Helsinki macht es vor...
Hier
https://www.n-tv.de/.../...r-und-Fussgaenger-Null-article21582694.html
mal eine erfreuliche Meldung aus Finnland.
Zufällig war ich Anfang des Monats in Helsinki und spontan (obwohl ich die Statistik da noch nicht kannte) begeistert von der lässigen Entspanntheit in der finnischen Hauptstadt. Ich hatte nicht zu hoffen gewagt so ein cooles Flair (obwohl es mit minus 5 Grad für Finnland mild war 😉) in einer europäischen Hauptstadt an einem Freitag (7.2.) zu erleben. Wirklich Klasse...
In Deutschland herrscht in jeder Großstadt die nur halb so groß ist wie Helsinki garantiert 10 x soviel Stress, Hektik und Staus. Klar nur 5,5 Mio. Einwohner auf der Fläche Deutschlands sind im Vergleich zu über 80 Mio. ein gewaltiger Unterschied. Aber Helsinki ist mit über 600.000 Einwohner trotzdem auch eine nach deutschen Maßstäben mittlere Großstadt wie Dortmund, Düsseldorf oder Dresden. Pendler aus dem Umland wird es dort auch geben. Von der hier üblichen Hektik dort aber keine Spur. Fand ich beeindruckend und eine tolle Erfahrung...
Auch sonst alles sehr adrett: Graffiti-Schmierereien gegen Null, viele relativ neue Großwohnanlagen an der östlichen Stadtgrenze aber trotzdem alles sehr ordentlich und aufgeräumt, kein Müll an den Straßen obwohl Filialen mit dem großen gelben M natürlich auch vorhanden waren. Vom Hafen im Stadtteil Vuosaari bis in die City waren es ca. zwanzig Kilometer vorbei an diversen Industriegebieten und eben neuen großen Wohnanlagen. Da fiel der Unterschied was den optischen Zustand betrifft zu entsprechenden Gegenden hierzulande sofort positiv auf.
Die Skandinavier haben es einfach drauf: Beste Bildung, top IT-vernetzt, offenbar ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein und ein anscheinend lockeres entspanntes Miteinander...
Vielleicht ist es hier in Mitteleuropa doch einfach viel zu eng?!
Beste Antwort im Thema
Guten morgen,
ob es den hiesigen Gepflogenheiten entspricht, als neuer Forenteilnehmer gleich hier voll mit einzusteigen, weiß ich nicht. Ich mache es mal und freue mich auf Eure Reaktionen.
Der Hauptunterschied zwischen Finnland und Skandinavien zu Deutschland ist, dass man dort angstfrei leben kann.
Die in D grassierende Angst um den Job und die platzende Hausfinanzierung bei Jobverlust kennt man dort so gut wie nicht.
Man geht im Berufsleben viel, viel fairer miteinander um. Meist arbeiten auch Eltern kleinerer Kinder beide. Und beide verdienen gut, auch in Teilzeit. Junge Mütter mit Führungsposition in Teilzeit sind absolut nicht selten anzutreffen.
Ein Jobverlust ist somit nicht nach 3 Monaten der wirtschaftliche Supergau für die ganze Familie inklusive lebenslanges Stigma.
Des Weiteren sind die Gesellschaften da oben sehr homogen. Man teilt die Kultur, ist sich einig. Das schafft Frieden.
Finnland ist zudem insgesamt ein gesundes Pflaster, da man von jedem Punkt in den Städten aus binnen 30 Minuten in der Natur ist. Die Menschen sind viel draußen und schaffen durch Wandern, Fischen, Segeln einen Ausgleich.
Kein Vergleich zu dem menschenunwürdigen Leben im Ruhrgebiet, Südniedersachsen oder Rhein-Main-Gebiet, wo die Menschen in ihren betonkisten sitzen und zu jeden Schulferien umgehend die Autobahnen zuparken, auf der Suche nach einem besseren Leben in südlichen Urlaubsländern für 6 Wochen im Jahr (von 52!).
Das Interessante dabei ist, dass der Mindset der Nordics sich nicht so sehr von dem der Deutschen unterscheidet. Wir könnten dorthin kommen, wenn wir die nötigen gesellschaftlichen Veränderungen einleiten wollten.
In einigen Ecken Deutschlands funktioniert das ja auch. Man blicke an die Nord- und Ostseeküsten sowie in die ländlichen Regionen Bayerns.
Auch München war bis vor 20 Jahren ähnlich entspannt. Bis die Immobilienpreise explodierten und nur noch einheitliche Ingenieurs-Karriereristen zu BMW zuwanderten.
Einhergehend mit den wirtschaftlichen Nöten, die ein Reihenhaus für 1 Mio. Eur und der BMW SUV so mit sich bringen geht es in Deutschland zur Zeit sehr viel um Abgrenzung nach unten durch Statussymbole.
Dafür arbeitet man sich halbtot.
Entweder hat man keinen Job oder muss 150% geben.
Dabei alimentieren 30% der Bevölkerung mit wertschöpfendem Job die anderen 70%.
Klar dass das nicht gesund ist und v.a. Vertreter der 30% das Leben im Norden als angenehm empfinden.
Ich bin auch gerne da oben, arbeite dort auch viel. Sehr angenehm.
Die beiden wichtigsten Punkte die in D angepackt werden müssten, um entspannter und somit besser leben zu können, sind eine Humanisierung der Arbeitswelt hin zu einer für alle Beteiligten vernünftigen Work-Life-Balance und die massive Verringerung der staatlichen Transferleistungen.
Das anzupacken traut sich jedoch niemand.
