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ICCT-Studie: Geschönte Ausrollversuche verfälschen Abgas-Tests - Autohersteller tricksen bereits vor der CO2-Messung

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Der ICCT deckte den Dieselskandal auf. Jetzt kritisiert er die Ermittlung von Verbrauchs- und CO2-Werten in der EU. Bereits vor den Labortests werde getrickst.

Um die Messung im Labor mit dem Betrieb auf der Straße vergleichbar zu machen, müssen Werte wie Luft- oder Rollwiderstand mit einberechnet werden Um die Messung im Labor mit dem Betrieb auf der Straße vergleichbar zu machen, müssen Werte wie Luft- oder Rollwiderstand mit einberechnet werden Quelle: picture alliance / dpa

Berlin - Die Verkehrsexperten, die den VW-Dieselskandal aufgedeckt haben, prangern jetzt auch Gesetzeslücken bei den Vorbereitungen für die CO2-Messung im Labor an. Die sogenannten Ausrollversuche, mit denen die offiziellen Fahrwiderstände von Autos gemessen werden, ergäben deutlich geringere Werte, als im Alltag realistisch sei. Das teilte der International Council of Clean Transportation (ICCT) am Dienstag mit. Die unrealistisch niedrigen Werte erklären laut ICCT ein Drittel der Abweichung des alltäglichen CO2-Ausstoßes von den Laborwerten.

In sogenannten Ausrollversuchen werden Schwungmasse, Reibungs- und Luftwiderstand eines Autos ermittelt. Dazu beschleunigt das Fahrzeug auf einer Teststrecke und rollt anschließend aus - daher kommt der Name. Die gemessenen Werte sind wichtig: Sie werden später bei Emissionstests im Labor verwendet, um Fahrwiderstände zu simulieren, und haben damit Einfluss auf Kraftstoffverbrauch und Schadstoffausstoß.

Eine ICCT-Studie belegt, dass die Autohersteller den rechtlichen Rahmen der Ausrollversuche für Neuwagen mit allen Mitteln ausschöpfen Eine ICCT-Studie belegt, dass die Autohersteller den rechtlichen Rahmen der Ausrollversuche für Neuwagen mit allen Mitteln ausschöpfen Quelle: picture alliance / dpa

Praxisferne Tricks für weniger Rollwiderstand

Nach ICCT-Angaben nutzen die Hersteller Gesetzeslücken bei den Ausrollversuchen. "Da werden zum Beispiel Reifen übermäßig aufgepumpt, das Profil annähernd komplett abgerieben oder Reifen im Ofen gehärtet, damit sie weniger Rollwiderstand haben", erklärte der Geschäftsführer des ICCT in Europa, Peter Mock. Das sei zwar nicht vorgesehen - aber auch nicht explizit verboten. "Diese Schlupflöcher werden voll ausgenutzt."

Die Experten konnten für 19 Automodelle aus den Jahren 2009 bis 2012 die offiziellen Widerstandswerte mit Alltagswerten vergleichen, die unabhängige Labors gemessen hatten. In allen 19 Fällen lag der tatsächliche Widerstand demnach über dem offiziellen Wert.

Anders als in den USA seien die offiziellen Daten zum Fahrwiderstand in der EU nicht öffentlich, kritisierte der ICCT. "Neben der Schaffung von mehr Transparenz ist es wichtig, dass in der EU in Zukunft Gesetzeslücken in den Fahrzeug-Testprozeduren geschlossen werden." Zudem seien regelmäßige nachträgliche Stichproben durch Behörden notwendig.

Messungen des ICCT hatten im vergangenen Jahr US-Behörden auf die Spur der Abgas-Manipulationen bei VW geführt. Dabei stand zunächst der Stickoxid-Ausstoß im Mittelpunkt. Derzeit beschäftigen sich deutsche Experten im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums auch mit CO2-Werten. Diese sind nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sondern bestimmen in Deutschland maßgeblich auch die Höhe der anfallenden Kfz-Steuer für die Autobesitzer.

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