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Nissan Micra (K14): Fahrbericht, erster Test, technische Daten - Bunt, breit und europäisch

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Nissan legt beim neuen Micra eine Kehrtwende hin. Die neue Generation des Kleinwagens soll vor allem in Europa gut ankommen. Wir waren mit dem Japaner unterwegs.

Nissan Micra 2017 (K14): Das silberne Exemplar mit den orangefarbenen Highlights ist ein früher Prototyp, die Fahreigenschaften wirken bereits vielversprechend Nissan Micra 2017 (K14): Das silberne Exemplar mit den orangefarbenen Highlights ist ein früher Prototyp, die Fahreigenschaften wirken bereits vielversprechend Quelle: MOTOR-TALK

Skagen – Es gibt diese Geschichte über den Nissan Micra. Weil er weltweit Käufer finden sollte, musste er hohe Anforderungen erfüllen. Hoch im Wortsinn: Er musste genug Kopffreiheit für Turbanträger bieten. Damit er wendig durch den Verkehr thailändischer Großstädte flitzen konnte, sollte er außerdem möglichst schmal sein.

Womit geklärt wäre, warum der Micra aktuell etwas, sagen wir: undynamisch aussieht. Zu hoch für die Breite irgendwie. Vor allem aber erzählt die Geschichte etwas über die Probleme eines Weltautos: Weil es überall funktionieren soll, riskiert es, nirgendwo richtig zu funktionieren. Beim neuen Nissan Micra soll das nicht passieren. Statt in Thailand baut Nissan ihn im französischen Flins. Der Micra wurde nicht als Welt- sondern als Europa-Auto entwickelt.

Man sieht das auf Anhieb. Acht Zentimeter breiter wurde er und etwa 17 Zentimeter länger. Besonders originell sieht der Micra nicht aus, aber da lässt sich nachhelfen. Am silbernen Testwagen fallen die Anbauteile in "Energy Orange" ins Auge. Es gibt sie auch in Silber auf Blau oder in Weiß auf Schwarz. Die Basisausstattung trägt allerdings kein Bunt.

Nicht immer so bunt, aber immer mit kontrastierendem Material bezogen, liefert Nissan den Micra aus. Beim Basismodell fehlen außerdem ein paar Nähte Nicht immer so bunt, aber immer mit kontrastierendem Material bezogen, liefert Nissan den Micra aus. Beim Basismodell fehlen außerdem ein paar Nähte Quelle: MOTOR-TALK

Neuer Nissan Micra: Fahrbericht im Prototyp

Im Innenraum beziehen die Designer großflächig das Armaturenbrett und Teile des Mitteltunnels mit Kunstleder. Mit all den Fugen, Falten und Wellen wirkt das unruhig, bringt aber etwas Fröhlichkeit ins Interieur. Der weiche Kunststoff auf der Oberseite des Armaturenbretts fühlt sich gut an. Insgesamt gibt es laut Nissan 125 Farbkombinationen.

Die Türinnenverkleidung besteht aus Hartplastik, sieht aber manierlich aus. Die Armauflagen in den Türen sind gepolstert. Der Instrumententräger stammt aus dem Qashqai – Kompaktklasse-Niveau also. In seiner Schlichtheit wirkt er wie ein Fremdkörper im unruhigen Micra-Cockpit.

Bei unserem silbernen Probefahrzeug handelt es sich noch um einen Prototypen, der innen zu 90 bis 95 Prozent auf Serienstand sein soll. Technisch fehlt noch ein bisschen Feinabstimmung bei Motor und Fahrwerk. Das merkt man beim getesteten 0,9-Liter-Benziner gelegentlich an leichtem Ruckeln bei Halbgas.

Der Motor stammt aus dem Regal des Allianzpartners Renault. Im Nissan fährt er schön leise, bei voller Beschleunigung - er dreht recht frei hoch - wird er vernehmbar aber nicht unangenehm laut. Das typische Dreizylinder-Gedröhne fehlt: Nissan hat den kleinen Micra offenbar gut gedämmt, was beim Diesel, den wir ebenfalls kurz fahren konnten, noch deutlicher wird. Randnotiz: beim Vorgänger stand über den kompletten Bauzeitraum kein Diesel im Lieferprogramm.

