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F1-Teams verweigern Dienst am Fan

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In seinem aktuellen Blog kritisiert Formel 1-Experte Michael Schmidt die schlechte Informationspolitik vieler Teams bei den Testfahrten. Detaillierte Informationen über das Tagesprogramm oder technische Probleme sucht man zum Ärger der Fans in den Pressemitteilungen oft vergeblich.

Die Teams nehmen gerne Bernie Ecclestone und die Inhaberfirma der kommerziellen Rechte in die Kritik. Sie würden kein Geld in die Vermarktung der Formel 1 stecken. Zu wenig Service am Fan, zu geringe Nutzung der neuen Medien. Das mag stimmen, doch die Teams sollten erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren, bevor sie andere kritisieren. Ihre Informationspolitik bei den Testfahrten war von wenigen Ausnahmen abgesehen erbärmlich. Und das zu einer Zeit, in der man die Fans eigentlich heiß auf den Saisonstart machen will.

Sinnlose Zurückhaltung von Informationen

Am liebsten würden die Teams alles totschweigen, was während der Testfahrten passiert. Sie igeln sich hinter mannshohen Schutzwänden in ihren Garagen ein. Sie halten Fahrer und Ingenieure unter Verschluss. Und der Inhalt ihrer Pressemitteilungen geht kaum über das Datum des Testtages, den Ort, die Anzahl der Runden und die Zeiten hinaus.

Treten Probleme auf, beginnt die Geheimhaltung. Als ob es Ferrari irgendetwas helfen würde, wenn sie erfahren, dass ein Red Bull wegen eines Getriebeschadens oder ein McLaren wegen eines durchgebrannten Unterbodens stehengeblieben ist.

Informationspolitik zu Lasten der Fans

Das Tarnen und Täuschen erreicht bisweilen kindische Ausmaße. Der Leidtragende ist dabei immer der Fan. Wir haben mit unserem Live-Ticker gemerkt, dass die Formel 1-Freaks jede noch so kleine Information aufsaugen wie Honig. Die Userzahlen beweisen: Geschichten über technische Neuentwicklungen hatten Hochkonjunktur, genau wie die Details zum Testverlauf.

Doch die Teams speisen die Fangemeinde lieber mit Allgemeinplätzen ab. Dabei sind nicht alle Teams gleich schlecht in ihrer Informationspolitik. Generell gibt es ein Gefälle von Arm zu Reich. Je größer und erfolgreicher der Rennstall, umso schlechter der Service für das interessierte Publikum. Die Arroganz der Sieger ist direkt proportional zu ihrem Bemühen, möglichst wenig zu erzählen.

Fahrer und Ingenieure an der Strecke nicht greifbar

Wer sich die Pressemitteilungen von Ferrari, Red Bull und McLaren durchliest, erfährt praktisch nichts. Bei McLaren hat sich das im Verlauf der Testfahrten etwas gebessert, was aber wahrscheinlich daran lag, dass man wegen technischer Probleme am Auto und bescheidenen Rundenzeiten Sympathiepunkte sammeln musste. Vor Ort ist die Öffentlichkeitsarbeit armselig, wie auch bei Ferrari. Fahrer und Ingenieure werden weggesperrt. Sie stehen höchstens einmal am Tag zu einer kurzen Fragestunde und für ein paar nichtssagende TV-Quotes bereit.

Seriöse Berichterstattung ist so nicht möglich. Die Entschuldigung, die Fahrer müssten sich auf das Testprogramm konzentrieren, ist eine billige Ausrede. Zu ihrem Job gehört es dazu, denen einen Einblick in ihr Geschäft zu vermitteln, die ihr Gehalt bezahlen. Und das sind am Ende die Zuschauer.

Red Bull und Mercedes vermeiden deutliche Aussagen

Bei Red Bull herrscht immerhin noch "open house". Das muss man den Weltmeistern zugutehalten. Die Pressetexte verbreiten jedoch ebenfalls nur Banalitäten. Die Fans erfahren zum Beispiel kein Wort darüber, warum Sebastian Vettel am letzten Testtag für längere Zeit in der Garage stand.

Mercedes gibt sich Mühe, auch wenn man sich hier von den Fahrern manchmal etwas deutlichere Aussagen wünscht. Political correctness in Ehren, aber Sätze wie "Wir hatten einen produktiven Tag und konnten vernünftig Kilometer abspulen", gehören einfach auf den Index. Immerhin: Im Silberlager sind die Beteiligten greifbar.

Positive Beispiele: Lotus, Sauber und Virgin

Gute Arbeit leisten Sauber und Virgin. Sobald der Technikteufel etwas hartnäckiger zuschlug, verschickte der Sauber-Pressechorps ohne Nachfrage kurze SMS-Mitteilungen an die Ticker-Front. Am Ende eines Testtages erfährt man bei den Schweizern genau wie bei Virgin Details zum Programm, auch wenn man nicht die Möglichkeit hatte, mit einem der Beteiligten zu sprechen.

Die Nummer eins im Fahrerlager ist aber Team Lotus. Der Rennstall von Tony Fernandes betreibt vorbildliche Pressearbeit. Das gesamte Testprogramm eines Tages wird minutiös aufgelistet. So etwas stünde auch den Top-Teams gut zu Gesicht. Zumal sie das Personal hätten, etwas Ähnliches zu Papier zu bringen. Sie wären deshalb nicht eine Zehntelsekunde langsamer. Und der Gegner würde trotzdem nicht mehr erfahren, als er über seine Spione ohnehin schon weiß.

 

 

 

Quelle: Auto Motor und Sport

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