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Ex-Industriekommissar Tajani verteidigt sich vor EU-Abgas-Ausschuss - Stellten EU-Kommissare Wirtschafts- über Umweltinteressen?

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Als es der Autobranche schlecht ging, wurden neue Umweltgesetze zurückgestellt. Trug das zur Abgas-Krise bei? Ein Ex-EU-Kommissar musste sich nun zu der Thematik äußern.

Antonio Tajani: Der ehemalige EU-Industriekommissar wurde vom Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments zur Dieselaffäre vorgeladen Antonio Tajani: Der ehemalige EU-Industriekommissar wurde vom Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments zur Dieselaffäre vorgeladen Quelle: picture alliance / dpa

Brüssel - Der ehemalige EU-Kommissar Antonio Tajani musste sich vor dem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments zur Aufarbeitung der Abgas-Krise äußern. Er nahm dabei Stellung zu den Vorwürfen, die Abgasvorschriften hätten zu große Rücksichtnahme gegenüber der Autoindustrie gewährt. Sein Vorgänger, der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen, unter anderem für die Vorbereitung der EU-Abgasnormen 5 und 6 zuständig, hatte bereits vor dem Gremium ausgesagt.

Tajanis Ruf nach einem Gesetzgebungs-Aufschub für die Autobranche im Jahr 2012 sei vor dem Hintergrund der damaligen "tiefen Krise" des Sektors zu sehen. Der Autosektor sei damals im fünften Jahr in Folge geschrumpft, erklärte Tajani in schriftlichen Antworten an Mitglieder des Untersuchungsausschusses. Tajani war von 2010 bis 2014 EU-Industriekommissar und damit auch für die Regulierung der Autobranche mit zuständig.

Wirtschaftswachstum sollte nicht gehemmt werden

Auch Tajanis früherer Kollege, der damalige EU-Umweltkommissar Janez Potocnik, beschrieb die Schwierigkeiten beim Kampf für Umwelt- und Gesundheitsbelange vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise. "Man muss die Tatsache nicht unter den Teppich kehren, dass das Hauptaugenmerk europäischer Politiker (...) auf der Ankurbelung unserer Wirtschaft lag", erklärte er vor dem Ausschuss. Er habe sich nicht vorstellen können, dass ein Unternehmen wie Volkswagen sich "so unverantwortlich und ausgesprochen dumm" habe verhalten können.

Wie sein Vorgänger Günther Verheugen betonte Tajani in seiner Anhörung, er habe keine Informationen zum Einsatz von Abschalteinrichtungen gehabt. Potocnik äußerte sich ähnlich. Tajani erklärte, er habe nicht unter dem Einfluss der Autoindustrie gestanden. Die Branche habe sich beispielsweise gegen Pläne seiner Behörde zur Einführung realistischerer Abgastests gewehrt.

Unter anderem die Nachrichtenseite "EU Observer" hatte zuvor berichtet, dass Mitarbeiter von Potocniks Umweltressort in einem internen Papier über Lobby-Druck der Autobranche auf ihre Industriekollegen unter Tajani klagten. Sie forderten demnach eine entschlossenere Regulierung des Sektors. Potocnik bestätigte den Vorstoß, beschrieb die Zusammenarbeit ebenso wie Tajani aber als gut. Er sprach von normalen Interessenkonflikten.

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Quelle: dpa

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