Kurventechnik Nachhilfe

Schönen guten Abend zusammen,

da ich jetzt schon recht lange unzufrieden mit meiner Kurventechnik bin, wollte ich mir mal ein paar Meinungen bzw. Ratschläge einholen. Ich fahre (leider) schon ein paar Jahre Motorrad aber gerade die Anfangszeit bin ich fast ausschließlich alleine rumgeeiert. Für die Zeit die ich schon fahre müsste ich es eigentlich schon besser können. Das einzige Gute ist, dass ich sehr selbstkritisch bin und fast jede Kurve kurz reflektiere um es irgendwann dann mal besser machen zu können..

Das größte Problem habe ich eigentlich mit Linkskurven. Vorallem bei relativ engen 90° Kurven ohne Markierung.
Wie ich die Ideallinie fahren sollte weiß ich in der Theorie, aber die Praxis sieht leider anders aus. Es fängt damit an, dass ich nicht so ganz abschätzen kann wann ich den Lenkimpuls geben kann. Weil ich vom Kopf her irgendwie denke, dass ich in die Leitplanke ballern könnte, mache ich den Impuls dann meist zu früh und bin viel zu weit an der Mittellinie bzw. mit dem Oberkörper im Gegenverkehr. Gleichzeitig bekomme ich immer das Gefühl, dass ich ja nicht zu weit nach außen zum Fahrbandrand kommen darf, obwohl zwischen mir und dem Rand noch mega viel Platz ist. Durch diese "Ängste" habe ich Probleme den Fokus zu behalten. Mein Blick kontrolliert ständig den Abstand nach rechts, zur Mitte und zur Kurvenlinie. Dadurch ist meine Kurvenlinie total ruckelig weil ich nur am korrigieren bin. Ungefähr so, wie man in meiner professionell erstellten Grafik sehen kann 😉
Am Ende des Tages komme ich zwar irgendwie um die Kurve geschnabelt, aber viel zu langsam und zu unsicher.
Wie sollte meine Blickführung bei Linkskurven am besten sein, zum Kurvenausgang oder einige Meter vor das Motorrad? Habe beides schon gehört/gelesen. Habt ihr vielleicht Ratschläge wie ich das "trocken" üben kann und wie ich die "psychische" Blockade überwinde?

Dann hätte ich noch eine etwas allgemeinere Frage zum Lenkimpuls selber. Ich hab in der Fahrschule gelernt vor der Kurve an der entgegengesetzten Lenkerseite zu ziehen. Im Netz lese ich meist davon, dass die Leute das Drücken bevorzugen. Habe beides probiert und ich finde das Drücken etwas präziser und schneller ansprechend. Was macht ihr überwiegend?
Weiterhin würde mich interessieren, wie lange und wie stark ihr den Impuls gebt. Drückt ihr während der ganzen Zeit gleichbleibend (solange nicht korrigiert werden muss) oder nur einmal um die Schräglage einzuleiten?

Ich hoffe die Fragen sind einigermaßen verständlich. Bin für jeden Ratschlag dankbar! Fahrsicherheitstraining steht schon auf der Liste 😉

"Kurven"-linie
Beste Antwort im Thema

Ich sag jetzt mal: Weniger drüber nachdenken.

Den Eindruck hab ich die letzten Jahre schon öfter bekommen, dass Fahranfänger, die sich sehr viel Theorie reinziehen bzw. den Lenkimpuls "zu früh/zu detailliert" erklärt bekommen, sich beim Kurvenfahren dann zu sehr den Kopf zerbrechen.

Das ganze Brimborium, dass das Mopped vor der Kurve erstmal in die entgegengesetzte Richtung lenken muss usw... Völlig egal, dass verwirrt nur.
Was wichtig ist: Lenkimpuls(=drücken) links, Mopped kippt nach links. Lenkimpuls rechts, Mopped kippt nach rechts.
Fertig! Was da wie, wo, genau passiert ist unwichtig.

Ebenfalls unwichtig ist, was 10m vor Deinem Vorderrad los ist. Ausser vielleicht Du fährst gerade Stop'n'Go oder Schrittgeschwindigkeit.
Ansonsten immer so weit wie möglich nach vorne, bzw. zum Kurvenausgang schauen.

Und das nicht nur mit den Augen, man kann auch den Kopf drehen! Hab manchmal das Gefühl, dass Leute Genickstarre haben, oder ihr Motorrad während der Fahrt im Blick behalten müssen.