Grüße,
ZK
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Man muss auch sagen, dass man in Helsinki konsequent Vision zero verfolgt hat. Übrigens auch mit Maßnahmen, die in Deutschland (speziell auch hier, im Forum) für große Empörung und riesige Diskussionen sorgen würden, etwa Tempo 30 fast in der ganzen Stadt (40 auf Hauptstrassen).
https://www.watson.ch/.../...e-schweiz-verkehrstote-verhindern-koennte
Zitat:
etwa Tempo 30 fast in der ganzen Stadt (40 auf Hauptstrassen).
Das ist ja Quatsch. Sooo wichtig ist Vision zero ja bei uns nun auch nicht 😁
Wenn man sich etwas mehr mit Finnland beschäftigt findet man schnell noch mehr Interessantes:
https://www.welt.de/.../...spricht-ueber-viertaegige-Arbeitswoche.html
Auch das Alter der Regierungschefin ist bemerkenswert wie ich finde... wäre hier ja undenkbar...
https://www.spiegel.de/.../...t-a-00000000-0002-0001-0000-000169470940
Zitat:
@BeeKlasse schrieb am 19. Februar 2020 um 00:47:23 Uhr:
Dafür, dass hier Deutschland groß und Finnland kleingeredet wird, ist man ganz schön faktenlos unterwegs, denn es lohnt schon ein genauerer Blick, warum die so entspannt sind. Und tatsächlich ist sehr vieles mit einer gleich großen deutschen Stadt vergleichbar.Finnland und seine Menschen haben ganz andere Ziele als Deutschland. Während hier der Kommerz und das "Ich" bereits beim kleinsten Malocher im Kopf etabliert ist, sind alle Nordländer schon ein wenig mehr dem Gemeinwohl verpflichtet und lassen es sich, und anderen, gut gehen.
https://www.spiegel.de/.../...-weniger-verkehr-fotostrecke-168294.html
Mag ja alles sein und will ich auch nicht abstreiten, nur ist die Bevölkerungsdichte bei uns doch wesentlich und erheblich höher. Dementsprechend auch der Verkehr und natürlich auch der Stresslevel. Wobei mich stresst es selten.
Zitat:
nur ist die Bevölkerungsdichte bei uns doch wesentlich und erheblich höher.
Nein. Die Bevölkerungsdichte einer 630.000 Einwohner-Stadt zählt hier gerade und nicht die der Länder.
Ich kann auch nicht die Bevölkerungsdichte des Westerwalds mit der um Frankfurt herum vergleichen, nur weil beide in Deutschland sind.
Ich nehme ein finnische Stadt wie Helsinki (630.000 Einwohner) und nehme was deutsches wie Stuttgart (635.000 Einwohner).
Und jetzt? Wer war schon in beiden Städten? Welche würde gewinnen in Sachen Verkehrscharme? Was sagen die Radler über beide Städte und was die Aut-ler? 🙂
@BeeKlasse
Interessanter und richtiger Vergleich
Helsinki: 3.033 Einwohner / qKm
Stuttgart: 3.062 Einwohner / qKm
Ich war noch nicht in Stuttgart, nach der Logik von krebsandi müssten die Stuttgarter bei ähnlicher Bevölkerungsdichte ja genauso entspannt sein wie in Helsinki.😰
Jemand aus Stuttgart unter uns?
Zitat:
@gretahatrecht schrieb am 19. Februar 2020 um 16:17:18 Uhr:
@BeeKlasse
Interessanter und richtiger Vergleich
Helsinki: 3.033 Einwohner / qKm
Stuttgart: 3.062 Einwohner / qKm
Ich war noch nicht in Stuttgart, nach der Logik von krebsandi müssten die Stuttgarter bei ähnlicher Bevölkerungsdichte ja genauso entspannt sein wie in Helsinki.😰
Jemand aus Stuttgart unter uns?
Nein, ich muss aber regelmäßig nach Stuttgart.
Und nein: sie sind es nicht...
Man muss nur lange genug unterwegs sein, um Probleme bei Städten wie Stuttgart in einem Talkessel zu erkennen, Nizza wäre ebenso ein Beispiel, wie alle Städte an der Cote d´Azur zwischen Bergen und Meer gepfercht. Und auf der anderen Seite Städte auf dem platten Land, am besten noch als Residenzstadt wie Berlin geplant. Da kann man gut fahren.
In Berlin kann man als Autofahrer noch "gut fahren". Als Radfahrer kann man schnell in die Grube fahren, daher auch dort der erbitterte Kampf Radler - Auto!
Fahrräder haben im Straßenverkehr auch nichts zu suchen.
Die gehören an einen Kanal oder ins Fitnessstudio
Ich hatte mal einen Mitarbeiter, der wog ca. 130 kg, hatte neben seinem kleinen Golf auch noch noch eine Riesen Yamaha mit 1200 cm³. Das war so ein fahrender Sessel, ein 300 Kilo-Teil.
Als ich ihn fragte, wie er denn so mit dem Monster durch unsere Großstadt käme, sagte er im Brustton der Überzeugung:
"Wenn de Verkeeehr rolle soll, gehörn die Fussgänger unner die Erd'!
Ich schaute ihn etwas entsetzt an und er schob nach: "Ei, mit Fussgänger-Unnerführunge halt, iss doch klar!"
Zitat:
@Nuwandax schrieb am 19. Februar 2020 um 19:03:07 Uhr:
Selten so einen Blödsinn gelesen.
Was oder wen du meinst, das fehlt jetzt etwas, um einen Bezug herzustellen!
Ah, vielen dank für die Info! Dann kann ich jetzt auch die Wertigkeit deiner Aussage "Selten so einen Blödsinn gelesen." korrekt einschätzen! 🙂