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Oldtimermarkt Bockhorn 2017: Rundgang - Die friesisch-herbe Oldie-Show

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Riesige Oldtimermessen gibt es zum Beispiel in Paris, am Comer See - und im nordfriesischen Bockhorn. Arild Eichbaum besuchte für uns den 36. Bockhorner Oldtimermarkt.

Nicht ganz serienmäßiger Stern: In Bockhorn trifft man sich zwar zum Kaufen und Verkaufen. Aber Vieles wird auch einfach nur gezeigt und angeschaut Nicht ganz serienmäßiger Stern: In Bockhorn trifft man sich zwar zum Kaufen und Verkaufen. Aber Vieles wird auch einfach nur gezeigt und angeschaut Quelle: Arild Eichbaum für MOTOR-TALK

Von Arild Eichbaum

Bockhorn - Voll war es. Erst der riesige Parkplatz, dann das Marktgelände. Und das ist auch riesig, 180.000 Quadratmeter im satten Grün einer gewachsenen Parklandschaft. Frisch gestutzter Rasen, viele schattenspendende Bäume. Wer alles sehen will, dürfte hier an einem Tag locker 15 bis 20 Kilometer laufen.

Kein Wunder, dass Klappräder auf dem Oldtimermarkt Bockhorn beliebt waren. Die halfen dabei, die weiten Wege einigermaßen ermüdungsfrei zu bewältigen. Rockbands spielen nicht in Bockhorn, und mit Car-Hi-Fi protzt auch niemand. In den friesischen Wiesen geht es traditionell um den Handel von Fahrzeugen und Ersatzteilen, also seriöses Business. Wenn hier etwas durchgesagt wird, dann die Info, dass es gleich Mittagessen gibt.

Foodtrucks mit Guacamole-Burgern, Pulled Pork und Co wird man in Bockhorn ebenfalls nicht finden. Zum Frühstück gibt es Bockhörnchen und belegte Brötchen mit Familie Ahlers Himbeermarmelade aus eigener Herstellung. Zum Mittag Bratwurst, Nackensteak, Fritten. Und Bier natürlich, Haake-Beck und Jever.

Brot und Butter statt Champagner

Die hätten auch nach Reifnitz gedurft: Tiefliegende VW-Oldies der 1970er-Jahre Die hätten auch nach Reifnitz gedurft: Tiefliegende VW-Oldies der 1970er-Jahre Quelle: Arild Eichbaum für MOTOR-TALK

Habt Ihr jetzt auch Hunger? Reden wir lieber über Autos. Veranstalter Ahlers berichtet von 5.000 anwesenden Oldtimern. Hochpreisige Exoten, besonders Sportwagen, sah man kaum, dafür viel bodenständiges Altblech, zum Beispiel Opel: etliche KAD-A und KAD-B, Rekord verschiedener Baureihen, Commodore, Kadett B und vor allem C in mannigfacher Ausführung, ab und an 50er-Jahre-Modelle, eine Handvoll GT, selbstverständlich Manta sowie zwei Monza.

Zwischendrin, halb unter einem Pavillon versteckt, stand eines der lediglich 647 Mal gebauten Diplomat V8 Coupés, anderswo ein Bitter CD. Wie Opel war auch Ford stark vertreten: Granada und Taunus in allen Varianten, ab und an ein Capri oder ein Escort RS 2000. Bei Mercedes dominierten unprätentiöse /8 und 123. S-Klassen und ihre Vorgänger sah man, SL indes kaum. Umso sportlicher traten dafür die Briten auf, in Form von Triumph Spitfire und TR6, MG A- und B-Roadster, mal ein E-Type, mal ein XK120 sowie ein restaurierter und dann allen Ernstes teilfolierter Bentley R-Type.

