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tom-ohv

Tue Mar 23 11:30:18 CET 2010    |    tom-ohv    |    Kommentare (11)

Wie würdet Ihr entscheiden?

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Heute ist der 88-jährige Heinrich Boere in Aachen zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden.

Er hat anders als manch anderer zugegeben, als Mitglied eines Spezialkommandos 1944 drei Menschen erschossen zu haben.

Er berief sich dabei auf Befehlsnotstand.

 

Die Nachkommen der Opfer traten zum Teil als Nebenkläger auf.

 

Da hier im Forum die zweite, dritte und zum Teil auch vierte Generation der Kriegsteilnehmer aktiv ist, würde mich Eure Meinung dazu interessieren.

 

Vor allem weil dieses Thema ja seit über 60 Jahren immer wieder mal hochkommt. Selbst im aktuellen Streit über mögliche/notwendige Finanzhilfen für Griechenland wurde das wieder einmal thematisiert.

 

Gleichzeitig gibt es vielleicht auch hier selbst Betroffene in Form von Vorfahren, die in diesem Krieg aktiv waren.

Also bei mir ist das so.

Mein Vater, ein Großvater und diverse Onkel von mir waren Soldat im Krieg und mindestens einer davon auch in einem Spezialkommando zur Partisanenbekämpfung im ehemaligen Jugoslawien.

Über diese Zeit wurde jedoch nie gesprochen und der betreffende Verwandte ist schon lange tot.

 

 

Also, Feuer frei. :cool:;)

 

 

PS. Bevor irgendeiner auf komische Gedanken kommt. Ich leugne den Holocaust nicht und die Menschen die dort Dienst taten verdienen weit mehr als nur Gefängnis.

Deswegen gibt es trotzdem Nachkommen von denen die ihren Vater oder Großvater trotzdem irgendwie lieb hatten.

Oder anders, die Gnade der späten Geburt ist mir wohl bewusst und ich bin froh, nicht richten zu müssen!


Tue Mar 23 16:38:19 CET 2010    |    Drahkke

Man muß in diesem Fall klar sehen, daß die abgeurteilten Taten auch unter dem Kriegsvölkerrecht strafbare Handlungen darstellten. Mit welcher Rechtfertigung sollte sich also der Täter seiner Strafe entziehen können?

 

Daß er sich in diesem Fall auf einen Befehlsnotstand beruft, beweist doch nur, daß er zugibt, damals kein Rückrat gehabt zu haben. Dann sollte er zumindest jetzt zu seinen Taten stehen.

Tue Mar 23 18:31:53 CET 2010    |    Antriebswelle135730

Da gab es "schlimmere" Verbrecher damals (ohne seine taten relativieren zu wollen). Und eine gänzliche Aufbereitung aller Taten / Bestrafung aller Täter wird nicht passieren, solange der Fokus ausschließlich auf Verbrechen der Achsenmächte liegt. Zudem: Besteht Wiederholungsgefahr? Ist der Täter resozialisiert? Muss "Im Namen des Volkes" die Gesellschaft vor diesem Täter geschützt werden? Welchen Sinn hat diese Bestrafung, wenn es nicht "Rache"ist?

 

Von daher: Ein Humbug, der unsere Justiz (meine Kosten als Steuerzahler!) belastet, ohne Wirkung der Bestrafung (Sollte doch Ziel sein?) - die sollte sich lieber auf aktuelle Problemfälle konzentrieren.

 

Edit: Was ich ausdrücken möchte: Die Aufbereitung und Verurteilung der damaligen Taten sollte eher durch Wissenschaftler erfolgen statt der durch die Justiz, da letzten Endes die Geschichtswissenschaft eher hilft, daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Tue Mar 23 18:58:56 CET 2010    |    Drahkke

Hier stellt sich in der Tat die Frage, warum die Ermittlungen nicht früher eingesetzt und zu einem Prozeß geführt haben. Zumal es dazu schon einen Prozeß in den Niederlanden vor einigen Jahrzehnten gab und der Täter sich nach der Verurteilung durch Flucht seiner Strafe entzogen hat.

