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Zu Besuch bei Klaus Borrmann aus Goodbye Deutschland - Ein deutscher Petrolhead in den USA

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Klaus Borrmann ist ein Schnacker, aber einer, der Worten Taten folgen lässt. Er verließ Deutschland, um in Amerika mit seinen Traumautos zu leben. Wir haben ihn besucht.

Der Hamburger Klaus Borrmann neben seiner Corvette in Los Angeles. Bei Menschen, die ihre Heimat so lieben fragt man sich unwillkürlich, warum sie diese dann verlassen Der Hamburger Klaus Borrmann neben seiner Corvette in Los Angeles. Bei Menschen, die ihre Heimat so lieben fragt man sich unwillkürlich, warum sie diese dann verlassen Quelle: Ralf Schütze

Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze

Paramount, Los Angeles – „Ich fühl mich wohl hier, darf immer noch großer Junge sein und habe immer meine Spielzeuge um mich.“ Die „Spielzeuge“ heißen Corvette, Camaro, Mustang oder Charger, aber auch 911 oder Bulli. Alle sind sie hier in L. A. deutlich günstiger als in Deutschland. Und: Dank der trockenen kalifornischen Luft meist frei von Rost. Und so lebt Klaus Borrmann seinen Traum, der ihn seit früher Kindheit antreibt. Immer und überall mit Autos und Motorrädern zu tun zu haben – früher im Matchbox-Maßstab, heute in Lebensgröße unter seinem Label Cargate48.

Kein Rost, 171.000 Kilometer auf der Uhr. Diesen schönen E-Type von 1969 verkauft der Hamburger aktuell Kein Rost, 171.000 Kilometer auf der Uhr. Diesen schönen E-Type von 1969 verkauft der Hamburger aktuell Quelle: Ralf Schütze

Die Passion des Petrolhead

15530 Texaco Avenue in Paramount, Los Angeles: Von seinem 500 m² großen „Warehouse“ aus betreibt Klaus Borrmann florierende Geschäfte mit dem Aufstöbern, Herrichten und Exportieren von Oldtimern auf vier und zwei Rädern. Camaros und Corvettes, manchmal Bullies oder Käfer, teilweise Leckerbissen wie eine 1964er Panhead von Harley-Davidson. Der Haken ist nur: Dieser Klaus liebt sein Blech. Und kann sich verdammt schlecht davon trennen. Gerade dann nicht, wenn es wertvoll ist. Im Unternehmensberaterdeutsch nennt man das einen klassischen Ziel-Konflikt. Dinge verkaufen, die man selbst behalten will. Bei Klaus Borrmann heißt das nur Blechliebe. Von rund 200 Autos trennt er sich dennoch pro Jahr, der Laden muss ja laufen. „Mein Spitzenmonat war der Januar 2013,“ sagt Borrmann und platzt fast vor Stolz, „da kam ich auf 1,7 verkaufte Autos pro Tag.“

Der Hamburger hängt an einem alten Polizeiauto

Aktuell kann sich der deutsche Petrolhead nicht von seinem Chevy Avalanche Pick-up trennen. Auch ein ehemaliges Polizeifahrzeug behält er im Fuhrpark. Borrmann schnackt grinsend mit Hamburger Akzent: „Die Leute erschrecken immer, wenn sie mich in diesem Ford Crown Victoria im Rückspiegel sehen. Die denken immer an ein Bullenauto und gehen vom Gas.“ Das Firmenschild von Borrmanns Klassikerhandel. Viele seiner Kunden kommen aus Deutschland Das Firmenschild von Borrmanns Klassikerhandel. Viele seiner Kunden kommen aus Deutschland Quelle: Ralf Schütze Vielleicht fünf Prozent dieser Modelle befinden sich in Privathand, die meisten Crown Victoria fahren als Taxis oder mit Cops. Seinen hat er mit 80.000 Meilen auf dem Tacho gekauft. Heute mit 106.000 Meilen läuft der immer noch wie ein Uhrwerk. „Die Dinger musst du schon erschießen oder gewaltsam ohne Öl fahren, damit sie kaputtgehen," sagt Borrmann.

Bei Schnäppchen gilt: Zupacken oder Finger weg

Der Hamburger (Jahrgang 1962) hat ein Auto- und Motorrad-Lexikon im Kopf. Das ist viel wert, denn bei seinen Streifzügen durch das Umland von Los Angeles kann er meist nicht lange fackeln. Da heißt es „zupacken“ oder gleich „Finger weg“. Um beides zu unterscheiden, ist Fachwissen und Marktkenntnis nötig. Borrmann kennt die meisten Stolperfallen. Auch im sonnigen Kalifornien stößt er auf wahre Rostlauben, deren Boden aus Coladosen-Blech bestehe: „Da wären dann erstmal eine Woche Schweißen und zwei Blechtafeln gefragt, das spart man sich besser.“

Ehrlichkeit ist Geschäftskapital

Im Umgang mit seinen Kunden geht er kein Risiko ein, denn: „Vertrauen und Mundpropaganda sind wichtig, die können dich groß rausbringen oder fertig machen.“ Deshalb stelle er beim Verschiffen nach Bremerhafen immer rund zehn Wochen Lieferzeit in Aussicht. „Wenn's dann ausnahmsweise mal in gut sechs Wochen klappt: umso besser. Aber ich habe nicht zu viel versprochen.“ Schwierigkeiten geht der 1,96-Meter-Mann bewusst aus dem Weg. Auf die US-Preise, die er bezahlen müsse, kämen lediglich faire Margen drauf, damit die Endkunden in Deutschland von einem guten Deal profitierten. Wer den absolut authentisch wirkenden Borrmann kennenlernt, nimmt ihm das ab.

Konservierte Kostbarkeiten aus Arizona

„Dem Märchen vom rostfreien California-Auto kann ich nicht folgen“, so Borrmann. Autos von der Küste seien ebenso salzhaltiger Luft ausgesetzt wie auf Sylt. Erst im Hinterland oder gar in Arizona stoße man auf regelrecht konservierte Kostbarkeiten. Schon für 10.000 bis 15.000 Euro gibt es bei ihm Mustangs oder Camaros aus den 60ern und 70ern. „Das sind keine Trailer-Queens“, betont er, „aber ordentlich funktionierende Autos, die optisch ein paar kleine Macken haben, aber technisch in Ordnung sind.“ Trotz Verschiffung nach Bremerhafen und sechs Prozent Importsteuer auf mindestens 30 Jahre alte Oldtimer sind das noch Schnäppchen in Deutschland. Nur ausreichend original müssen sie sein. Sonst drohen höhere Einfuhrkosten.

Das ist ein Auto, mit dem man garantiert nicht übersehen wird. Die 66er Coronet gibt es für 8.600 Euro. Auch sie hat "originale" 99.999 Kilometer runter. Die Laufleistung packt der 275 PS starke 6,2-Liter-Motor ohne zu zucken Das ist ein Auto, mit dem man garantiert nicht übersehen wird. Die 66er Coronet gibt es für 8.600 Euro. Auch sie hat "originale" 99.999 Kilometer runter. Die Laufleistung packt der 275 PS starke 6,2-Liter-Motor ohne zu zucken Quelle: Ralf Schütze

Nicht modern, aber robust

Von der Robustheit der amerikanischen Technik ist der US-Car-Spezialist überzeugt. Solange man die Kisten richtig behandelt. Vollgasfest seien die hubraumstarken V8-Motoren sicherlich nicht. Aber: „Will jemand mit einem 67er Mustang mit über 200 Klamotten über eine deutsche Autobahn kacheln?“ Wer das im Sinn habe, solle sich laut Borrmann lieber einen VW Golf R32 kaufen. Seine typischen deutschen Kunden hätten ohnehin anderes im Sinn mit den Amischlitten: „Die Oldies, die wir so haben, mit denen butscherst Du am Sonntagnachmittag gemütlich um die Alster zum Kaffeetrinken, und dann kommen die Dinger wieder in die Garage.“

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