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Opel-Ingenieur baut Modellautos in der Garage - Herr Völz und seine kleinen Blitze

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Ein Opel-Werk der etwas anderen Art betreibt ein Opelaner in der heimischen Garage: Hier entstehen Miniaturen der Serienmodelle im Maßstab 1:10.

Reimer Völz und seine Opel-Sammlung Reimer Völz und seine Opel-Sammlung Quelle: Benjamin Bessinger/SP-X

Rüsselsheim - Reimer Völz ist im Stress. Kurz vor der IAA ist der neue Opel Grandland X noch im Rohbau. Zwar haben seine Kollegen drüben im Opel-Werk ihr Messemodell längst fertig. Doch in Völz’ Werkstatt brennt noch bis spät in die Nacht das Licht. Seine Frau hat er schon seit Wochen nur im Vorbeigehen gesehen.

Denn für ihn ist eine Opel-Premiere nur perfekt, wenn der Debütant im Doppelpack auf die Bühne rollt. Schließlich hat auch Völz eine Art Doppelauftrag. Tagsüber arbeitet er im Internationalen Technischen Entwicklungszentrum bei Opel, tüftelt an Sitzen und erfindet Türkonstruktionen. Und nach Feierabend ist er Chef seiner eigenen kleinen Autofabrik und will jedes Modell seines Arbeitsgebers als selbstfahrende Miniatur nachbauen. Und deshalb wird es jetzt allerhöchste Zeit, dem Grandland X den letzten Schliff zu geben.

Auch Allerweltsautos widmet Völz Aufmerksamkeit Auch Allerweltsautos widmet Völz Aufmerksamkeit Quelle: Opel Völz' Passion für Miniaturen ist älter als seine Obsession für Opel. Schon als Jugendlicher war er leidenschaftlicher Modellbauer, hat sich daheim in Bremerhaven allerdings eher für Schiffe als Autos interessiert. Nachdem es ihn von der Nordsee an den Main zu Opel verschlagen hatte, haben seine Modelle plötzlich Räder bekommen.

„Angefangen hat das Anfang der Neunziger mit dem Eco Corsa“, erinnert sich der 59jährige, der seit einem Motorradunfall im Rollstuhl sitzt und auch an der Entwicklung von Behindertenfahrhilfen mitarbeitet. „Das war das erste Auto, an dem ich bei der Entwicklung mitgearbeitet habe und wurde deshalb auch mein erstes Modell.“ Danach ging es Schlag auf Schlag: Er hat neue Autos wie den Zafira, Astra oder Insignia modelliert, Klassiker und Kultmodelle wie den Commodore, den Calibra oder den Manta auf die Räder gestellt und während Studien wie der Monza oder der neue GT in groß allenfalls Schritttempo schaffen, flitzen sie bei ihm mit bis zu 100 Sachen durch die Garage.

In Zusammenarbeit mit Opel

Am Anfang der Entwicklung, für die Völz etwa fünf Monate braucht, steht dabei wie im echten Leben der Designprozess. Denn obwohl er auf die Originaldaten aus der Konstruktion zurückgreifen kann, muss er die Entwürfe ein bisschen frisieren. Erstens, weil er aus Kostengründen auf ein Standardchassis mit fixem Radstand aufbaut. Und zweitens, weil die Proportionen in klein meist nicht so eindrucksvoll wirken wie in groß. Deshalb sind die Autos aus der Völzschen Garage in der Regel flacher und breiter und damit am Ende etwas bulliger als die aus der Fabrik.

Wenn der Entwurf für das Modell gemeinsam mit den Designern des Serienautos angepasst und abgestimmt ist, fräsen ihm die Kollegen aus dem Opel-Design eine Art Monolithen im richtigen Maßstab, der als Schablone für das Auto dient. Darüber wird mit einem Vakuum eine auf 400 Grad erhitzte Kunststofffolie gesaugt, die nach dem Aushärten die komplette Karosserie nachbildet. Dann nur noch die Räder ausschneiden, von innen lackieren und von außen mit Aufklebern für Markenlogos und Scheinwerfer dekorieren.

Dann ist der Vectra für die Westentasche fertig, beinahe zumindest. Denn Völz ist Perfektionist. Er klebt auch noch LED-Elemente für Scheinwerfer und Rückleuchten unter die Karosse und lässt die passenden Felgen aus dem 3D-Drucker laufen. Die müssen dann natürlich noch in mehreren Schichten lackiert werden müssen. Kein Wunder, dass er oft bis morgens um zwei im Keller sitzt und über der Arbeit an seinen Opel-Miniaturen jedes Zeitgefühl verliert.

Höchstgeschwindigkeit: Über 100 Kilometer pro Stunde

Weniger Aufwand treibt er Völz bei der Technik unter der Plastikhaube. Dort baut er in der Regel Standardmotoren aus dem Regal ein, die mit 300 Watt Spitzengeschwindigkeiten bis 40 km/h ermöglichen. Für Profis montiert er auch Powerpacks, die es auf 1.000 Watt und mehr bringen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt dann bei deutlich mehr als 100 km/h. Doch so richtig leidenschaftlich klingt er dabei nicht: Wie die Autos fahren, ist ihm mittlerweile fast egal. Denn dafür hat er längst keine Zeit mehr. Genau wie für den Calibra, den Omega, den Commodore und den GT, die im Original in seiner Garage stehen.

Von einigen Modellen hat Reimer Völz sogar das große Original in der Garage stehen Von einigen Modellen hat Reimer Völz sogar das große Original in der Garage stehen Quelle: Opel Denn nachdem in Völz' Garage mittlerweile über 60 verschiedene Baureihen parken und er im Maßstab 1:10 die wahrscheinlich eindrucksvollste Opel-Modellbausammlung überhaupt besitzt, ist aus dem Hobby ein Nebenjob geworden. Seit seine Chefs davon Wind bekommen haben, hat der 59jährige ein offizielles Mandat.

Das hat Vorteile: er kommt früher an bessere Daten aus dem Design, darf für die Formen seiner Modelle die 3D-Drucker aus dem Prototypenbau benutzen und die Autos über die Opel-Homepage für Preise um 300 Euro verkaufen. Bis zu 500 Exemplare pro Jahr kommen da für manche Modellreihen zusammen und die Lizenzgebühren dürften so die etwa 5.000 Euro Entwicklungskosten decken, die sich Opel jede Miniatur mittlerweile kosten lässt.

Modellbauer in offizieller Mission

Nicht nur, dass Völz ständig Sondermodelle für Berufsjubiläen, für Marketingaktionen und für die aktuell ziemlich vielen Vorstandswechsel bauen soll. Mittlerweile surren seine Autos bestückt mit Webcams und Internetfernsteuerung auch über die Messestände von Genf Paris oder Frankfurt. Kein Wunder also, dass Völz nervös auf die Lieferung des Grandland X wartet, mit dem er auf der IAA zwischen den Originalen herumflitzen und den Besuchern auf dem Stand und daheim im Netz eine ganz neue Perspektive des Messeauftritts vermitteln will.

Zwar wird sich am Ende der IAA wahrscheinlich kaum mehr jemand an den kleinen Grandland X erinnern. Selbst wenn Völz seine Modelle mittlerweile in Kleinserien produzieren lässt, wird er nicht einmal ansatzweise die Stückzahlen erreichen, die sich Opel vom Original erhofft. Doch in einem Punkt ist der große Fan der kleinen Opels seinen Kollegen aus der Großserie deutlich voraus: Während sie dort alle nur von Elektroantrieb reden, ist er bei ihm schon seit über 20 Jahren Standard.

Quelle: SP-X

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