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Wie der Roadster beinahe gestorben wäre - Als beinahe Schluss mit luftig war

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Die Achtzigerjahre: Angesichts der Krise bei British Leyland schrumpfte die Auswahl für Europas Roadsterfans dramatisch. Bis ein kleiner Japaner zeigte, wie es gehen kann.

Mit 241 PS bei 8.300/min erwies sich der Honda S2000 als Drehorgel erster Klasse. 110.000 Kunden griffen begeistert zu Mit 241 PS bei 8.300/min erwies sich der Honda S2000 als Drehorgel erster Klasse. 110.000 Kunden griffen begeistert zu Quelle: wikimedia commons

Von Arild Eichbaum

Von wegen „too big to fail“ – 1980 sah es für die British Leyland Motor Company tiefschwarz aus. Rivalitäten unter den Konzernmarken, niedrige Produktivität, zahllose Streiks, liederliche Verarbeitungsqualität, Technik und Optik von gestern bis vorgestern – die Liste der Probleme war lang. Die Fehler beim Management hatten sich aufgetürmt und den Riesen stark ins Wanken gebracht.

Jaguar, Austin, Rover und Land Rover hatten Glück und konnten sich retten, MG nicht. Triumph wurde als Marke weitergeführt und baute von 1981 bis zur endgültigen Schließung 1984 den Acclaim, einen umgelabelten Honda Ballade. Aus Sicht der meisten Kontinentaleuropäer war diese Krise auf der Insel selbst herbeigeführt und vorhersehbar gewesen – nicht umsonst war im deutschsprachigen Raum von „British Elend“ statt Leyland die Rede. Der Autoelektrik-Zulieferer Lucas galt ob geringer Zuverlässigkeit im allgemeinen als „Fürst der Finsternis“.

Kleinwagen, Mittelklassemodelle und Luxuslimousinen gab es in großer Vielfalt und hoher Qualität auch vom Festland. Was es aber dort kaum gab, waren erschwingliche Roadster. Gerade die waren trotz des feuchten Inselklimas zum britischen Aushängeschild geworden, sowohl die kleinen MG Midget und Triumph Spitfire als auch die größeren MG MGB und Triumph TR7. Ohne die Briten waren sie aufgeschmissen, die tweedgewandeten Windgesichter mit ledernen Kappen und großen Brillen.

Außer Alfa gab es nichts

Nach 19 Jahren ist dann auch mal Schluss: Der Fiat 124 Spider wurde 1983 ersatzlos eingestellt Nach 19 Jahren ist dann auch mal Schluss: Der Fiat 124 Spider wurde 1983 ersatzlos eingestellt Quelle: Arild Eichbaum für MOTOR-TALK Die deutschen Hersteller konnten ihnen nicht helfen, einzig die deutlich teureren Mercedes SL R107 und Porsche 911 Cabrio wären in Frage gekommen. Bei den Franzosen gab es ebenfalls nichts. Das Peugeot 504 Cabrio war ersatzlos 1983 eingestellt worden. Fiat und Alfa Romeo hatten beide noch ihre Spider in petto – nur wurde die Produktion des Fiat 124 Spider nach 19 Jahren und knapp 200.000 Einheiten im Juli 1985 gestoppt.

Übrig blieb der 1983 eingeführte Alfa Spider Aerodinamica mit Frontspoiler und markanter Gummi-Abrisskante. Diese Generation avancierte zur zweiterfolgreichsten in der Historie des Spider. Das lag weniger an dessen Qualitäten als dem Umstand, dass es nichts anderes in dieser Klasse gab. So mussten die Roadster-Fans zwangsläufig zum Spider greifen.

Zwei Gemeinsamkeiten teilte sich der Alfa Spider mit seinem Fiat-Kollegen und den britischen Sportlern mit Ausnahme des TR7/TR8: Erstens war er technisch genauso massiv veraltet und hatte sich im Grunde seit seinem Start 1970 mit Facelifts über die Jahre gerettet. Zweitens genossen italienische Fahrzeuge seinerzeit wie ihre britischen Pendants qualitativ nicht den besten Ruf.

Frischer Wind rauschte Mitte bis Ende der 80er allenfalls durch geöffnete Targadächer und aus den Düsen von Klimaanlagen. Die Targamodelle waren viel einfacher mit den strengen Sicherheitsvorschriften der USA zu vereinbaren und obendrein recht ganzjahrestauglich. Die Nachfrage nach preiswerten, kleinen Sportwagen bestand grundsätzlich, das zeigten die Absatzzahlen des Mazda RX-7. Auch andere flotte Japaner wie Toyota Celica, Mitsubishi Starion, Nissan Silvia oder Subaru XT saugten die USA wie ein trockener Schwamm auf.

In Europa schalteten die Kunden in diesem Segment eher einen Gang zurück, hier hatten Volkssportwagen wie Opel Manta, Fiat X1/9, Ford Capri oder VW Scirocco ihre Hochzeiten hinter sich, doch war ihr Kapitel noch lange nicht beendet.

