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Flossen hoch: Chrysler Imperial von 1960

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Chrysler wollte mit seiner Premium-Marke Imperial hoch hinaus: Mit feinster Handwerkskunst, gediegenem Luxus – und den wohl größten Heckflossen der Automobilgeschichte. Bei Carsablanca-Mitglied alfalancia steht der "Über"-Chrysler in der Garage.

Wer heute an Chrysler denkt, dem fällt als erstes die Firmenehe mit dem Daimler Benz Konzern ein, bei der die Stuttgarter nach wenigen Jahren wegen ökonomischer Erfolglosigkeit die Scheidung einreichten. Dietmar Frensemeyer fällt bei Nennung dieses Firmennamens etwas ganz anderes ein: Seine Sammlung von historischen Fahrzeugen dieser Marke. Allen voran sein Paradestück: Ein Imperialaus dem Jahr 1960.

Von 1955 an wurde die ursprüngliche Typenbezeichnung „Imperial“ im Chrysler-Konzern als eigenständige Marke geführt. „The most carefully built cars auf America”. So warb Chrysler seinerzeit für die Produkte seiner Premium-Marke Imperial. Dietmar Frensemeyer gehört zu jenen, die diesen Slogan unterschreiben würden. „Das waren sehr emotionale Autos damals“, meint er, „und dazu von einer sensationellen handwerklichen Qualität“. Das mag kaum glauben, wer sieht, wie nachlässig amerikanische Autobauer heutzutage ihre Großserienmodelle häufig genug zusammenpfuschen. Aber diesen wenig schmeichelhaften Vergleich mit der unschönen Gegenwart lässt Frensemeyer auf seinem Imperial nicht sitzen: „Das ist noch ein wirklich von Hand gefertigtes Auto“, erklärt er. Bis 1964 gab es für die Imperials keine industrielle Massenfertigung auf Fließbändern, sondern Fahrzeugbau in handwerklicher Tradition. Unter diesem Aspekt ist auch verständlich, dass ein Imperial in den frühen Sechziger Jahren immer noch auf einem stabilen Rahmen aus Rechteckrohren aufgebaut war, während die anderen amerikanischen Marken (auch aus dem eigenen Konzern) in dieser Zeit zu selbst tragenden Konstruktionen über gingen. Dadurch ergab die Möglichkeit weitgehender stilistischer Freiheiten, die der verantwortliche Chefkonstrukteur Virgil Exner weidlich nutzte.

So verlieh er seinen Konstruktionen eine nach vorn geneigte Front, den so genannten „Forward look“,mit denen die Fahrzeuge besonders schnell aussahen. Doch auch dieser optische Trick konnte nicht verhindern, dass der Imperial mit seiner massiven Chromfront und den blechernen „Augenbrauen“ über den Doppelscheinwerfern sehr wuchtig und leicht bedrohlich wirkte. Hinzu kamen die wohl dominantesten Heckflossen der Automobilgeschichte neben dem zeitgenössischen Cadillac Eldorado.

Der 60er Imperial von Dietmar Frensemeyer stammt aus der dritten Generation des Forward Looks, denn im Schnitt nach zwei bis drei Jahren erhielt die Premium-Marke des Chrysler-Konzerns neue Karosserien. „Diese Baureihe ist der wohl am höchsten geschätzte aller Imperials – und gleichzeitig die, bei der die meisten Verzierungen verbaut wurden“, meint Frensemeyer.

Sein Exemplar kommt übrigens aus der Polit-Prominenz: Erstbesitzer war Anfang der 60er Jahre der damalige libanesische Außenminister. Stolz ist der heutige Eigentümer nicht nur auf diese Herkunft seines Fahrzeugs, sondern auch auf das Symbol, das diese Herkunft dokumentiert: Ein Nummernschild mit echt vergoldeter Aufschrift. „Leider habe ich nur eines bekommen, das andere Nummernschild hat der Verkäufer behalten“, bedauert Frensemeyer. Doch die prominente Herkunft bewahrte den luxuriösen Amerikaner nicht davor, in den nächsten gut zwei Jahrzehnten einfach nur als Gebrauchsgegenstand verschlissen zu werden, der mit den vorhandenen Mitteln irgendwie am Laufen gehalten wurde.

Als Dietmar Frensemeyer den Imperial im Jahr 1986 in einer Zeitungsannonce angeboten sah und ihn daraufhin erwarb, wartete viel Arbeit an, vor allem aber unter dem Blech des imposanten Viertürers. „Allein die Wiederherstellung des Innenraums, die ich bei einem Fachbetrieb vornehmen ließ, hat ein kleines Vermögen verschlungen“, erinnert sich der selbständige Apotheker. Seit dem aber schwenken die Frontsitze wieder automatisch nach außen, um knapp berockten Insassinnen das Einsteigen zu erleichtern. Auch die „Panelescent light“ genannte Instrumentenbeleuchtung mit einer Kondensatorfolie als Rückwand, die Betriebsspannungen von bis zu 10.000 Volt benötigt, funktioniert wieder wie am ersten Tag.

Insgesamt vergingen 13 Jahre, bis der viertürige Sedan wieder dem Auslieferungszustand entsprach. Das Getriebe mit der mechanischen Drucktastenschaltung hat ebenso eine gründliche Kur hinter sich wie der V8-Motor, der aus 7,2 Litern Hubraum rund 350 Pferdestärken antraben lässt. Die Kraft braucht es auch, um das rund 2,3 Tonnen schwere Fahrzeug zügig in Bewegung zu setzen. Ein Kostverächter ist der Imperial demzufolge nicht gerade, aber der Treibstoffverbrauch erscheint bei einem solchen Liebhaberfahrzeug sekundär. So ein Auto ist ein Hobby, und ein solches kostet nun einmal Geld.

von Michael Grote

 

Quelle: Carsablanca

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