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Thu Mar 14 11:33:36 CET 2019    |    Tobner    |    Kommentare (21)

Sensationelle Schnapsidee, die der Tobner da wieder hatte... bauste mal nen Anhänger.

Warum denn das? Noch nicht genug Projekte? Die Antwort ist einfach: Psychische Selbstkasteiung.

Nein, Spaß beseite. Ich wollte meinem Hobby genreübergreifend frönen. Ich fahre gern Motorrad und ich unternehme auch gern Touren mit dem Pappmann, warum das nicht verbinden? Die Idee kam mir, als ich letztes Jahr einige Motorradtouren plante und feststellen musste, dass die Startpunkte der Touren immer weiter weg rücken, weil man das heimische Gefilde schon desöfteren abgefahren hatte. Man will ja auch mal den Harz abfahren, die sächsische Schweiz/Elbsandsteingebirge/Kiffhäuser oder bayrischer Wald. Wie geil wäre es, wenn ich stilecht das Motorrad an den Trabant bekäme?!

Stilecht... bedeutet im Kern, es muss ein DDR-Anhänger sein. Viele DDR-Anhänger gab es nicht und noch weniger eignen sich zum Transport eines Motorrades. Prinzipiell sind die DDR-Anhänger schnell aufgezählt:

1. Die kleinen HP300/HP400 -> kleine Räder, zu wenig Nutzlast, viel zu klein und hässlich
2. HP500 ->Ginge, muss aber gebremst sein für den Trabant, sind relativ teuer und zu kurz
3. umgebauter Wohnwagen

Und bei 3. stieß ich wie durch Zufall auf einen leeren Camptourist-Anhänger. Ein CT6-1, BJ.76 ohne Zelt, dafür gebremst und für 100Euro die absolut perfekte Basis. Zu Schade war er auch nicht, weil der Aufbau in einem eh schon desolaten Zustand war. Plan war, den Aufbau zu erneuern, Die Bordwände neu zu bauen und dann als offenen Kasten (evtl. sogar mit 100km/h) zuzulassen. Hier fing es an, kompliziert zu werden.

Beim Bau kommen dann so Ideen und Probleme, die man halt so nicht vorhersehen konnte. Die erste Idee war, einfach eine Platte auf den Rahmen und fertig, für das Bike reicht das. Die zweite Idee war, einen Kasten mit Bordwänden zu bauen. Die Bordwände sollten vorne und hinten nach unten klappbar sein, an den Seiten abnehmbar. Danach kam mir die Idee, keine Schiene fürs Bike auf die Bodenplatte zu bauen, sondern nur eine Motorradwippe zu verwenden. Dann könnte ich den Anhänger auch für Gartenabfälle, Möbel oder die nervende Schwiegermutter hernehmen. Als Allzweckhänger.

So grob sollte es werden, der Rest wird sich schon beim Bauen ergeben. Also habe ich den Anhänger bis auf den Rahmen zerlegt:

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Danach habe ich links und rechts in Fahrtrichtungen den Rahmen geschlossen. Dabei fiel dann auf, dass so die Räder nicht mehr zu Demontieren gingen, also musste das Rechteckprofil teilbar sein. Dazu habe ich den mittleren Part herausgetrennt und so gebaut, dass man das Mittelteil nach unten hausnehmen kann.

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Danach habe ich die Bremsen (sind vom Trabant) erneuert, neue Leitungen und Schläuche verbaut, neue Radlager eingeschrumpft und mit neu gepulverten Felgen und Rädern zusammengebaut. Dann wollte ich unbedingt eine Siebdruckplatte aus dem Ganzen als Bodenplatte, weil ich bei so etwas irgendwelche Nahtstellen hasse. Die platte musste mindestens 1,50x2m sein, also kaufte ich etwas passendes in 18mm Stärke vom Holzfachhandel.

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Nachdem die Bodenplatte passte, kümmerte ich mich um die Bordwände. Die seitlichen Bordwände sollte abnehmbar sein. Ich wollte also in den Rahmen vom Anhänger Hülsen einschweißen und dann an die Bordwände senkrechte Stifte schweißen, die saugend in die Hülsen passen. Die Bordwände vorne und hinten sollten mit Scharnieren klappbar sein und sich mit den Seitenwänden verriegeln lassen, um den Kasten insgesamt zu stabilisieren.

Die Bordwände sind Eigenbauten aus 15mm Siebdruckplatten und einem Rahmen aus U-Profilen.
An den Seitenwänden ragen unten die Stifte heraus, an den Wänden vorne und hinten sind Scharniere montiert. Die Elektrik ist komplett neu und da die hintere Bordwand abnehmbar sein sollte, ist dort noch eine 13polige Dose verbaut. Dort kann ich die Elektrik komplett auftrennen und die Bordwand entfernen.

