Renault Scénic und Grand Scénic (2016): Test, Hybrid, Preise

Variabler Raum auf dünnen Stelzen

Constantin Bergander

verfasst am Thu Sep 08 12:13:45 CEST 2016

Mini-Espace? Nein, neuer Scénic: Optisch rückt der Kompakt-Van nah an seinen großen Bruder. Sein Innenraum bleibt variabel und wird digitaler. Erster Test.

Erste Fahrt im Renault Scenic: Der Kompaktvan rückt in Richtung SUV
Quelle: Renault

Bordeaux – Erst gründet er eine Fahrzeugklasse, dann mag er sie selbst nicht mehr. Vor 20 Jahren war der Renault Mégane Scénic einer der ersten Kompaktvans in Europa. Aber ein richtiger Van soll er heute nicht mehr sein. Renault schubst Generation vier in Richtung SUV, aus dem Hochdachkombi wird ein Crossover. Mit mehr Bodenfreiheit und riesigen Rädern.

Van klingt eben unsexy, und kompakt ist ohnehin relativ: der neue Scénic ist größer als der erste Espace. Geschenkt, der Trend geht zu mehr Bodenfreiheit. Renault stellt den Scénic deshalb mit dem Modellwechsel serienmäßig auf 20-Zöller.

Renault Scénic: Staufächer und ein größerer Kofferraum

Zum Modellwechsel wächst der Scenic in Länge und Breite, die Höhe bleibt etwa gleich
Quelle: Renault
Im Inneren bleibt das Wichtigste gleich: An allen Ecken gibt es Staufächer. Insgesamt passen 63 Liter Firlefanz in die Ablagen unter dem Boden, in der Mittelarmlehne, in den Türen und im Handschuhfach. Das Modul zwischen den Frontsitzen lässt sich (wie beim Scénic II, optional) verschieben. Je nach Position wird daraus eine Mittelarmlehne für vorn oder eine Trennwand für freche Kinderbeine.

Mit dem Modellwechsel wird der Scénic vier Zentimeter länger und zwei Zentimeter breiter. Der gewonnene Platz vergrößert vor allem den Kofferraum. Je nach Position der Rückbank passen jetzt 506 bis 637 Liter Gepäck hinein – mindestens 36 Liter mehr als beim Vorgänger.

Wer die Rückbank für maximales Ladevolumen um 16 Zentimeter nach vorn verschiebt, darf aber höchstens Kleinkinder mitnehmen. Selbst in der Komfort-Position wird es für Erwachsene hinten eng. Sitzriese Constantin (1,90 Meter) hat beim Probesitzen Kontakt mit Vordersitz und Dachhimmel. Die Konkurrenz kann das besser. Ein flacher Boden würde helfen – auf Kosten eines Staufachs. Etwas mehr Platz gibt es im deutlich größeren, aber technisch gleichen Renault Grand Scénic.

Touchscreen für die meisten Funktionen

Neue Reifendimension am Renault Scénic: 195/55 R20
Quelle: Renault
Vorn wird es komfortabler. Sitzposition und Ergonomie stimmen, viele Knöpfe verschwinden aus dem Cockpit. Navigation, Fahrmodi, Infotainment und einige Fahrzeugfunktionen steuert der zentrale Touchscreen. Das funktioniert weitgehend intuitiv und selbsterklärend. Einige wenige Optionen verstecken sich in Untermenüs, zum Beispiel die (optionale) Massagefunktion für die Vordersitze.Erstmals bietet Renault im Scénic ein Head-up-Display an. Bekannt ist der zweite Innenspiegel, mit dem der Fahrer die Kinder im Auge behält.

Einige Mängel muss Renault vor dem Serienanlauf noch abstellen. Im getesteten Vorserienfahrzeug wackelte das Schaltschema am Knauf, der Schalthebel selbst fühlt sich ungenau an. Außerdem saßen die Kopfstützen nicht fest genug. Bei jeder Berührung mit dem Kopf wackelten sie – das nervt schon nach ein paar Kilometern. In einem zweiten Fahrzeug passte die Verarbeitung.

Mehr Bodenfreiheit durch 20-Zoll-Felgen

Neben dem Scénic erneuert Renault den längeren Grand Scénic
Quelle: Renault
Im Vergleich zum Vorgänger wächst der Scénic nicht in der Höhe. Trotzdem nimmt die Bodenfreiheit um vier Zentimeter zu. Die Differenz ergibt sich ausschließlich durch die großen Räder. Renault setzt eine exotische Reifengröße ein: Bisher bieten nur drei Hersteller die Dimension 195/55 R20 an. Ein Reifen kostet aktuell etwa 130 Euro. Verglichen mit den 17-Zöllern des alten Scénic (205/55 R17) steigt der Preis um etwa 30 Euro; bei 16-Zöllern um etwa 40 Euro.

Mit schmalen Reifen, hohem Schwerpunkt und französisch-weicher Abstimmung fährt der Scénic lieber langsam um Kurven. Flotte Manöver verhindert spätestens die weiche Lenkung. Dafür rollt er leise ab. Schnell genommene Schlaglöcher kommen allerdings etwas grob im Innenraum an.

Fünf Motoren mit 110 bis 160 PS

Auch wenn Fahrzeuge dieser Klasse gern „Sport“ oder „Active“ heißen, der Renault Scénic mag es eher ruhig. Große Motoren bietet Renault nicht an. In Deutschland starten Scénic und Grand Scénic zunächst mit zwei Dieseln (1,5 bzw. 1,6 Liter Hubraum) und drei Benzinern (1,2 Liter Hubraum). Die Motoren leisten 110 bis 160 PS und fahren einen Tick langsamer, als man vermutet.

Der Grand Scénic kostet 1.300 Euro Aufpreis
Quelle: Renault
Mit dem stärkeren Benziner (132 PS, 205 Nm) bewegt sich der Scénic trotzdem angemessen. Sprints sind nicht seine Stärke, aber der kleine Direkteinspritzer fährt überraschend drehfreudig. Auf unserer Testrunde mit hohem Landstraßenanteil errechnete der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 6,9 Litern pro 100 Kilometer. Laut Norm sollen es 5,8 Liter sein. Im Spritspar-Modus streicht die Motorsteuerung allerdings spürbar Kraft.

Der Hybrid-Scénic kommt Ende 2016

Ende 2016 ergänzt Renault den wohl wichtigsten Motor im Scénic-Duo. Denn erstmals bieten die Franzosen dann einen Diesel-Hybrid an. Ganz ohne Verbrenner fährt er nicht, aber ein Elektromotor hilft mit seinem Drehmoment aus. Renault nennt das Hybrid-System „Hybrid Assist“.

Der Elektromotor mit einer Leistung von zehn Kilowatt ist per Riemen mit der Kurbelwelle des 1,5-Liter-Selbstzünders (110 PS) verbunden. Im Schubbetrieb und beim Bremsen lädt er einen 48-Volt-Akku. Beim Beschleunigen gibt er seine Kraft wieder ab. Der Elektromotor läuft immer mit, Renault koppelt ihn nicht ab. Nachteile sollen dadurch nicht entstehen.

Aufgeräumtes Cockpit im Renault Scénic: Die Bedienung läuft über den Touch-Monitor
Quelle: Renault
Auf dem Papier liegt das maximale Drehmoment etwas früher an als beim Diesel ohne Strom. An den Fahrleistungen ändert das nichts. Tatsächlich fällt der Elektromotor nur dann auf, wenn er Strom generiert. Offizielle Verbrauchswerte gibt es noch nicht. Auf unserer Testfahrt in der Stadt verbrauchte der Mild-Hybrid etwa 5,3 Liter pro 100 Kilometer. Renault hofft auf einen NEFZ-Wert von 3,5 Litern Diesel. Zum Vergleich: Ohne Elektromotor spritzt der Selbstzünder durchschnittlich 3,9 Liter ein.

Renault Scénic: Ab 19.990 Euro

Der neue Renault Scénic startet am 15. Oktober und kostet in der Basisversion 19.990 Euro. Knapp 1.700 Euro unter dem Citroen C4 Picasso, der allerdings mit 15 PS mehr startet. Mit dem größeren Benziner kostet der Scénic schon 25.090 Euro, da er erst ab der mittleren Ausstattung angeboten wird.

