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Ratgeber: Mitfahrt von Kindern in Oldtimern - Gurte und Kindersitze in alten Klassikern

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Altes Blech fasziniert Jung und Alt. Damit auch die Kleinsten im Oldtimer sicher aufgehoben sind, gibt es einige Regeln. Vor allem ältere Modelle sind davon betroffen.

Gurte für den Oltimer: Eine vorschriftsmäßige Haltevorrichtung für die ganz Kleinen ist auch im Klassiker ein Muss, hier im Volvo PV 544 Gurte für den Oltimer: Eine vorschriftsmäßige Haltevorrichtung für die ganz Kleinen ist auch im Klassiker ein Muss, hier im Volvo PV 544 Quelle: picture alliance / dpa

Berlin/Stuttgart - In den warmen Sommermonaten herrscht Hochkonjunktur bei den Oldtimer-Fans. Ausgemottet, aufpoliert und gründlich durchgecheckt stehen ihre alten Klassiker für eine Ausfahrt bereit. Wer den Spaß an der alten Technik mit den jüngeren Generationen teilen will, sollte aber einiges beachten. Speziell für die Kleinsten kann die Mitfahrt unter Umständen verboten sein.

Das Gesetz kennt eindeutige Regelungen zu Größe und Alter von Kindern bei der Personenbeförderung. "Seit 2006 gibt es gewisse Einschränkungen", erklärt Rainer Krösing vom Online-Marktplatz Bjooli für Oldtimer-Ersatzteile. So dürfen Kleinkinder erst ab dem dritten Lebensjahr in gurtlosen Oldtimern mitfahren. "Kinder unter zwölf Jahren beziehungsweise unter 1,50 Meter Größe dürfen nur auf den Rücksitzen Platz nehmen." Wenn das Auto nur vorne Gurte hat, müssten Kinder mit Kindersitz vorne sitzen. Vordersitze ohne Gurte seien für sie tabu, sagt Krösing. Sollen also die ganz Kleinen im Oldie mitfahren, ist eine vorschriftsmäßige Haltevorrichtung ein Muss.

Autos, die vor dem 1. April 1970 erstmals zugelassen wurden, brauchen keine Gurte. Für die Sicherheit von Kinder lassen sich diese jedoch nachrüsten Autos, die vor dem 1. April 1970 erstmals zugelassen wurden, brauchen keine Gurte. Für die Sicherheit von Kinder lassen sich diese jedoch nachrüsten Quelle: picture alliance / dpa

Fachgerechte Nachrüstung

Doch die dafür nötigen Sicherheitsgurte können bei den alten Autos fehlen. Sie kann man nachrüsten, auch wenn es der Hersteller nicht vorgesehen hat. "Oft müssen dann Löcher gebohrt oder Platten zur Verstärkung eingeschweißt werden", sagt Bastian Schonauer, Oldtimer-Experte der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ). "Diese Nachrüstungen beziehungsweise Umbauten an der Karosserie werden von den Sachverständigen nur anerkannt, wenn sie fachgerecht gemacht sind."Man sollte daher am besten schon vor dem Ein- oder Umbau einen Prüfingenieur befragen.

Sind die Gurte montiert und geprüft, fehlt noch der passende Kindersitz. Der muss der ECE-Norm R44 03 oder 04 entsprechen. "Die handelsüblichen Kindersitze können mit einem Dreipunktgurt befestigt werden wie in aktuellen Fahrzeugen auch", erklärt Schonauer. "Man sollte allerdings erst ausprobieren, ob der Sitz im Oldtimer auch richtig passt." Schwieriger sei der Einbau des Isofix-Systems. "Dabei werden zwei Extra-Ösen am Fahrzeug befestigt", sagt der GTÜ-Experte, "und deren Gebrauch muss vom Kindersitz-Hersteller genehmigt werden."

Als Pionier für Sicherheit gilt Volvo. Schon 1959 rüstete der schwedische Hersteller den PV 544 mit Dreipunktgurten aus. "Bis zur Serienausstattung mit Gurten war es für andere Hersteller und die Gesetzgebung noch ein langer Weg", sagt der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzender des Parlamentskreises Automobiles Kulturgut Carsten Müller (CDU).