Ob es nun an der "aktiven Spurkontrolle" liegt, wie Nissan sagt, oder nicht, der Micra erlaubt hohe Kurvengeschwindigkeiten Ob es nun an der "aktiven Spurkontrolle" liegt, wie Nissan sagt, oder nicht, der Micra erlaubt hohe Kurvengeschwindigkeiten Quelle: MOTOR-TALK

Nissan Micra mit prima Lenkung und Fahrwerk

Mit 90 PS und 140 Newtonmeter reißt man zwar keine Bäume aus, aber man traut dem Micra auch auf der Autobahn was zu. Mit etwas mehr als 1.100 Kilo liegt das Gewicht im Klassenrahmen, bis zu 1.200 Kilo darf der Micra an den Haken nehmen.

Richtig gut gefiel uns die Lenkung. Prima gewichtet, lässt der Micra sich direkt und präzise um die Kurven steuern. Richtig sportlich fühlt sich das sogar an. Möglich, dass manche Fahrer für den täglichen Weg zur Arbeit eine leichtgängigere und um die Mitte weichere Lenkung bevorzugen. Uns gefiel das solide, kontrollierte Handling.

Zum Glück spielt das Fahrwerk gut mit. Es arbeitet eher straff, aber nicht unkomfortabel. Verbindlich und berechenbar geht der Micra über holprigen Asphalt. Beeindruckend neutral und zügig lässt er sich durch schnelle Wechselkurven werfen, sogar bei Nässe. Kaum ein Untersteuern ist zu spüren. Nissan schreibt das der „aktiven Spurkontrolle“ zu, die je nach Fahrsituation die kurveninneren Räder abbremst.

Der neue Nissan Micra misst knapp vier Meter und wird damit deutlich länger als der Vorgänger, aber bleibt etwas kürzer als andere Kleinwagen Der neue Nissan Micra misst knapp vier Meter und wird damit deutlich länger als der Vorgänger, aber bleibt etwas kürzer als andere Kleinwagen Quelle: MOTOR-TALK

Neues Infotainment und viele Assistenten

Die neue Europa-spezifische Ausrichtung des Micra merkt man nicht nur an Design und Fahrverhalten. Auch bei den Fahrhilfen passt Nissan ihn an den europäischen Standard an. Es gibt eine Spurhaltehilfe, die per Bremseingriff gegensteuert, einen Notbremsassistenten (serienmäßig) mit Fußgängererkennung (optional), Verkehrsschilderkennung, automatisches Fernlicht oder eine 360-Grad-Kamera. Nicht schlecht für einen Kleinwagen.

Das optionale Infotainment mit 7-Zoll-Touchscreen ist schön groß und kann Apple Carplay. Die übersichtliche Bedienung kennt man aus anderen Nissan-Modellen, die mittelmäßige Grafik leider auch. Enttäuscht hat uns das Platzangebot. Nicht im Kofferraum, der ist mit 300 Litern ordentlich. Aber auf der Rückbank bietet der Micra recht wenig Knieraum.

Passt also alles soweit beim Nissan der 5. Generation mit dem Kürzel K14. Jedenfalls für uns Europäer. In anderen Teilen der Welt wird er schlechter funktionieren. Das ist beabsichtigt: Nissan plant, ihn in deutlich weniger Ländern zu verkaufen als die auslaufende Generation K13. Wirtschaftlich ergibt das trotzdem Sinn, denn der Micra wird sich viel Technik mit dem nächsten Renault Clio teilen.

Technische Daten Nissan Micra

  • Motor: 0,9-Liter-Dreizylinder-Benziner mit Turbo
  • Leistung: 90 PS (66 kW) bei 5.500 U/min
  • Drehmoment: 140 Nm bei 2.250U/min
  • Antrieb: Fünfgang-Handschaltung, Frontantrieb
  • Höchstgeschwindigkeit: 175 km/h
  • 0-100 km/h: 12,1 s
  • Verbrauch: 4,4 l/100 km
  • CO2: 99 g/km
  • Länge: 3,999 m
  • Breite: 1,734 m
  • Höhe: 1,455 m
  • Radstand: 2,525 m
  • Kofferraum: 300-1.004 l
  • Leergewicht: 1.053 kg
  • Preis: ab 15.790 Euro
  • Marktstart: März 2017

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