Rettung ab 1989: SL, Z1, MX-5

Insgesamt wurden 311.222 Einheiten des ersten Mercedes-Benz SLK gebaut, womit der R 170 zu einem der meistverkauften Roadster Deutschlands avancierte Insgesamt wurden 311.222 Einheiten des ersten Mercedes-Benz SLK gebaut, womit der R 170 zu einem der meistverkauften Roadster Deutschlands avancierte Quelle: wikimedia commons So waren die 80er für Frischluftfreunde also eher triste Jahre, doch Rettung nahte. Kurz vor Schluss der Schulterpolster-Dekade zeigten 1989 gleich mehrere Hersteller neue Roadster. Und zwar komplett neue, moderne Fahrzeuge. Aus Deutschland kam der technische Overkill Mercedes SL R129, der nach 17 Jahren endlich den R107 ablöste.

Deutlich sportlicher und kompakter trat der BMW Z1 auf, der mit seinen in den Schwellern versenkbaren Türen auffiel. Der Bayer durfte sogar mit heruntergelassenen Türen gefahren werden – so freizügig war man zuletzt in den frühen Fünfzigern unterwegs, als ein Roadster noch wie zu Vorkriegszeiten tief eingeschnittene Flanken haben durfte. Auf glatte 8.000 Einheiten bis 1991 limitiert, war der Z1 rein von den Zahlen her ein Tropfen auf den heißen Asphalt.

Doch folgten ihm 1995 die Kassenschlager Z3 und dessen Nachfolger Z4 sowie der rare und kostspielige Retro-Renner Z8. Stuttgart und Ingolstadt beeilten sich, 1996 den SLK und 1998 den TT einzuführen. Keineswegs komplett neu, aber dennoch freudig aufgenommen wurde das 1989 lancierte Porsche 944 Cabrio. Endlich ein vergleichsweise erschwinglicher offener Zuffenhausener.

Weitaus akribischer als BMW beim Z1 hatte sich Mazda dem Thema Roadster genähert. Den Lotus Elan der frühen 60er hatten die Japaner geradezu seziert. Dieses vierzylindrige Leichtgewicht mit elegantem, fließendem Blech und hoher Fahrdynamik erhielt 1989 im Mazda MX-5 einen würdigen Nachfolger. Nebeneinandergestellt, wirkten Elan und MX-5 wie Vater und Sohn.

Zunächst sollten lediglich 5.000 MX-5 im Jahr gebaut werden, davon 3.000 für die USA und 500 für Europa. Doch bereits Ende 1990 waren 140.918 Exemplare produziert worden. Die 15.888 Roadster für Europa konnten die hiesige Nachfrage nicht befriedigen. Das für Deutschland bestimmte Kontingent war innerhalb dreier Tage veräußert, was zu etlichen Grauimporten aus den USA und Kanada in die Alte Welt führte.

Beim MX-5 abgeschaut

Im November 1992 knackte der Mazda MX-5 die Viertelmillion. Ihm gebührt nicht nur die Ehre, dem Volksroadster einen zweiten Frühling beschert zu haben. Er hat mit seinem Erfolg auch etliche andere Hersteller auf den Plan gerufen und dem Roadster damit eine Zukunft gegeben.

Ein Nachahmer war der 1995 bis 2005 gefertigte Fiat Barchetta auf der Plattform des Fiat Punto der ersten Generation. Insgesamt wurden 57.521 dieser Fronttriebler hergestellt, etwa die Hälfte ging nach Deutschland. 2015 dann bekannte sich Fiat zum 124 Spider und kam mit einem attraktiven Hecktriebler – auf Basis des aktuellen MX-5. Honda setzte sich mit dem S2000, der die Drehzahlorgien der kleinen S600 und S800 aus den 60ern aufleben ließ, ein spätes wie strahlendes Roadster-Denkmal, zwischen 1999 und 2009 fand er gut 110.000 Käufer.

Zeitgleich zum MX-5 gelangte sogar der Roadsterbau auf der Insel noch einmal zu neuer Blüte. Das seinerzeit zu General Motors gehörende Unternehmen Lotus brachte 1989 einen neuen Elan mit Isuzu-16-Ventiler und Frontantrieb heraus. Das stilistisch wie fahrdynamisch bemerkenswerte Modell fand bis 1996 aber nur 4.655 Kunden und wurde dann an Kia weitergereicht.

Weitaus größeren Erfolg erlangte ein erschwinglicher Mittelmotor-Sportler aus dem Vereinigten Königreich. Das war nicht die Lotus Elise, sondern der 1995 lancierte MG F. Der schnitt alle alten Zöpfe ab, mit denen MG assoziiert wurde: etwa die hintere Starrachse oder komplett veraltetes Design. Diese Relikte hatten allerdings zuvor anhand des V8-befeuerten RV8 gezeigt, dass sich so mancher durchaus wieder einen offenen MG vorstellen konnte. 77.269 MG F und 39.880 modellgepflegte MG TF zeigten, dass ein moderner Mittelmotor-Roadster durchaus den Geschmack der Zeit traf.

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