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40 Jahre Audi 50 - Ganz schön riesig, der Kleine

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Der erste deutsche Kleinwagen mit Quermotor und Frontantrieb wurde zum Liebling der Presse und Pate des VW Polo. Doch seine Erfolgsgeschichte dauerte nur vier Jahre.

Knallige Farben wurden zum Markenzeichen des Kleinwagens - dank des Chefdesigners Marcello Gandini Knallige Farben wurden zum Markenzeichen des Kleinwagens - dank des Chefdesigners Marcello Gandini Quelle: Audi

Köln – Feld 2 im Fahrzeugschein nennt den Hersteller „VW Volkswagenwerk“. Dabei ist dieser Kleinwagen das letzte Modell von Audi-Chefentwickler Ludwig Kraus: Vor 40 Jahren beerbte der Audi 50 die kleine Prinzengarde von NSU. Er war der erste deutsche Kleinwagen mit Quermotor, Frontantrieb und Heckklappe. Und er sollte weit mehr als nur die Heckmotor-Winzlinge NSU Prinz bis NSU 1000 ablösen.

Audi 50: Sohn eines Prinzen, Bruder des Polo

Bis heute ist der Audi 50 das kleinste Modell der Ingolstädter Bis heute ist der Audi 50 das kleinste Modell der Ingolstädter Quelle: Audi Der Audi (damals: Audi NSU Auto Union AG) 50 war das kleinste Modell der Ingolstädter – bis dato gab es nur Audi 80 und Audi 100. Und er war Geburtshelfer für den ersten Kleinwagen der Konzernmutter VW. Deshalb rollte der „feine Kleine“, wie ihn die Presse sofort nannte, in Wolfsburg vom Band. Sieben Monate nach der Einführung kannte man ihn unter zwei Namen: Als Audi 50 und als baugleicher VW Polo. Beide trugen die interne Bezeichnung „Typ 86“.

Vier Jahre später gab es dann nur noch den Polo. Anders als heute sahen die Marktstrategen für einen kleinen Audi keinen Platz mehr. Schließlich sollte Audi nach und nach als Premiummarke positioniert werden – Kleinwagen gehörten da nicht ins Programm.

Kleinwagen-Luxus Anno 1975

Der bis heute kleinste Audi startete in Krisenzeiten: In der Depression nach der Ölkrise verkaufte sich der Dreitürer so oft wie der Bestseller Audi 100 – allein 1975 84.000 Mal. Eindrucksvoll, zumal sich nur 74.000 Kunden für den baugleichen und günstigeren VW Polo entschieden (Verkauf ab März).

Der Audi 50 - benannt nach der PS-Zahl - schaffte bis zu 152 km/h Der Audi 50 - benannt nach der PS-Zahl - schaffte bis zu 152 km/h Quelle: Audi Der Audi 50 war teurer als sein Image andeutete. Er kostete als 60-PS-Flitzer kaum weniger als das Mittelklassemodell Audi 80. Mit der 50-PS-Basismotorisierung war er sogar teurer als der größere VW Golf mit dem gleichen Motor. Entsprechend rasch musste sich der kleinste Ringträger mit dem kompakten Wolfsburger in Vergleichstests duellieren.

Erstaunlicherweise urteilte die Presse zugunsten des Audi: Er sei das ausgewogenere und ausgereiftere Auto, das gegenüber dem Golf sorgfältiger konstruiert worden war. Nicht einmal im Raumangebot zeige der Golf entscheidende Überlegenheit. Trotzdem gaben viele Autokäufer dem Wolfsburger den Vorzug.

Liebling der Presse

In der eigenen Klasse galt hingegen nur der Polo als Konkurrent. Die Presse liebte den kleinen Audi. Mehr noch als die innovativen Italiener, modischen Franzosen oder kultigen Engländer. In den Kapiteln Karosseriequalitäten, Motoren, Fahreigenschaften und Sicherheit überbot der Audi 50 alle anderen. Als einziger Kritikpunkt blieben die Anschaffungskosten. Ein echter Rivale in allen Disziplinen startete erst 1976: der Ford Fiesta.