Du musst nicht schauen, wo das Motorrad hinfährt und dann entsprechend reagieren.
Wenn Du dort hinschaust, wo Du hin willst, dann fährt das Motorrad im Prinzip von alleine dorthin.

Der Lenkimpuls erfolgt irgendwann intuitiv.
Aber die Blickführung ist das A und O beim Motorrad fahren.
Das kann man sich auch ruhig immer mal wieder ins Gedächtnis rufen.
Nach dem Motto:"Guckst Du scheiße, fährst Du scheiße!"

Noch ein Tipp hierzu, wie man das gedanklich umsetzt:
Sag Dir lieber: "Ich MUSS nach vorne/in die Kurve schauen!" anstelle von "Ich darf nicht zur Leitplanke/zum Rand schauen!"
Bei letzterem machst Du dann nämlich unwillkürlich genau das, was Du eigentlich vermeiden willst.

DUFF021047~2.jpg
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Dann kommt die mentale Vorbereitung zum Sprung vor dem Einschlag. 😉

„Vorbereitung“ hört sich nach viel Zeit an.

Linkskurven sind recht einfach. Mit gemässigtem Tempo anrollen, nicht gross bremsen und schön in der Fahrspurmitte bleiben. Und ab dem Scheitelpunkt dann langsam wieder am Hahn ziehen. Hach, schön...

Aber manchmal muss man dem Idioten vor sich einfach zeigen was eine Harke ist. Dann geht die Linkskurve so:
Zielbremsung auf einen Punkt am rechten Fahrbahnrand vorm Kurveneingang, linke Arschbacke raus, recht lange aussen bleiben und wenn keiner kommt voll auf die Gegenspur und Vollgas...

😁😁

Aber das kennt ihr ja....

Wer's nötig hat.??

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Es geht, wenn danach keine Rechtskurve kommt.

Geht auch. Dann muss man allerdings recht lange schön weit links auf der Gegenspur verweilen, den linken Kurvenrand scharf anbremsen und dann voll rechts rüber....(Spass jetzt, soll keiner machen, am Ende bin ich Schuld!)

Man muss den Umlegepunkt perfekt erwischen und der zu Überholende darf nicht plötzlich Gas geben.

Zitat:

... Im Prinzip gehts beim Knie vorschieben darum das dadurch der Oberkörper in Richtung Kurveninnenseite wandert von daher machst so auch nix anderes. 😉

😉 Exakt!

Wollte eigentlich nicht mehr reinkrätschen, aber als ich als erster dazu was geschrieben hab, habe ich auch vom Anwinkeln des Armes geschrieben. Mach das mal ohne den Oberkörper in die Richtung zur Seite und nach vorn zu verschieben. Ansonsten habe ich hier meine Statements abgegeben und bin raus.

Aus den ganzen Beiträgen hab ich jetzt schon viele sehr hilfreiche Tipps rausfiltern können. Die von WorldEater zu Beginn beschriebene "erzwungene" Blickführung konnte ich sogar schonmal kurz antesten mit positiver Resonanz. Das Thema Blickführung hat natürlich auch fast jeder andere nochmal aufgeführt, deshalb werd ich da einfach extrem drauf achten. Komischerweise mache ich das bei Rechtskurven fast automatisch.
Zur Blickführung kommt mir da gerade noch eine Frage in den Sinn. Fixiert ihr die Blickführung am Kurveneingang direkt zum Kurvenausgang oder lasst ihr den Blick einmal durch die Kurve laufen um evtl. Dreck oder sonstige Hinternisse zu bemerken?

Die Kurven voll auszufahren und sich mit der Geschwindigkeit langsam zu steigern klingt eigentlich total logisch, aber irgendwie hatte ich das so konkret einfach nicht vor Augen. Wenn vor einer Kurve das 70er Schild stand, war das für mich irgendwie die mentale Aufforderung die Kurve gefälligst auch mit 70 zu fahren. Hat zwar auch immer funktioniert, aber selten sauber. Wenn dann hinter mir noch andere Motorräder am drängeln waren war es mit der Entspanntheit sowie vorbei. Werde ich ab sofort aber trotzdem so machen, dass ich mir ein paar Übungskurven suche und diese dann möglichst sauber und mit steigendem Speed absolviere.

Das allgemeine "Überdenken" schiebe ich einfach mal auf einen schweren Motorradunfall vor 2 Jahren. Der hatte zwar was mit einem Stopp-Schild und einem T5 zutun und nix mit Kurven, aber daher kommt vielleicht diese übermäßige Vorsicht.

