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Gutachter und Versicherung berücksichtigen Altschaden nicht, was tun?

Zitat: @onzlaught schrieb am 17. Februar 2020 um 18:35:03 Uhr: Nur wie bringst Du jetzt mehreren Gutachtern, der Versicherung u.s.w. bei das alle Fachleute da einen Wirtschaftlichen Totalschaden übersehen? Ja, ich war naiv und hatte geglaubt, dass da FACHLEUTE sitzen. ;-) Die Dekra hat ggü dem ersten Gutachten der Gegenseite (welches die Dekra für die VERS geprüft hatte, "ohne Beanstandungen"😉 dann im 2ten Anlauf immerhin noch 5 neue Vorschäden aufgelistet (Haube verkratzt, Parkrempler/Kratzer hinten, Durchrostung, etc.), hat auch den unreparierten Altschaden an der Beifahrertür drin (unreparierter Altschaden: Beifahrertür vorne rechts eingedrückt und verschrammt, Schweller eingedrückt, Stoßleiste dort plastisch verformt). Die Dekra übersieht nur einen weiteren Schaden an der Stoßstange vorne rechts, gibt falsches HU-Datum an, verwirrt mit 790, statt 79€ Restwert, aber wesentlich bleibt, sie trennt m.E. den Neu- nicht vom Altschaden. In den anderen Threads lese ich hier immer, dass die VERS alles mögliche in Abzug bringen, aber der unreparierte Altschaden meines Gegners an der betroffenen Beifahrertür, der soll bei hier jedoch zu meinen Lasten durchgehen, das verstehe ich nicht, denn "kaputt ist kaputt". Ich werde die VERS fragen, was die aus dem Gutachten ableitet und als nächsten Schritt vorschlägt. Je nachdem werde ich einen Rechtsanwalt einschalten, das wollte ich vermeiden. Das hier füge ich an, damit es anderen Leuten in einer ähnlichen Situation vielleicht hilft: Ich habe gestern gelesen, dass das Verfahren dann vor Gericht um ZPO, §287 geht, da gibt es jede Menge Urteile zum "Dauerstreitpunkt Vorschäden". "Zivilprozessordnung - § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung (1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. ..." Vor Gericht geht es um die technische und rechnerische Trennbarkeit von unfallbedingten (Neu-)Schäden von tatsächlich oder nur potenziell unfallfremden (Alt-)Schäden. In der Trennbarkeitsfrage muss das Gericht sich sachverständig beraten lassen. Klageabweisung ist dagegen gerechtfertigt, wenn die Neuschäden einen noch vorhandenen (offenen) Vorschaden nicht mehr erhöhen können (z.B. Kotflügel hätte ohnehin ausgetauscht werden müssen); ebenso, wenn die Folgen der Neuschädigung selbst von einem Sachverständigen nicht mehr herausgerechnet werden können und auch die Feststellung eines Mindestschadens nicht möglich ist. Dazu gibt es etliche Urteile: LG Frankfurt am Main v. 17.07.2015: Es entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, dass bei einem erneuten Unfall in einem vorgeschädigten Bereich der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für den Umfang und die Reparatur des Schadens trägt. Erst wenn der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast für die fachgerechte Behebung eines (nicht unerheblichen) Vorschadens an seinem Fahrzeug nachkommt, kann er den bei dem streitgegenständlichen Unfall entstandenen Schaden fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnen. LG Kaiserslautern v. 30.10.2015: Ein Geschädigter, dessen Sache bereits einen Vorschaden erlitten hatte, kann nach dem Grundgedanken des Schadensersatzrechts gem. § 249Abs, 1 BGB, der in der oben zitierten Rechtsprechung Ausdruck findet, nur dann Ersatz verlangen, wenn er nachweist, dass dieser Schaden vollumfänglich behoben wurde. Etwas anderes muss jedoch für diejenigen Schäden an einer Sache gelten, die von dem Vorschadensereignis überhaupt nicht betroffen waren. Hierfür notwendig ist ein Vortrag des Geschädigten, der dem Gericht eine den Maßstäben des § 286 ZPO genügende Feststellung darüber erlaubt, welche streitgegenständlichen Schadenspositionen nicht von dem Vorschadensereignis berührt gewesen sein können. LG Kleve v. 04.12.2015: Ist ein unfallgeschädigtes Fahrzeug von (nicht unerheblichen) Vorschäden betroffen, die den geltend gemachten Schaden überlagern, muss der Kläger zur Begründung seines Ersatzbegehrens nicht nur den Umfang der Vorschäden im Einzelnen darlegen, sondern auch spezifiziert vortragen, welche Reparaturmaßnahmen in der Vergangenheit zur vollständigen und ordnungsgemäßen Beseitigung der Vorbeeinträchtigungen durchgeführt worden sind und ob eventuelle Reparaturmaßnahmen jeweils in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Instandsetzungsvorgaben standen. LG Dortmund v. 09.12.2015: Wurde an einem unfallgeschädigten Fahrzeug ein Vorschaden festgestellt und kommt der Eigentümer des Fahrzeugs seiner Darlegungslast zum Umfang des vormaligen Schadens nicht nach, scheiden Schadensersatzansprüche aus einem neuerlichen Unfallereignis wegen fehlender Nachweisbarkeit der tatsächlichen Schadenshöhe aus. OLG Hamm v. 08.04.2016: Zur schlüssigen Darlegung eines durch einen Unfall verursachten Fahrzeugschadens braucht es ggf. einer substantiierten Darlegung der behaupteten Reparatur eines massiven Vorschadens, der auch den durch den streitgegenständlichen Unfall betroffenen Fahrzeugbereich betrifft. OLG Celle v. 08.02.2017: Ist streitig, ob der Fahrzeugschaden durch einen Unfall entstanden ist oder wie hoch der Sachschaden zu beziffern ist, so kann das Gericht nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheidet. Jedoch muss der Geschädigte den Umfang des Schadens und dessen Reparatur belegen, da sich der Ersatzanspruch lediglich auf den Ersatz derjenigen Kosten erstreckt, die zur Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes erforderlich sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Februar 2006 - 1 U 148/05). Der Geschädigte muss eine geeignete Schätzgrundlage beibringen. Unzulässig ist eine Schätzung, wenn sie mangels greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte "völlig in der Luft hängen würde". Daher ist der Geschädigte eines Kfz-Unfalls verpflichtet, bezüglich der Kfz-Schäden die Vorschäden im Einzelnen, d. h. die konkret beschädigten Fahrzeugteile und die Art ihrer Beschädigung sowie die für die Beseitigung erforderlichen einzelnen Reparaturschritte und die tatsächlich vorgenommenen Reparaturarbeiten schlüssig darzulegen; selbst die Vorlage von Rechnungen genügt allein der Darlegungslast nicht (KG DAR 2013, 464). ----------- Ich denke, das war es dann für mich zu dem Thema. Danke,