Tue Mar 23 20:29:22 CET 2010    |    Schoeneberg30

So ein Schwachsinn, die einfachen Soldaten, ob Wehrmacht, SS, Luftwaffe oder Kriegsmarine haben alle nur Befehle befolgt und es war Krieg, töten oder getötet werden. Die obersten Befehlshaber wurden verknackt und das reicht auch. Der ist sowieso in spätestens 2 Jahren tot. Ich hätte damals sicher nicht anders gehandelt als Soldat.

Tue Mar 23 21:17:10 CET 2010    |    Drahkke

Hier muß man unterscheiden zwischen dem Töten bei Kampfhandlungen (durch das Kriegsvölkerrecht abgesegnet) und der Begehung von Kriegsverbrechen (gemäß dem Kriegsvölkerrecht verboten). Im vorliegenden Fall geht es um Letzteres.

 

Sinn der Bestrafung ist in diesem Fall übrigens nicht Rache, sondern Sühne.

Tue Mar 23 21:36:35 CET 2010    |    tom-ohv

Ich weiß nicht, ob das nicht zu einfach ist?

Hätte man das wirklich so gemacht? Also ich bin froh das ich diese Entscheidung nicht treffen musste.

 

Wobei es ja Unterschiede gab. Also Wehrmachtssoldaten die einfach nur im Krieg waren und Angehörige von Sonder- oder Spezialeinheiten. Aber auch von denen kam eine gewisse Zahl irgendwann Anfang/Mitte der 50-iger Jahre wieder nach Hause und war auf einmal wieder der liebevolle Vater und Mann und irgendwann der gütige Opa.

Über die Erlebnisse (Taten?) wurde meistens nicht gesprochen und es durfte auch nicht gefragt werden.

Zumindest bei uns war das so.

 

Nur gewußt haben es alle was wo mit wem passiert!

Tue Mar 23 21:49:03 CET 2010    |    Drahkke

Du meinst, die Täter konnten sich nur deshalb so lange einer Strafverfolgung entziehen, weil sie von ihrem sozialen Umfeld gedeckt wurden?

Tue Mar 23 22:07:47 CET 2010    |    tom-ohv

Das zum einen und zum anderen wurden doch sehenden Auges überall, und auf beiden Seiten der Mauer, die alten Kameraden wieder eingesetzt.

Von ganz oben bis ganz unten. Die Biographie von Reinhard Gehlen zeigt sehr anschaulich, wie das ging. Vom Wehrmachtsgeneral zum 1. Präsidenten des BND.

Oder auch der Ex-Leutnant Gustav Just auf der anderen Seite der Mauer.

Tue Mar 23 22:25:01 CET 2010    |    Drahkke

Ja, da ist wirklich 'ne Menge schiefgelaufen bei der Aufarbeitung der deutschen Geschichte bis 1945.

 

Da sollte man dann eigentlich froh sein, daß man das Ganz nun über 60 Jahre später endlich in den Griff bekommt.

Wed Mar 24 10:01:49 CET 2010    |    tom-ohv

Ob man das so betiteln kann, wenn man einen jetzt 88-jährigen wegsperrt wage ich mal zu bezweifeln. Das hätte bis 1950 viel mehr Sinn gemacht. Auch für die Familien der Opfer.

Die andere und auch nicht unwichtige Frage ist, wo zieht man die Grenze?

Wer ist mehr schuldig, der der sicher 3-mal abgedrückt hat oder derjenige, der maßgeblich an der Planung der Operation Barbarossa (Feldzug Hitlers gegen Russland) beteiligt war?

Die letztere Aktion hat alleine auf russischer Seite rund 21 Mio. Tote gekostet. Darunter ca. 6 Mio. Zivilisten.

Wed Mar 24 10:28:42 CET 2010    |    Drahkke

Die Grenzen werden durch die Artikel des von allen Nationen anerkannten Kriegsvölkerrechtes klar vorgegeben.

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