Bei VW standen neben den erwartbaren frühen Käfern und Bussen auch schon einige Jetta, nebst frühen Polo und Derby. Nicht ganz so häufig anzutreffen waren die Franzosen, doch auch hier ließen sich schöne Stücke finden, wie ein Peugeot 504 mit Kastenaufbau, eine tiefergelegte Ente, eine DS, ein Fuego, ein Mehari. Fürs sportliche Feeling sorgten etwa zwei Alpine A110 oder ein Renault R5 Turbo.

Alfisti hatten einige Giulias und Spider mitgebracht, die 500er und 124er Spider von Fiat fand man ebenfalls reichlich. Hier und da ein Lancia, ein Autobianchi A112, ein Vespa 400 Pkw.

Für amerikanische Oldtimer hatte Bockhorn extra eine Sonderschau eingerichtet. Vans, einige Corvette und Pony Cars, hohe wie tiefe Pick-ups sowie zahlreiche Straßenkreuzer der 60er- bis 80er-Jahre.

Vom Transit zum Zirkuswagen

Nutzfahrzeuge waren ebenfalls stark vertreten, auch vollformatige Sattelschlepper – alles dabei vom Möbelwagen bis zum Autotransporter, von DAF über Mercedes-Benz, Scania und MAN mit Unterflurmotor bis hin zu Ford, Hanomag und Saurer. Markant war der bei Kofferaufbauten oft aufwändige Innenausbau. Alte Wohnwagen und Wohnmobile gab es ebenso zu bestaunen wie einige toprestaurierte Zirkuswagen mit üppigen Holzschnitzereien. Keineswegs ungewöhnlich in diesem landwirtschaftlich geprägten Teil Deutschlands: Traktoren. Manche trugen die Spuren eines harten Arbeitslebens, andere waren aufwändig restauriert.

Auf der weitläufigen Wiese nahe der Nordsee ist auch Platz für Nutzfahrzeuge jeder Größenordnung Auf der weitläufigen Wiese nahe der Nordsee ist auch Platz für Nutzfahrzeuge jeder Größenordnung Quelle: Arild Eichbaum für MOTOR-TALK Zwischen all den Massen-Oldies sorgten kostbare Raritäten für Abwechslung, etwa prächtige Horch, ein Facel Vega oder ein Mercedes 600. Die Halter waren gesprächig und gaben bereitwillig Informationen oder öffneten die Motorhaube. Wer wollte, feilschte auf dem Automarktplatz mit rund 200 Verkaufsobjekten um sein künftiges Schätzchen. Ob fahrbereit mit TÜV-Segen oder mit deutlichem Handlungsbedarf vor der Endmontage.

Nebenan auf dem Teilemarkt boten etwa 1.000 Anbieter ihre Ware an: Karosserieteile, Motoren, Stoßstangen, Scheinwerfer, Radios, Schrauben, Polsterstoffe, Schalter, Lichtmaschinen. Und auch Reparaturanleitungen, Fachmagazine, Bücher, historische und neu aufgelegte Blechschilder, Tassen, Wanduhren, Kunst und Krempel.

Der Oldtimermarkts Bockhorn ist eben eher eine große Messe als ein Jahrmarkt. Auch der Autor wurde fündig und kaufte einen Scheinwerfer für den eigenen Klassiker. Die gewünschten Rückleuchten waren leider schon vergriffen. Vielleicht klappt es 2018.

Bockhorn: Do‘s

  • Im Programmheft interessante Anbieter markieren. Die Stände sind nummeriert
  • Schattenplatz suchen oder Schirm mitbringen. Auf freier Wiese brennt die Sonne unbarmherzig
  • Große Einkaufstasche und evtl. Handschuhe mitführen. Blechteile können in die Haut einschneiden.
  • Den genutzten Besucherparkplatz genau merken. Sonst wird die Heimkehr schwierig

Bockhorn: Don‘ts

  • Wanderschuhe und Sonnencreme vergessen
  • Über weite Wege jammern. Stattdessen Klapprad nutzen
  • Abwarten. Nachher ist das rare Ersatzteil womöglich weg
  • Schwätzen oder Grollen. Die Norddeutschen sind nicht reserviert, allenfalls maulfaul

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