durch sein Dach aus poliertem Edelstahl. Einmalig auch: Die Fondtüren waren hinten angeschlagen (in Deutschland hieß so etwas „Selbstmördertüren“). Als B-Säule blieb ein sitzhoher Chrompfeiler stehen, dick wie ein Zaunpfahl.

Wer heute ein gepflegtes 57er-Modell ersteigern will, muss tief in die Tasche greifen. Falls überhaupt mal ein Exemplar zum Verkauf steht, werden auf Auktionen oft Preise von mehreren hunderttausend Euro aufgerufen. Und dieses Niveau wird sicher nicht das Ende sein. Der Brougham gilt in Amerika als „certified milestone car“. Ein Meilenstein der Automobilgeschichte, dessen unzählige Komfortausstattungen bis heute beeindrucken.

Download: Info Kit 1957 Cadillac Brougham (GM Heritage Center, PDF, 23 MB)

Quelle: SP-X (Michael Specht)

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