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Granada75

Blog vonGranada75

Fri Aug 28 12:01:15 CEST 2015    |    Granada75    |    Kommentare (17)    |   Stichworte: Ford, Granada, MK I

Liebe MTler!

 

Ihr habt vollkommen recht, man darf Pferde nicht von hinten aufzäumen und genauso fängt ein Restaurationsbericht damit an, daß man den Wagen zunächst von allen Zier- und sonstigen abschraubbaren Teilen bis hin zu den Kotflügeln befreit, sich anschließend zurücklehnt, tief durchatmet und erstmal nachdenkt. Lohnt sich das überhaupt? Was hat man sich da wieder aufgehalst? Da ist ja mehr Rost als Blech!

 

So aufgeladen auf den Hänger sah der Wagen ja noch ganz manierlich aus. Gefahren ist er ja auch noch zuletzt, vor dem insgesamt vier Jahre währenden Abstellen in einer oberfränkischen Halle. Nur die Automatik und die Lenkhilfe verloren ständig ATF, daß es eine "Freude" für die Umwelt war. Aber unter den Zierleisten offenbarte sich das vermutete Grauen. Doch vollends zerstört wurde die Illusion von einer schnellen und preisgünstigen Wiederherrichtung nach dem Blick unter die Kotflügel und hinter die Frontmaske.

 

Hier mußte nun die Entscheidung gefällt werden: Patient wieder zumachen und für tot erklären oder mit einer Vollrestauration anfangen? Die weitere Beugtachtung ergab glücklicherweise auch ein paar nicht ganz unwichtige Pluspunkte: die Substanz des restlichen Unterbodens war überraschend gut, nur die Spitzen der Längsträger vorne waren durch. Die Seitenschweller waren völlig intakt und der Schweißer meinte, die Kotflügel wären rettbar und müßten nicht durch schlecht passende Gfk-Nachbauten ersetzt werden. Die Türen hätte man schweißen können, Ersatz für viertürige Granadas ist jedoch noch vergleichsweise einfach zu beschaffen, daher wurde beschlossen, alle vier Türen zu ersetzen. Das originale Vinyldach hielt ich für absolut in Ordnung, denn ich hatte es regelmäßig mit Vinylpflege eingelassen und hatte nie den Eindruck, daß es rissig und porös geworden wäre. Daher durfte es bleiben, denn 2013 waren mir keine Quellen für gute Nachbauten vonb Vinyldächern bekannt.

 

Somit war der weitere Weg nun vorgezeichnet: der Granada wird blechtechnisch tip-top restauriert, anschließend lackiert und wieder zusammengebaut. Davon aber später mehr.

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Fri Aug 28 08:35:51 CEST 2015    |    Granada75    |    Kommentare (41)

Jetzt ist er doch endlich auf die Zielgerade eingebogen, der blaue Granada '75 als 2,3 GL Automatik. Apropos Automatik: auf den '72er-Modellen konnte man noch oft genug den stolzen Schriftzug "Automatic" (mit c) auf der rechten Seite des Kofferraumdeckels lesen, beim '75er ist das dann entfallen. Nach der Ölkrise war es wohl nicht mehr so hip, mit einer zwar komfortabel schaltenden, aber trägen und den Spritverbrauch in die Höhe treibenden Automatik unterwegs zu sein und das auch noch zu zeigen. Nein, Understatement war angesagt und so beraubte der neue Chef bei Ford den Granada auch gleich mal von jeder Menge Chrom und anderer verspielter Details. Neue kühle Sachlichkeit war angesagt, mattes Schwarz anstelle glänzenden Chroms, sachliche in einem großen Kombiinstrument zusammengefaßte Anzeigen anstelle einzelner tiefer Röhren, die von einem Holzimitatrahmen eingefaßt waren. Das letzte verbliebene Zugeständnis an den verblassenden Geist der späten 1960er-Jahre blieb das Vinyldach und natürlich konnte auch ein Bob Lutz den Granada nicht seines gesamten Chroms berauben, es war noch immer reichlich davon vorhanden.

