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Angststreifengetrommel...

..schon merkwürdig. Alles zieht einander damit auf aber selbst nach gelegentlichen Fragen tauchen nie irgendwelche Referenzfotos auf.

Beste Antwort im Thema

Meinen Angststreifen bekommt ihr nicht zu sehen... ich lad doch hier keine Bilder von meiner Unnerbux hoch... :D

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Bei mir hat der Angststreifen im wahrsten Sinne des Worte etwas mit Angst zu tun.
Sonderbarerweise, ich kann es mir nicht erklären und deswegen schreibe ich das hier, ist das bei mir irgendwie Phasensweise. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich mit dem Motorrad fahren angefangen habe, da habe ich nach rund 30.000km Fahrerfahrung und Unzufriedenheit mit meinen Fortschritten, einmal beim ADAC Trainings gemacht und bei einem Perfektionstraining wurde Schräglagentraining dann ein wesentlicher Punkt.
Wer keine Ahnung hat und mit geradem Kopf in Kurven fährt, Reifen nicht vertraut und mit verkrampften Händen und Ärmen in der Kurve kauert, dreht konsequenterweise ab einer gewissen Schräglage irgendwann durch. In dem Training wurden wir dann in den Kreisel geschickt und dazu angehalten, die Schräglage immer weiter zu steigern. Da habe ich das erste mal meinen Hinterreifen komplett auf Kante gefahren. Und zwar mit einem Metzeler Lasertec!! Das war damals schon eine gewisse Offenbarung für mich. Dass das überhaupt geht, ohne dass man dabei abfliegt. Auch musste ich so selbstverständliche Dinge, wie die Kopfhaltung in den Kurven, erst beigebracht bekommen. Nebenbei sind wir in Schräglage über ein loses Brett gefahren, dass dies ohne Sturz überhaupt möglich ist, habe ich bis zu diesem Zeitpunkt für völlig unmöglich gehalten.
Etwas später kam dann das Buch von Bernt Spiegel dazu, das mir mit seiner Theorie und seinen Übungen auch sehr geholfen hat, die Zusammenhänge genauer zu verstehen und zu verinnerlichen. Stichwort Kammscher Kreis. Es folgten dann moderndere Motorräder mit besseren Fahrwerken, die waren, was Schräglage angeht, geradezu eine Offenbarung gegenüber den 80er Jahre Modellen davor. Von den jeweiligen Offenbarungen was Reifen anging - Radial zu Diagonal, ganz zu schweigen.
Einige Fahrtrainings später hatte ich dann überhaupt keine Bedenken mehr dort jeweils aufs Ganze zu gehen. Mit Auslegern bin ich auf Nässe Schräglagen gefahren, die Maximal waren.
Aber auf der Straße bekomme ich das einfach nicht nachhaltig reproduziert. Egal, wie sehr ich mich auch bemühe. Den Metzeler Elefanten habe ich auf der Straße nie mehr als zur Hälfte komplett abfahren können und bei meinen Conti RA3 sind fast jedesmal fünf Millimeter Angststreifen vorhanden.
Der Grund ist, dass ich es einfach nicht schaffe, ausreichend Vertrauen zu den öffentlichen Straßen aufzubauen, zumindest nicht insoweit, endlich den "Angstrand" wegzubekomen. Egal, wo ich lang fahre, ich glaube immer irgendwelche Unperfektheiten im Belag zu erkennen. Seien es Stellen, die dunkler sind, bei denen ich mir nicht sicher bin, warum diese dunkler sind (War da mal Öl? Wurde da Bitumen ausgewaschen?) Oder seien es Stellen, bei denen ich glaube zu erkennen, dass da irgendwas "liegt" Ist da Split vom Feldweg? Liegt da Sand?
Meistens gibt es für mich immer irgendeine Begründung, langsamer zu machen, als ich es eigentlich wollen würde.
Allerdings habe ich dann Phasen, das ist meistens im Hochsommer, da schaffe ich es dann doch, nach langer Anlaufzeit, dem Wunsch, die Fußrasten schleifen zu lassen, gerecht zu werden. Das sind dann Fahrten, die mich gerade zu aufgeilen. Das ist, ist man erst mal im "Flow" und hat man das Vertrauen in die Gesamtbedingungen (Straße, Reifen, Temperatur), einfach n ur traumhaft. Am Ende der Fahrt ein wunderschön rundherum genutzter Reifen mit Popeln dran und Endorphine im Kopf. Selbst Fliegen wäre dann nicht mehr schöner. Fahren in einem einzigen Flow an der Grenze.
Bis es mir dann wieder "passiert". Und damit meine ich nicht die beschriebenen Strecken, sondern völlig belangloser Mist. Beispiel letztes Jahr: Auf regennasser Fahrbahn beschleunige ich raus und bei 150 Km/h bricht mir das Heck leicht aus. Könnte man jetzt sagen: Du Depp, fahr bei Regen halt gesitteter. Oder dieses Jahr: Baustelle unweit meines Hauses, auf den neuen Asphalt Sand gestreut (warum auch immer) und beim drüber fahren mit 20 km/h bricht mir das Heck leicht aus. Könnte man sagen: ja, Baustelle halt, mach das nächste mal langsamer.
Ich bekomme danach aber auf sehr lange Zeit überhaupt nichts mehr hin. Ich sehe auf Monate vor lauter Angst nur noch Öl, Split, Bitumen und Sonstwas herumliegen, auch wenn da nichts ist. Ich fahre danach zwar immer noch zügig, aber von irgendwelchen "Flows" oder unbeschwertem, sattem, tiefen in Kurve legen bin ich dann weit entfernt. Ich fühle mich dann zurückversetzt in meine Anfängerzeiten.
Es gibt da eine Strecke, die rund ein Kilometer lang ist auf meiner Hausstrecke, da hat Anfang des Jahres jemand Öl verloren. Inzwischen ist der Bereich zig mal vom Regen überspült worden, aber man kann es immer noch erkennen. Inzwischen hat sich die Farbe von Anfangs Schwarz in Rotbraun verwandelt und sich ausgewaschen. Da ist ganz sicher keine Gefahr mehr. Aber jedesmal wenn ich da lang fahre bekomme ich geradezu Angstattacken.
Nach einem kleinen Ereignis verliere ich regelmäßig jegliches Vertrauen in das ganze Konzept des Motorradfahrens. Und das ärgert mich. Es widerspricht allen meinen Erfahrungen, Kenntnissen und Fortschritten. Ich weiß nicht, wie ich dem begegnen soll. Im Moment habe ich wieder so eine Phase. Es lag Sand und das Popometer meldete sich. Anstatt zu sagen: Gut, das Popometer arbeitet, du hattest es unter Kontrolle, alles ist gut, traue ich mich wieder mal überhaupt nix mehr vor lauter diffuser Angst, dass mir das bei höheren Geschwindigkeiten passiert und ich eledigig an Straßenbaken zerschelle.