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Nachdem das alles gepasst hat habe ich den Anhänger wieder zerlegt, mit Chassislack aus dem Korrosionsschutzdepot lackiert und wieder zusammengebaut. Danach habe ich noch die Bremse entlüftet und auf Funktion geprüft. Hier habe ich wieder ein Zeitraffervideo gemacht:

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Funfact Bremse: Ungewöhnlich an der DDR-Bremskonstruktion ist, dass es eine hydraulische Bremse ist. Am Zugrohr vorne befindet sich ein Hauptbremszylinder samt Behälter, ähnlich wie der vom Trabant. Von dort läuft eine Bremsleitung zum Verteiler am Zugrohr, von dort links und rechts an die Radbremszylinder. Ungewöhnlich, nicht ganz Wartungsfrei, aber funktioniert super!

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Danach ging es zur Dekra, die neuen Kastenmaße eintragen lassen und HU durchführen zu lassen. Das ging erstaunlich problemlos, selbst die 100km/h Zulassung hat der Anhänger bekommen, obwohl hier die Meinungen der Prüfingenieure über die Machbarkeit außenandergehen.

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Dann habe ich den Anhänger angemeldet und am selben Tag 200km ins bayrische Kulmbach gefahren, um ein Motorrad zu kaufen. Anfangs war mir etwas mulmig, ob das alles klappt mit dem Anhänger, ob ich keine Panne habe und ob wir das Motorrad auf den Hänger bekommen, aber das ging alles ohne Probleme. Leider geht so ein ausgewachsenes Bike nur schräg auf den Anhänger, was probleme beim Verzurren mit sich bringt. Hier habe ich einfach den Fehler gemacht und die Bordwände nicht in meine Überlegung über die Kastenlänge mit einbezogen. Die Motorradschienen sind 2m lang, da reichts, wenn mein Hänger 2m Ladefläche hat. Falsch, das Motorrad ist ja länger als der Radstand und schon sind 2m zu wenig. Dieser Fehler ärgert mich immernoch, vllt erfinde ich noch etwas, um ein Motorrad auch gerade aufladen zu können...

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Ansonsten läuft der Hänger astrein. Dadurch, dass alles recht massiv gebaut ist und der Anhänger gefedert ist, klappert, springt und poltert der Anhänger nicht wie wild auf der Straße herum Das ist ausgesprochen angenehm. Man merkt ihn garnicht. Nie. Ich werde wohl mal noch etwas mit dem Trabant und meiner alten Yamaha testen und hoffe, ich kann die ursprüngliche Idee so umsetzen, wie ich es mir gedacht habe.

Update 17.04.2019

Ich habe getüftelt. Ich habe erstens vorne auf dem Zugrohr einen Rahmen gebaut, auf dem ich die Motorradwippe befestigt habe. Dazu musste ich nur 2 Löcher in den Rahmen bohren und die Handbremse versetzen. Jetzt kann ich das Motorrad alleine aufladen und vorallem gerade auf dem Anhänger transportieren.

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Zum anderen musste ich mir noch eine Rampe bauen, die fest mit dem Hänger verbunden werden kann. Hintergrund: Beim testen hatte ich immer nur ein langes Brett angelegt. Problem ist aber, dass die Brettkante am Hänger etwas übersteht und vom Motorrad-Hinterreifen weg geschoben wird. Damit rutscht die Rampe ab und das Motorrad knallt mit dem Hinterrad "ins Leere". Mein Testmoped wiegt 260kg und ich war alleine, als die Fuhre ins Kippen kam... Da muss man schon mächtig stemmen :D

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Meine Konstruktion ist einfach, aber trotzdem geschmacklos. Durch die Laschen, an denen die Heckbordwand befestigt wird, stecke ich eine lange Stahlstange. An meiner Rampe sind wiederrum Laschen, die auf die Stahlstange gefädelt werden. Somit kann das Brett nicht abruschten. Meine Rampe musste ich noch mit U-Profilen links und rechts verstärken, weil es doch schlimm durchbiegt, wenn ich die Möppe darüberschiebe.

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Zum Test bin ich gleichmal mit dem Trabant durch die Gegend gerast und habe alles getestet. Mein Fazit: Reisetauglich. Der Hänger liegt satt auf der Straße, das Motorrad ist saustabil und der Trabant kommt mit dem Gewicht gut zurecht. Der Luftwiderstand ist auch nicht so hoch, sodass das Gespann auch nicht so furchtbar langsam ist, wie mit dem Qek-Junior Wohnanhänger. Auf der Gerade habe ich mit Testmoped um die 85km/h geschafft, was völlig aussreichend ist. Am Osterwochenende fahre ich die erste Tour ins Elbsandsteingebirge. Mal sehen was das wird :D

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