 

In den vorelektronischen Zeiten der 1970er, in denen Plüsch im Innenraum und grelle Außenfarben dominierten, war die Liste der Extras, die ein Autokäufer ankreuzen konnte, noch recht überschaubar. Mein Blauer muß ein Weihnachtsgeschenk des Familienvaters an sich selbst gewesen sein, darauf deutet die Erstzulassung am 24.12.1975 hin. Allzuviele Geschenke machte er sich über die serienmäßige GL-Ausstattung hinaus allerdings nicht. Er gönnte sch das Vinyldach, eine Anhängerkupplung und die Metallic-Lackierung - das war's. Man kann aber auch verstehen, daß er nichts weiter brauchte, denn die serienmäßige Ausstattung des Granada GL war äußerst umfangreich (Auszug):

 

- Bilstein Gasdruckstoßdämpfer

- Servolenkung

- H4-Halogen-Hauptscheinwerfer

- Halogen Nebelscheinwerfer

- Einzelliegesitze vorn

- Handschuhkastenbeleuchtung

- Innenleuchte hinten

- Kofferraumbeleuchtung

- Teppich im Kofferraum

- Lenkrad mit Lederbezug

- Quarz-Uhr und Zigarettenanzünder in der Mittelkonsole, beleuchtet

- linker Außenspiegel von innen einstellbar

- Stahlkurbeldach, hinten hochstellbar

- Heckscheibenheizung

- elektrische Scheibenwischwaschanlage mit zwei Wischgeschwindigkeiten

 

Und der Granada bietet Dinge, die heute nicht mehr selbstverständlich sind, Aufpreis kosten oder gar nicht mehr zu haben sind:

 

- Aschenbecher und Zigarettenanzünder vorne und zusätzlich hinten Aschenbecher in den Türen

- ein vollwertiges Ersatzrad inklusive Werkzeug zum Wechseln

- große Fensterflächen und viel Sicht nach draußen (auch wenn die Karosserie des Granada von den Testern damals als vergleichsweise unübersichtlich eingestuft worden war)

- viel Platz im Innenraum bei vergleichsweise kleinen Außenmaßen (der Granada als Limousine ist "nur" 4,59m kurz und 1,8m breit).

 

Der Granada GL als Limousine kostete 1975 17050,- DM, zum Vergleich: dafür bekam man bei Volkswagen schon zwei Golf. Und wenn man das vor Augen hat, dann stellt man plötzlich auch fest, daß 1022,- DM Aufpreis für das automatische Getriebe ganz schön viel Geld waren. Und man kann erst recht verstehen, warum kaum jemand damals die Klimaanlage im Granada angekreuzt hatte, sie hätte den Kaufpreis um satte 2235,- DM erhöht. Dagegen war der Wunsch nach der mittleren Motorisierung, nämlich dem insgesamt äußerst beliebten 2,3l V6-Motor mit 108PS, für weitere 315,- DM recht günstig zu erfüllen.

 

Das wertvollste Extra des Granada stand damals jedoch auf keiner Aufpreisliste, den Chefs in den Entwicklungs- und Finanzabteilungen bei Ford war zum Glück auch gar nicht bewußt, daß sie den Wagen damit ausstatteten, sonst hätten sie dafür sicher Unmengen an Geld verlangt. Der Granada ist ab Werk mit einer riesigen Portion Flair der Siebziger Jahre ausgestattet worden, wie es kaum ein anderes Auto aus dieser Zeit besitzt. Klar, der Mercedes 123 ist auch ein schöner Wagen, aber viel zu sachlich, die Opel aus jener Zeit sind ebenfalls viel zu sachlich und von den Fahrzeugen aus Wolfsburg will ich gar nicht erst reden. Aber die Formen des Granada sind für mich ganz persönlich einfach zum Zungeschnalzen. Hatte je ein Auto aus deutscher Produktion einen geileren Hintern? Wo sonst als am Granada kann man vor Übermut strotzende schwülstige Formen aus jedem beliebigen Blickwinkel erleben? Wo sonst wenn nicht am Granada wurde noch Chromzierrat mit soviel Stolz präsentiert und war nicht nur Beiwerk, sondern stil- und formgebendes Element?

 

Jede Pore der Kunststoffoberlächen an Sitzen, Armaturenbrett, Dachhimmel und Türverkleidungen atmet den Geist der Siebziger Jahre. Ich bin Jahrgang 1970 und find das einfach nur geil!

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Wed Sep 15 10:41:18 CEST 2010    |    Granada75    |    Kommentare (0)

Die Haßliebe zu meinem W210 geht in die nächste Runde und aller Wahrscheinlichkeit nach wird uns auch der nächste TÜV-Termin im Jahre 2012 noch nicht trennen.

