• Online: 4.289

Neue Airbags sollen mehr Schutz bieten - Neue Säcke für mehr Sicherheit

verfasst am

Die Einführung des Airbags hat in Deutschland zur Halbierung der Verkehrstotenzahlen geführt. Auserzählt ist die Geschichte des Aufprallkissens aber noch lange nicht.

Friedrichshafen/Paris - Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Noch nie in den vergangenen 60 Jahren sind nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes so wenige Menschen auf deutschen Straßen ums Leben gekommen wie 2017. Zwar hat sich die Entwicklung in den letzten Jahren etwas verlangsamt, doch führen Experten wie Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenorganisation KÜS den stetigen Rückgang vor allem auf die immer bessere Sicherheitsausstattung der Fahrzeuge zurück.

"Assistenzsysteme und insbesondere die Airbags erweisen sich als wirkungsvolle Lebensretter", sagt Marmit. Doch weil jeder der immer noch 3.177 Unfalltoten aus dem Jahr 2017 einer zu viel ist, lässt die Branche nicht locker. Selbst wenn mittlerweile in einigen Fahrzeugen insbesondere in der Oberklasse bereits ein knappes Dutzend Airbags verbaut sind, finden die Hersteller noch immer Sicherheitslücken, die sie mit neuen Prallkissen stopfen können.

Der Luftkissen-Rundumschutz

Eine Idee für die Großserie könnte der Mittelairbag sein, den der Zulieferer ZF in Friedrichshafen entwickelt hat. Dieser sogenannte Center Airbag entfaltet sich aus der oberen Hälfte der Sitzlehne und legt sich bei einem Seitenaufprall zwischen die Passagiere. Das verhindert laut ZF, dass die Insassen gegen ihren Nachbar oder dessen Sitz prallen und sich auch auf der dem Unfall abgewandten Seite verletzen.

Ebenfalls ein neuartiger Airbag ist gerade bei der Hyundai-Tochter Mobis in Entwicklung. Er soll sich im Falle eines Überschlages vor das Panoramadach legen. "Damit schützen wir die Passagiere vor schweren Kopfverletzungen und verhindern, dass jemand durch das offene Dachfenster aus dem Auto geschleudert wird", erläutert Hyundai-Pressesprecher Bernhard Voß. Die Auslösung erfolge bereits, wenn die Fahrzeugsensoren einen drohenden Überschlag erkennen, und sie ist dank einer ausgeklügelten Technik besonders schnell: 0,08 Sekunden sollen genügen, damit sich der Airbag wie ein Vorhang vor das Dachelement spannt.

Während Hyundai trotz erfolgreicher Labortests mit Dummys noch keine Angaben zur Serienreife macht und den Einsatztermin offenlässt, kann man den ersten Center Airbag bereits kaufen: Er wird seit dem Herbst in der neuen Generation des Audi-Flaggschiffs A8 angeboten. Allerdings schützt er in der Luxuslimousine nicht die Front-, sondern die Fondpassagiere. Er sitzt hinter der Hutablage und schießt bei Bedarf zwischen den Einzelsitzen hervor, erläutert Audi-Sprecher Josef Schloßmacher.

Außenairbags für Fußgänger und Radfahrer

Wenn die Hersteller an Airbags denken, haben sie aber nicht nur die Insassen im Sinn. Immer wieder zeigen sie auch Entwicklungen für sogenannte Außenairbags, die zum Beispiel Fußgänger oder Radfahrer vor Kollisionen schützen sollen.

Bis auf einen Luftsack in der Motorhaube des letzten Volvo V40, der Fußgänger bei einem Unfall vor A-Säulen und der Frontscheibe schützen soll, hat es allerdings noch keines dieser Systeme in Serie geschafft.

Wird es womöglich auch nie mehr - glauben zumindest Männer wie Laurens van den Acker. Der Niederländer ist Designchef bei Renault. Langfristig hält er Airbags für verzichtbar: "Wenn man die Idee vom autonomen Fahren zu Ende denkt, wird es irgendwann tatsächlich keine Unfälle mehr geben", sagt der Designer und freut sich schon auf neue Freiheiten. "Dann brauchen wir weder Knautschzonen noch Airbags und können die Autos außen wie innen ganz anders gestalten."

Vorerst allerdings stellt das autonome Auto die Entwickler auch für die passive Sicherheit eher vor größere Probleme, erwarten die Ingenieure bei ZF. Denn ein Reiz des selbstfahrenden Autos liege darin, dass die Insassen ihre Sitzposition im Wagen freier gestalten können. "Und solange wir keinen unfallfreien Verkehr garantieren können, brauchen wir Airbags, die mit solchen Situationen umgehen können", sagt ZF-Sprecher Christoph Horn. Ganz so schnell wird den Prallsäcken die Puste also noch nicht ausgehen.

Quelle: dpa

Avatar von MOTOR-TALK (MOTOR-TALK)
45
Hat Dir der Artikel gefallen? 5 von 8 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
45 Kommentare: