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CO2-Ziele, Gewicht, Elektrifizierung: Stand der Dinge - 2017 war ein Klima-Rückschritt

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Die meisten Autokonzerne verkauften elektrische Antriebe 2017 nur in Mini-Mengen. Dafür aber mehr und größere SUV. Aktuelle Daten zeigen: Das gefährdet ihre CO2-Ziele.

Erstmals seit Beginn der Erhebung stieg im vergangenen Jahr der CO2-Durchschnitt der europäischen Neuwagenflotte Erstmals seit Beginn der Erhebung stieg im vergangenen Jahr der CO2-Durchschnitt der europäischen Neuwagenflotte Quelle: dpa / Picture Alliance

Brüssel – Mehr SUV, weniger Diesel, nach wie vor extrem wenig Elektrifizierung. Diese Trends beim Autokauf haben dazu geführt, dass der durchschnittliche CO2-Ausstoß von Neuwagen in der EU 2017 erstmals seit Beginn der Erhebungen wieder gestiegen ist. Im Schnitt betrug der Normverbrauch der neu zugelassenen Pkw 119 g/km CO2. Das ist eine Zunahme von 1 g/km.

Dies geht aus Zahlen der europäischen Energieagentur EEA hervor, die der Forschungsverbund ICCT veröffentlicht hat. Auf Grundlage der Daten wertet die EU-Kommission aus, ob Hersteller ihre verbindlichen CO2-Ziele erreichen oder wie groß ihr Rückstand ist. Zudem geben die Daten spannende Einblicke in den Marktmix der europäischen Staaten. Die Studie beschränkt sich auf große Automobilkonzerne und Gruppen, die zusammen für 92 Prozent des Automarktes stehen.

Toyota am sparsamsten, Daimler am schwersten

CO2-Ziele, Durchschnittsgewichte: Fiat hat (auch wegen sehr leichter Autos) den größten Rückstand CO2-Ziele, Durchschnittsgewichte: Fiat hat (auch wegen sehr leichter Autos) den größten Rückstand Quelle: ICCT In der herstellerbezogenen Betrachtung kam Toyota (Toyota, Lexus) im Vorjahr auf den niedrigsten CO2-Wert (103 g/km), gefolgt von der PSA-Gruppe (Citroën, DS, Opel, Peugeot) sowie Renault-Nissan (Renault, Dacia, Nissan, Mitsubishi) mit je 112 g/km. Beide Gruppen verzeichnen steigende CO2-Flottenwerte, vor allem durch die Übernahme neuer Marken. Am stärksten stieg der CO2-Flottenschnitt demnach bei PSA, aber auch bei Volkswagen und Daimler.

Die größte Reduzierung erreichte dagegen die koreanische Hyundai-Gruppe mit den Marken Hyundai und Kia. Sie weist allerdings nach Fiat Chrysler den zweithöchsten Abstand zu ihrem CO2-Ziel 2021 auf.

Die individuellen CO2-Ziele der Automobilkonzerne errechnen sich anhand des durchschnittlichen Gewichts ihrer Neuwagen. Die Fiat-Gruppe verkauft mit einem Durchschnittsgewicht von 1.259 Kilogramm die leichtesten Fahrzeuge, gefolgt von PSA (1.273) und Renault-Nissan (1.310). Die im Schnitt schwersten Fahrzeuge mit durchschnittlich 1.607 Kilogramm verkauft Daimler.

E-Antriebe: zwischen 0 und 6,5 Prozent

Neben dem Gewicht beeinflusst auch der Anteil alternativer Antriebe den Flotten-CO2-Wert stark. Der Anteil europäischer Diesel-Zulassungen fiel 2017 auf 44 Prozent, der Benziner-Anteil stieg auf 50 Prozent. Elektrifizierte Antriebe erreichen nach wie vor lediglich einen Marktanteil von 4,5 Prozent – Norwegen eingerechnet.

Hier wollen und müssen alle Automobilkonzerne in den nächsten Monaten deutlich wachsen, um ihre CO2-Ziele zu erreichen. Die angekündigten neuen Modelle konnten aber die Statistik 2017 noch nicht beeinflussen.

Elektrifizierte Antriebe nach Marken: Nur Toyota prescht voraus Elektrifizierte Antriebe nach Marken: Nur Toyota prescht voraus Quelle: ICCT Daher gibt es bei den Stromern nur einen einzigen Ausreißer. Toyota verkauft mit einem Hybrid-Anteil von 51,6 Prozent mehr elektrifizierte als nicht elektrifizierte Antriebe. Alle anderen Hersteller bewegen sich zwischen 0 Prozent (Fiat) und 4,6 Prozent (Hyundai). Fiat erreicht allerdings einen hohen Anteil der in Italien gut nachgefragten Gas-Antriebe. Zudem ist Italien der einzige Markt mit stabiler Diesel-Nachfrage.

Die Autos werden größer

Die ICCT-Forscher sehen im Diesel-Rückgang nicht den Hauptgrund für erstmals steigende CO2-Emissionen aus Neuwagen. Dieser Effekt entstehe erst dadurch, dass gleichzeitig ein Trend zu größeren Fahrzeugen und zu SUV erkennbar sei. So sei der Anteil kleiner und mittlerer Diesel-Pkw am Gesamtmarkt mit 9 Prozent überdurchschnittlich stark geschrumpft. Ersetzt wurden sie in der europäischen Neuwagen-Flotte durch größere Fahrzeuge mit Benzinmotor – häufig SUV.

Es wird also für die meisten Hersteller eng beim Thema CO2-Ziele. Das liegt nicht nur an den Autokäufern, die verstärkt größere Fahrzeuge mit Benzinmotor nachfragen. Es liegt auch daran, dass elektrische Fahrzeuge nach wie vor in einer übersichtlichen Nische rollen. Dies wollen die Autohersteller 2019 und 2020 mit einer großen Modelloffensive ändern. Dann jedoch müssen die neuen Modelle sehr schnell in großen Stückzahlen gekauft werden, um den Flottenschnitt zu drücken.

Supercredits und Öko-Innovationen

Interessant wird, welche Auswirkungen dieser Umstand auf die Preise elektrifizierter Antriebe haben könnte. Die müssen wohl sinken, obwohl die Hersteller so genannte „Supercredits“ für E-Autos in Anspruch nehmen können. Autos, die nach Norm weniger als 50 g/km CO2 ausstoßen, zählen im Jahr 2020 doppelt und im Jahr 2021 1,67-fach. 2022 sinkt der Faktor auf 1,33.

Auch sogenannte „Okö-Innovationen“ können sich Hersteller auf ihren CO2-Flottenwert anrechnen lassen. Dies sind spritsparende Technologien, die sich nicht oder kaum im Messzyklus erfassen lassen. Dies geschieht bisher aber kaum. Die größten Abzüge erreichte bisher Daimler – mit gerade einmal 0,4 Gramm. Toyota, PSA, Renault, FCA, Ford, Hyundai und Volkswagen haben bisher keine Öko-Innovationen eingereicht. Genehmigt wurden von den EU-Stellen bisher 25 dieser Innovationen. Davon beziehen sich 10 auf effizientere Generatoren/Lichtmaschinen und 7 auf die Installation von stromsparendem LED-Licht.

 

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