 

Nachdem ich selbst schon dreimal mit dem Wagen beim TÜV war, er unzählige Werkstattaufenthalte und abschließende Probefahrten hinter sich hatte, inklusive vorangeganger Reparaturen an Teilen der Vorderachse, und mich trotzdem niemand darauf aufmerksam machen wollte, daß das Lenkrad beim Bremsen deutlich ausschlägt, vermutete ich fast schon eine Fata Morgana, die nur ich sah bzw. spürte oder das Verhalten des Lenkrades sei gottgegeben und somit völlig normal.

 

Im Laufe der Jahre wurden schon die Spurstangenköpfe, die Traggelenke, die Stabigummis und die Bremsscheiben erneuert. Alles jedoch ohne Erfolg. Sicherlich, der Wagen hatte auch da schon weit über 200.000km auf der Uhr und eine Erneuerung dieser Teile dürfte kein Schaden gewesen sein - doch das Grundübel des schlagenen Lenkrades blieb.

 

Als letzte Maßnahme vor der endgültigen Akzeptanz dieses Features wagte ich nun noch den Versuch der Erneuerung der vier Buchsen der unteren beiden vorderen Dreiecksquerlenker. Die Buchsen selber sind billig, aber die Arbeitszeit schlägt wie üblich mächtig zu buche. Leider waren nach gerade mal zwei Jahren die Führungsstifte der Traggelenke derart in den Querlenker hineingerottet, daß sie lt. Werkstattauskunft bei der Demontage abrissen. Neue Traggelenke sind nun auch (erneut) drin, aber das nur am Rande.

 

Das Ergebnis der 619,- Euro teuren Reparatur kann sich jedoch sehen und vor allem spüren lassen: der Vorderwagen ist ja nun bis auf die Dämpfer komplett überholt und liegt wieder richtig satt auf der Straße, fast wie ein neuer. Das Lenkrad schlägt nicht mehr beim Tritt auf's Bremspedal; nur die alten Sommerreifen müssen im Frühjahr 2011 nun doch runter und ersetzt werden, sie laufen nicht mehr schön und haben sowieso kaum mehr Profil.

 

Der Zufriedenheitsfaktor mit dem Wagen hat wieder deutlich zugenommen und ich erwarte freudig die nächste Rotation der ersten Ziffer des Kilometerzählers von der drei auf die vier. Nun gut, die Anzeige rotiert nicht mehr wie früher - ich aber nach erfolgreicher Reparatur auch nicht mehr.


Thu Mar 18 09:26:51 CET 2010    |    Granada75    |    Kommentare (13)

Leider schon wieder zwei Jahre altLeider schon wieder zwei Jahre alt

Faß ohne Boden?

 

Wenn man älter wird, dann vergeht die Zeit schneller, sagt man. Irgendwas scheint dran zu sein, denn der 210er mußte schon wieder zum TÜV. Naja, ist ja erst zwei Jahre her, was soll schon dran sein und im Juli 2009 wurde ja erst für fast 3000,- Euro die Auspuffanlage erneuert, die Klimaanlage instandgesetzt und undichte Leitungen an der Automatik ersetzt (wie es dazu kam ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht auch noch mal erzählen muß, denn möglicherweise hängt die aktuelle damit zusammen). Die Front wurde im März 2008 nach einem Auffahrunfall (wurde im Parkhaus von vorne angefahren) komplett neu gemacht, also eigentlich sollte der Wagen gut in Schuß sein. Neue Reifen rundum sind ja auch drauf.

 

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt

 

Leider stand der Wagen den Winter über wenig benutzt im Freien herum. Das bekommt keinem Auto gut und so auch nicht dem W210. Die Fahrt von Wien in die fränkische Heimat sollte die Beweglichkeit wiederherstellen, den Flugrost von den Bremsscheiben vertreiben und die Fahrtüchtigkeit des Wagens unter Beweis stellen, wie er es schon unzählige Male vorher auf unseren allmonatlichen Heimatbesuchen getan hatte. Die Fahrt verlief problemlos, dem TÜV-Termin sollte nichts im Wege stehen. Doch was entdecken meine müden Augen da am nächsten Morgen unter dem Wagen? Ausgetretenes ATF! Irgendeine Undichtigkeit müssen die Herren beim Freundlichen in Wien übersehen haben! Nachdem von Mercedes-Benz ATF nachgefüllt wurde fuhr ich doch noch zum TÜV. Nicht wirklich in der Hoffnung auf eine neue Plakette, aber doch in der Hoffnung auf einen Fehlerbericht, mit dem in der Hand man dann den sowieso erkannten ATF-Verlust und die sonstigen Punkte beheben kann. Zudem kostet die Nachuntersuchung ja nurmehr 10,- Euro, da kann man es sich gut leisten, einfach mal hinzufahren und sich die Mängel auflisten zu lassen.