Dem ist nichts hinzuzufügen
100 Punkte
Respekt und ein bisschen Vorsicht sorgen für ein langes Leben und unterstützen die goldene Regel beim Moped fahren.

Ach ja goldene Regel:
Erst anhalten dann absteigen,

Auf die Reihenfolge kommt es an dann darf auch ein Streifen am Reifen bleiben

In diesem Sinne gute Fahrt durch den Rest der Saison

Das hast Du aber schön gesagt...mir ging es mein ganzes Leben lang genauso, nur ohne diese Fahrerlehrgänge.
Man wird immer fixer, immer besser im "Flow" bis man sich wieder erdet...und dann geht es wieder von vorne los.
Hübsch langsam und vorsichtig. Ach egal - ein bisschen mehr geht noch...ui, wie das swingt. Wegrutscher egal - steht man drüber. Aufsetzer sowieso. Steh' ich drüber! King of the Road... Und auf einmal denkt man an was anderes - fängt an zu träumen...passt nicht auf und....

Ganz ehrlich. Ich schaue mir Vidoes vom Nürburgring an. Motorradfaher rutschen und fliegen ab und selbst nach zehn mal Zeitlupe kann ich nicht feststellen, was die Fahrer falsch gemacht haben. Dann schaue ich mir Vidoes vom mulholland drive an und Motorradfaher rutschen und fliegen ab und selbst nach zehn mal Zeitlupe kann ich nicht feststellen, was die Fahrer falsch gemacht haben. Das hinterlässt Eindruck.
Dann lese ich den Thread "habt ihr eure Schutzkleidung schon mal gebraucht" und ich lese von Fahrern, die in zweisteligen Zahlen schon mal abgeflogen sind. Auch das hinterlässt Eindruck. Und dann denke ich zurück an meinen ersten und einzigen Motorradunfall vor zwanzig Jahren. Ich weiß bis heute nicht, warum ich einen Lowsider gemacht habe. Vielleicht waren es die billigen Reifen von Hyosung. Vielleicht lag etwas. Vielleich war ich zu schnell. Vieleicht war es glatt. Alles, was ich weiß ist, dass die Maschine damals fast ein Jahr beim Händler stand, die Reperaturkosten konnte ich damals nur in Tranchen bezahlen. Und ich erinnere mich an eine Jeans, die mit der Haut geradezu verschmolzen war. Auch das hinterlässt Eindruck. Dennoch ärgere ich mich über meine Ängste.
Der Ehrlichkeit halber muss ich den Vorfall auf Nässe korrigieren. Das war nicht nur ein leichter Traktionsverlust. Da ist mein Heck völlig ausgebrochen und ich hatte pures Glück, nicht gestürzt zu sein. Ursache war: Ich fuhr mit einem Mercedes Geländewagen geichzeitig auf die Autobahn ein. Der Mercedes hat voll durchbeschleunigt und ich wollte beweisen, dass ich den Längeren habe.

Zitat:

@Natriumdampflampe schrieb am 4. September 2018 um 23:05:57 Uhr:



Der Grund ist, dass ich es einfach nicht schaffe, ausreichend Vertrauen zu den öffentlichen Straßen aufzubauen, zumindest nicht insoweit, endlich den "Angstrand" wegzubekommen.

Ein gewisses Grundvertrauen in den Grip der Straße ist ein Muss, sonst passiert dir das von dir weiter beschriebene, daß du permanent Paranoiaanfälle hast. Und dann muss man sich die Frage stellen, ob Motorradfahren an sich noch Sinn/Spaß macht.

Der Witz an der Sache ist aber, daß der Versuch auf der Landstraße ans Limit zu fahren sehr schnell ins Auge gehen kann.

Ich fahr mittlerweile meine Kurven blind, muss nicht mehr über die Linie nachdenken, sitz absolut relaxt auf der Karre (außer ich muss mich gegen auftretende G-Kräfte stemmen), Blickführung passt und die Arschbacken sind entspannt. Bei 99% der Kurven denk ich mir, daß da noch was gegangen wäre. Aber ich lass mir absichtlich diesen Spielraum.

Kommt man nämlich mal auf der letzten Rille daher und es liegt etwas Dreck auf der Straße oder man hat sich um ein "Mü" verschätzt, landet man mit dem Vorderrad neben der Straße oder der Kammsche Kreis schläg unbarmherzig zu und man macht einen Lowsider, der zwar primär erstmal nicht besonders weh tut, da man aber u.U. in den Gegenverkehr/Leitplanke/Baum/Randstein rutscht, doch übel ausgehen kann.

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