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Audi 3,0-Liter-TDI: Verdächtige Software bei 75.000 Autos - Update: Betrugssoftware in US-Modellen von Audi, Porsche und VW

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Erst Stickoxide und CO2, jetzt die Warmlaufphase: Audi hat eine nicht rechtmäßige Software im 3,0-Liter-TDI bestätigt. Alle US-Modelle bekommen ein Update, deutsche Autos sind nicht betroffen.

Auffälligkeiten beim 3,0-Liter-TDI: Audi und die US-Umweltbehörden untersuchen die Software des V6-Diesels Auffälligkeiten beim 3,0-Liter-TDI: Audi und die US-Umweltbehörden untersuchen die Software des V6-Diesels Quelle: Audi

Ingolstadt – Plötzlich verschwimmen zwei Klischees. Ein deutscher Hersteller soll bei einem bürokratischen Vorgang, einer Zulassung, geschlampt haben. Und eine amerikanische Behörde pocht auf Einhaltung der Vorschriften. Eine Spur Ironie bei den Gesprächen zwischen dem VW-Konzern und den US-Umweltbehörden EPA und CARB. Und ein ernster Vorwurf: Angeblich gibt es in einer weiteren Motorenfamilie verdächtige Software, die möglicherweise die Abgaswerte verfälscht.

Konkret geht es um die 3,0-Liter-TDI-Modelle von Audi, VW und Porsche der Baujahre 2014 bis 2016. Audi hat diese Motoren entwickelt. VW-USA-Chef Michael Horn hatte schon vor fast zwei Monaten angedeutet, dass die US-Behörden dort genauer hinschauen werden. Anfang November kam der Vorwurf: Der Konzern setze eine nicht genehmigte Software ein.

V6-TDI bei Audi, Porsche und VW: Neue Betrugssoftware?

VW widersprach. Man habe kein Programm installiert, „um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu verändern“. Mittlerweile diskutiert der Hersteller die Software mit den US-Umweltbehörden. Und er hat den Zeitraum erweitert: Der fragliche Code sei auf Fahrzeugen der Modelljahre 2009 bis 2016 installiert.

Es handele sich jedoch nicht um das sogenannte „Defeat Device“, das bei der Motorenfamilie „EA 189“ Prüfstandfahrten erkennt und den Schadstoffausstoß gezielt einschränkt. Es gehe um eine „Auxiliary Emissions Control Device“, ein Hilfsprogramm zur Kontrolle der Abgase.

Das Programm steuert die Parameter in der Warmlaufphase des Motors. Bis zum Erreichen der Betriebstemperatur laufen alle Motoren vergleichsweise schadstoffstark. Ingenieure versuchen deshalb, die Warmlaufphase zu verkürzen. Einige heizen das Kühlmittel in den Abgaskrümmern schneller auf. Viele verändern Einspritz- und Zündzeitpunkt. Unverbrannter Kraftstoff entzündet sich gezielt im Abgaskrümmer und heizt die Katalysatoren und Lambdasonden schneller auf. Diese Bauteile funktionieren erst nach Erreichen einer bestimmten Temperatur vollständig.

Einige dieser Maßnahmen verursachen während ihrer Aktivität schlechte Abgaswerte. Dafür beendet der Motor die Warmlaufphase schneller und verbrennt zu einem früheren Zeitpunkt den Kraftstoff sauber.

Hilfssoftware: Bauteilschutz in der Warmlaufphase

Nicht alle dieser Maßnahmen dürfen beliebig lange ablaufen. Ventile könnten zum Beispiel verunreinigt werden. Das Hilfsprogramm von Audi beobachtet alle Bauteile und beendet die Warmlaufunterstützung, wenn es gefährlich wird. Je nach Einsatzzweck kann der Schutz einsetzen, bevor der Motor seine Betriebstemperatur erreicht hat. Zum Beispiel, wenn der Fahrer bei niedriger Außentemperatur über lange Zeit nur sehr wenig Last abruft. Ein solcher Fall sei ungewöhnlich, aber vorstellbar.

Die Behörden vermuten, dass dieses Programm Prüfstandfahrten erkennt und die Warmlaufunterstützung beendet. Ob dies stimmt und inwiefern es relevant für Abgasmessungen ist, diskutiert Audi derzeit mit den Umweltbehörden. Der Konzern hatte es versäumt, den Einsatz der Software mit den Behörden abzuklären.

Vermutlich wird der Konzern das Problem mit einem Software-Update lösen. Betroffen sind große Modelle von VW, Audi und Porsche in Amerika. Nach der Bekanntgabe rutschte die VW-Aktie um 1,6 Prozentpunkte ab. Deutsche Behörden haben das Programm bisher nicht bemängelt.

Update 24.11.2015: Audi plant Software-Update

Mittlerweile gibt es eine Lösung: Audi will eine neue Software für die 3,0-Liter-Turbodiesel entwickeln und von den US-Behörden freigeben lassen. Audi schätzt den Aufwand auf einen "mittleren zweistelligen Millionenbetrag".

Insgesamt habe Audi bei der Zulassung der Fahrzeuge drei Programme der Motorsteuerung nicht offengelegt. Eines regele die Temperatur des Abgasreinigungssystems. Die anderen würden Ablagerungen am Ad-Blue-Dosierventil sowie Verunreinigung des SCR-Katalysators verhindern. Die US-Gesetzgebung betrachte die Temperaturüberwachung als "Defeat-Device".

Konkret gehe es um V6-Diesel-Motoren in den US-Versionen von Audi A6, A7, A8 und Q7 ab Modelljahr 2009 sowie Porsche Cayenne und VW Touareg ab Modelljahr 2013. Der freiwillige Verkaufsstopp für für die betroffenen Modelle in den USA wurde auf unbestimmte Zeit verlängert.

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