Im Zubehörhandel können Oldtimerbesitzer Dreipunkt- und fahrzeugspezifische Sicherheitsgurte finden Im Zubehörhandel können Oldtimerbesitzer Dreipunkt- und fahrzeugspezifische Sicherheitsgurte finden Quelle: picture alliance / dpa

Keine Gurtpflicht für ältere Klassiker

"Gurte auf den Vordersitzen sind seit 1970 Pflicht, sofern Verankerungspunkte vorhanden sind", sagt er. Ab 1974 gelte das für alle Neuwagen. Damals schrieb das Gesetz zunächst den Einbau von Gurten für Fahrer- und Beifahrersitz, ab 1979 auch für die Rücksitze vor. Oldtimer, die vor dem 1. April 1970 erstmalig zugelassen wurden, müssen auch heute nicht mit Gurten ausgerüstet sein und dürfen ohne die geltende Anschnallpflicht gefahren werden.

Eine nicht unerhebliche Rolle spielt auch der restaurationsethische Aspekt des möglichst originalgetreuen Zustands eines Oldtimers. "Historische Fahrzeuge sollen auch die Ansprüche an Mobilität in der jeweiligen Epoche widerspiegeln." Allerdings gehörten einige Arten von Sicherheitsausstattungen auch zum beliebten Nachrüstzubehör. "Neben den Gurten zählen dazu auch Aufsteck-Kopfstützen oder zusätzliche Bremsleuchten." Die bezeichnete man in den 80er-Jahren auch gerne als "Rentner-Funzeln".

Für klassische Fahrzeuge gibt es im Internet und bei den Klassik-Abteilungen der Hersteller noch eine Vielzahl sicherheitsrelevanter Zubehörartikel, sagt Rainer Krösing. Das Angebot reicht von normalen Dreipunkt- und fahrzeugspezifischen Sicherheitsgurten über Lenkradschlösser und Feuerlöscher bis hin zu Erste-Hilfe-Sets.

Die allgemeine Anschnallpflicht taucht dagegen erst 1976 in der Straßenverkehrsordnung auf. "Daher sind die Besitzer älterer Fahrzeuge auf Nachbauprodukte angewiesen", sagt Krösing. Mit der steigenden Sicherheitsausstattung aktueller Autos nehme auch der Wunsch nach Oldtimer-Sicherheit zu. Daher entschieden sich immer mehr Besitzer dazu, Gurte oder zeitgenössisches Zubehör nachzurüsten. Hält man sich dabei an ein paar Regeln, werde dadurch auch nicht die Einstufung als historisches Fahrzeug gefährdet.

Viele original gurtlose Oldies lassen sich sicherheitstechnisch nachbessern Viele original gurtlose Oldies lassen sich sicherheitstechnisch nachbessern Quelle: picture alliance / dpa

Sichere Oldtimer steigen in der Gunst der Käufer

Wer nicht nur mit Oldtimern im Originalzustand, sondern auch bestmöglicher Sicherheitsausrüstung unterwegs sein möchte, dem könnten Fahrzeuge der 70er Jahre mit Zubehör schon genügen. Aktuell beobachtet Carsten Müller den Trend, dass jüngere Fahrzeuge wie der Mercedes-Benz W 201 mit Fahrer-Airbag und ABS oder der seltene Renault 25 mit Bordcomputer zu Oldtimern avancieren. "In diesen Fahrzeugen sind Sicherheitsausstattungen bereits vorhanden, so dass man Klassiker fahren und sich dabei sicher fühlen kann."

"Besonders wichtig ist, dass klassische Fahrzeuge besonders umsichtig und vorausschauend bewegt werden", sagt Müller. Das rät auch Bastian Schönauer den Oldtimerpiloten. Auch wenn Fahrer defensiv unterwegs seien, "so können auch unvorhersehbare Gefahrensituationen eintreten, die im Oldtimer schwieriger zu meistern sind als im zeitgenössischen Fahrzeug", sagt er, denn dann können "Trommelbremsen, fehlende Sicherheitsgurte oder Karosserien ohne Aufprallschutz in heiklen Situationen von Nachteil sein."

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Quelle: dpa

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