Ich versuche einfach mal die genannten Techniken anzuwenden und berichte zwischenzeitlich mal von meinen Fortschritten. Vielleicht hilft das noch anderen stillen Mitlesern.

Vorsicht bei der maximal erlaubten Geschwindigkeit. Es gibt durchaus Kurvenstrecken ohne explizite Begrenzung. In Deutschland darf man also mit 100 da durch.

Es können aber durchaus Kurven dabei sein, die eigentlich nur wesentlich langsamer gefahren werden können. Das kommt öfters auf kleineren und mittleren Landstrassen vor.

Selbst Begrenzungen können für Anfänger sehr optimistisch sein.

Als selbst noch sehr unerfahrener Fahrer, juckt mich die Höchstgeschwindigkeit nicht. Ich fahre hier einige Strecken, die würde ich mit meinen derzeitigen Fähigkeiten nie mit 100 schaffen auch wenn's erlaubt ist.

Wenn andere hinter mir sind, müssen sie das aushalten. Ich mache gern Platz bei der ersten Gelegenheit, aber ich lasse mich nicht hetzen.

Das nimm dir unbedingt zu Herzen. Konzentriere dich auf dich und die Straße. 😉

Zitat:

@701SM schrieb am 22. September 2020 um 22:31:02 Uhr:


.
Zur Blickführung kommt mir da gerade noch eine Frage in den Sinn. Fixiert ihr die Blickführung am Kurveneingang direkt zum Kurvenausgang oder lasst ihr den Blick einmal durch die Kurve laufen um evtl. Dreck oder sonstige Hinternisse zu bemerken?

Idealerweise solltest Du den Focus auf den Kurvenausgang halten und dabei die periphäre Sicht nutzen, d.h.
dich keinesfalls auf irgendwelche Hindernisse oder Dreck konzentrieren oder den Fokus darauf zu legen, diese aber trotzdem am Rande bemerken und deine Fahrweise darauf abstimmen. Soll heissen deine Bildmitte ist der Kurvenausgang, aber Du nimmst den Strassenzustand trotzdem wahr ohne jemals den Blick darauf zu richten. Das ist wichtig. "Nie" den Blick auf Hindernisse richten, sondern darauf wo Du hin willst.

*nur um auch mal etwas Sinnvolles zu schreiben...

Zitat:

@TDIBIKER schrieb am 23. September 2020 um 11:02:51 Uhr:



Zitat:

@701SM schrieb am 22. September 2020 um 22:31:02 Uhr:


.
Zur Blickführung kommt mir da gerade noch eine Frage in den Sinn. Fixiert ihr die Blickführung am Kurveneingang direkt zum Kurvenausgang oder lasst ihr den Blick einmal durch die Kurve laufen um evtl. Dreck oder sonstige Hinternisse zu bemerken?

Idealerweise solltest Du den Focus auf den Kurvenausgang halten und dabei die periphäre Sicht nutzen, d.h.
dich keinesfalls auf irgendwelche Hindernisse oder Dreck konzentrieren oder den Fokus darauf zu legen, diese aber trotzdem am Rande bemerken und deine Fahrweise darauf abstimmen. Soll heissen deine Bildmitte ist der Kurvenausgang, aber Du nimmst den Strassenzustand trotzdem wahr ohne jemals den Blick darauf zu richten. Das ist wichtig. "Nie" den Blick auf Hindernisse richten, sondern darauf wo Du hin willst.

*nur um auch mal etwas Sinnvolles zu schreiben...

Das ist der beste Tip, den mir mein Vater ganz am Anfang gegeben hat.
Lässt sich auch 1:1 aufs Autofahren übertragen, schon gehen die Kurven viel sauberer.

Rennfahrer machen es ja nicht anders - der Blick geht immer weit durch die Kurve durch, da wo er hin will.

Dazu gibt es sogar Untersuchungen mit Geräten, die die Augenbewegungen aufzeichnen können.

Getestet wurden "Piloten" mit unterschiedlichem Fahrkönnen. Bei den erfahrenen Teilnehmern war der Blick im Schnitt deutlich weiter in die Kurve gerichtet und wechselte auch nicht so "hektisch" zwischen verschiedenen Punkte hin und her. Sie beschränkten sich im wesentlichen auch auf die weitest gelegenen Sichtpunkte am linken und rechten Kurvenrand und auf evt. Aufflälligkeiten, die auftauchten.

https://youtu.be/zjkUUMZnTnU

Das ist ein sehr passendes Video zum thema Blickführung.

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