Der Mann bei der Prüfstation war sehr freundlich. Freundlich wies er mich an, den Wagen in die Halle zu fahren, alle Lichter durchzuschalten und schlußendlich auszusteigen. Den Bremsentest bestand der Dicke problemlos, obwohl mich das bei der Feststellbremse fast ein wenig wunderte, so lange wie der Wagen vorher rumgestanden hatte. Sei's drum, rauf auf die Grube und hoch die Beine! In aller Freundlichkeit zeigte mir der Prüfingenieur die verschlissenen Bremsbeläge hinten. Mist, die hatte ich im Herbst vergessen zu erneuern; jetzt waren nurmehr ca. 2mm drauf. Er bemerkte die frisch angenieteten neuen Federhalter vorne und grinste, als ich die Geschichte dazu erzählte.

 

Doch plötzlich entwich aus den Gesichtern aller Umstehenden jegliches Lächeln: aus der Motorkapselung rann ATF heraus. In Strömen! Wahre Sturzbäche der roten Flüssigkeit ergossen sich auf Teile des Fahrwerks, den Boden der Halle und den bemitleidenswerten Prüfer! Die Prüfung des Fahrzeugs fand ein jähes und in diesem Ausmaß unerwartetes Ende. Den 210er erwartete nur noch ein letzter Weg: den zum Schrottplatz. Schluß, aus vorbei. Die Kiste ist ein Faß ohne Boden, im ursprünglichsten Wortsinne. Was man oben auch reinschüttet, es kommt unten wieder raus. Früher war das ja noch tolerabel, weil sich der verbrannte Dieselkraftstoff in gasförmigem Zustand den Weg ins Freie suchte und ich mit Unschuldmiene und pfeifend danebenstehen konnte. "Ich weiß von nix, der Wagen ist dicht". Einmal ganz zu Beginn unserer Beziehung verlor der Wagen wohl mehr aus Scham denn aus technischen Gründen Diesel auch in flüssiger Form, aber das konnte schnell und günstig abgestellt werden. Kältemittel hat der 210er auch schon verloren, aber auch das hat die praktische Eigenschaft, dabei usichtbar zu verduften.

Nicht so das Automatic Transmission Fluid aus dem Automatikgetriebe. Das rann, während der Schreiber darüber sinnierte, wo der nächste Schrottplatz wäre, weiterhin ungebremst zu Boden!

 

Lieber ein Schrecken ohne Ende

 

So ganz stimmt der erste Satz aus dem vorhergegangenen Absatz nicht, denn eigentlich verlor der freundliche Prüfingenieur als einziger niemals seine Freundlichkeit. Freundlich wies er mich an, den Hof zu verlassen, nicht ohne mir den Tip zu geben, in die Mercedes-Benz-Werkstätte xy zu fahren. Die sei gleich um's Eck und vielleicht könnten die ja was machen.

Nun gut, irgendwie reifte in mir die Erkenntnis, daß es schwachsinnig wäre, den Wagen jetzt wegzuwerfen, wo er gar keinen Wert mehr hatte, obwohl ich erst im vergangenen Jahr reichlich Geld reingesteckt hatte. So begab ich mich doch geraden Weges zu der erwähnten nächstgelegenen Mercedes-Benz-Werkstätte und ließ den Wagen zur Fehlerbehebung dort. Ursache der Undichtigkeit war der Stutzen am Wasserkühler, an dem das ATF in die Kühlschleife hineingeführt wird. Zu beheben war das Problem durch Erneuerung der dorthinführenden Leitungen und des kompletten Wasserkühlers. Reparaturkosten? Um die 800,- Euro.

 

Das muß wahre Liebe sein!

 

Nun stand der Entschluß also fest, doch wieder einen Batzen Geld in die Dreckskiste zu stecken. Na gut, machen wir gleich Nägel mit Köpfen. Tauschen wir auch gleich die milchig gewordenen Lichtscheiben der Scheinwerfer aus, erneuern den Keilriemen und nach über 300.000km ist auch der kleine Motoraufhängungsdämpfer hinig gewesen. Die Bremsbeläge hinten auch noch und die Kiste hat wieder TÜV. Und wieder erhält mich die Hoffnung am Leben, es könnte nun mal für wenigstens ein Jahr Ruhe sein mit den Reparaturen. Doch die stirbt bekanntlich zuletzt ... warten wir's ab!

 

(Fortsetzung folgt)


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