Dank der großen Heckklappe schluckte der Audi 50 den ganzen Wocheneinkauf Dank der großen Heckklappe schluckte der Audi 50 den ganzen Wocheneinkauf Quelle: Audi Besonders Verarbeitungsqualität und Entwicklungsarbeit wurden beim Audi 50 immer wieder von Fachleuten und Presse gelobt. Dabei ließ die Audi-Führung den Entwicklern nur wenig Zeit: Zwischen Konzept und Marktstart lagen 21 Monate. Die NSU-Heckmotorflitzer wurden bereits 1972 bzw. 1973 eingestellt, der Konzern forderte Ersatz. Einen Winzling, der als Zweitwagen in der Garage stehen konnte. Mit schlichtem Design von Marcello Gandini.

Mit 600 Kilogramm und 3,49 Meter gegen die Ölkrise

Audi präsentierte den Kleinsten als "Luxuswagen der Kompaktklasse“ im Sommer 1974. In einem Jahr, das von inflationär gesteigerten Benzinpreisen und Diskussionen um dauerhafte Tempolimits und Fahrverboten bestimmt war. Trotz seiner Länge, pardon, Kürze von knapp 3,50 Metern bot er 1.410 Liter Stauraum bei umgelegter Rückbank – mehr als manch größeres Auto. 152 km/h Spitze im Audi 50 GL waren genug, um sogar kompakte Sportcoupés mit Einstiegsmotorisierung nicht aus den Augen zu verlieren. Dennoch: Trotz aller Anfangserfolge dankte der Audi 50 als König der Kleinwagen nach kurzer Amtszeit ab.

Produktionszahlen:

Insgesamt wurden 180.828 Audi 50 zwischen 1974 und 1978 gebaut. Davon 22.136 Einheiten im Jahr 1974, 84.343 Einheiten im Jahr 1975, 53.536 Einheiten im Jahr 1976, 15.584 Einheiten im Jahr 1977 und 5.213 Einheiten im Jahr 1978

Modellgeschichte:

  • 1968: Erste Pläne und Entwürfe für einen Mini-Audi
  • 1969: NSU und Audi fusionieren
  • 1971: In Ingolstadt entsteht ein neues Entwicklungszentrum, in dem Nachfolger für die NSU-Heckmotor-Modelle konzipiert werden
  • 1974: Vorstellung des Audi 50 LS mit 37 kW/50 PS (Preise ab 8.195 Mark) und Audi 50 GL mit 44 kW/60 PS (Preise ab 8.510 Mark). Serienanlauf im Wolfsburger VW-Werk. Offizieller Tag der offenen Tür bei den Audi-Händlern mit Kundenpremiere für den Audi 50 war der 26. Oktober
  • 1975: Gleich zwei Preiserhöhungen in einem Jahr lassen den Audi 50 LS mindestens 8.995 Mark und den Audi 50 GL ab 9.340 Mark kosten. Dennoch erzielt der Audi 50 mit über 84.000 produzierten Einheiten sein erfolgreichstes Jahr. Seit März ist der Volkswagen Polo als einfacher ausgestatteter Zwillingsbruder des Audi 50 zu Preisen ab 7.500 Mark lieferbar. Dafür gab es den Polo nur mit 40-PS starkem 0,9-Liter-Motor, ohne Tankuhr und Heckablage sowie mit Gummimatte statt zentralem Bodenteppich
  • 1976: Die neue Ausstattungslinie GLS (Preise ab 10.160 Mark) ersetzt den bisherigen GL. Der Audi 50 LS kostet nun ab 9.525 Mark und kann optional mit dem stärkeren 60-PS-Motor bestellt werden. Der VW Polo ist jetzt ebenfalls in 50- und 60-PS-Versionen lieferbar. 55.536 Audi 50 werden produziert, dagegen stehen 144.739 VW Polo
  • 1977: Ein 1,3-Liter-Vierzylinder mit 44 kW/60 PS ersetzt ab August das gleichstarke, 1,1-Liter-Aggregat. Seit Februar gibt es den VW Polo auch mit Stufenheck als Derby
  • 1978: Im Mai letzte Preiserhöhung auf 10.360 Mark für den Audi 50 LS und 11.170 Mark für den Audi 50 GLS. Im Juli Produktionsauslauf für den Audi 50 nach 5.213 Einheiten im letzten Jahr
  • 1981: Der VW Polo als verbliebener Vertreter der Baureihe Typ 86 wird im September durch den Polo II abgelöst

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