 

Stahlfelgen in 20 Zoll, vier elektrische Fensterheber, elektrische Außenspiegel, eine Klimaanlage und ein MP3-Radio mit USB-Anschlüssen und Bluetooth gibt es serienmäßig. Der Grand Scénic kommt einen Monat später und kostet 1.300 Euro Aufpreis. Renault Deutschland gewährt auf beide Autos fünf Jahre bzw. 100.000 Kilometer Garantie.

Der kleinste Diesel startet bei 24.590 Euro (Ausstattung „Experience“). Für ihn bietet Renault optional ein Doppelkupplungsgetriebe an (1.900 Euro). Zum Hybrid nennt der Hersteller noch keine Preise. Anfang 2017 ergänzt Renault außerdem die Smartphone-Standards Apple CarPlay und Android Auto.

Renault Scénic und Grand Scénic: Technische Daten

  • Modell: Renault Scénic Energy TCe 130
  • Motor: 1,2-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
  • Leistung: 132 PS (97 kW) bei 5.500 U/min
  • Drehmoment: 205 Nm bei 2.000 U/min
  • Getriebe: Sechsgang, manuell, Frontantrieb
  • 0-100 km/h: 11,4 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
  • Verbrauch: 5,8 l/100 km
  • Testverbrauch: 6,9 l/100 km
  • Länge: 4,41 m
  • Breite: 1,86 m
  • Höhe: 1,65 m
  • Radstand: 2,73 m
  • Leergewicht: 1.505 kg
  • Kofferraum: 506 bis 637 l (Rückbank verschoben), 1.554 l (Rückbank umgeklappt)
  • Listenpreis: ab 25.090 Euro (Ausstattung „Intens“)
  • Modell: Renault Grand Scénic Energy dCi 110
  • Motor: 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel
  • Leistung: 110 PS (81 kW) bei 4.000 U/min
  • Drehmoment: 260 Nm bei 1.750 U/min
  • Getriebe: Sechsgang, manuell, Frontantrieb
  • 0-100 km/h: 12,6 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 184 km/h
  • Verbrauch: 4,0 l/100 km
  • Länge: 4,64 m
  • Breite: 1,87 m
  • Höhe: 1,65 m
  • Radstand: 2,8 m
  • Leergewicht: 1.578 kg
  • Kofferraum: 533 bis 718 l (Rückbank verschoben),
  • Listenpreis: ab 25.890 Euro (Ausstattung „Experience“)
Die neuen 20 Zöller erhöhen die Bodenfreiheit um vier Zentimeter
Quelle: Renault
Renault bietet im Scenic zunächst fünf Motoren an
Quelle: Renault
Zum Modellwechsel wächst der Scenic in Länge und Breite, die Höhe bleibt etwa gleich
Quelle: Renault
Neue Reifendimension am Renault Scénic: 195/55 R20
Quelle: Renault
Neben dem Scénic erneuert Renault den längeren Grand Scénic
Quelle: Renault
Die große Version des Kompaktvans bietet mehr Platz in Kofferraum und Fond
Quelle: Renault
Optional installiert Renault eine dritte Sitzreihe im Grand Scénic
Quelle: Renault
Der Grand Scénic kostet 1.300 Euro Aufpreis
Quelle: Renault
Aufgeräumtes Cockpit im Renault Scénic: Die Bedienung läuft über den Touch-Monitor
Quelle: Renault
Für einige Motoren bietet Renault ein Doppelkupplungsgetriebe an
Quelle: Renault
Die Sitze im Renault Scénic: Gute Konturen, aber breite Sitzflächen und dadurch wenig Seitenhalt
Quelle: Renault
Optionale Klapptische für Tablets im Fond. Schade: Große Erwachsene können sie nicht nutzen, die Knie sind im Weg
Quelle: Renault
Die Rückbank im Renault Scénic lässt sich verschieben
Quelle: Renault
Bei umgelegten Rücksitzen steigt die entstehende Ladefläche leicht an
Quelle: Renault