Opel Insignia B: Fahrbericht, Test, Motoren

Erste Fahrt im neuen Insignia

Björn Tolksdorf

verfasst am Fri Mar 17 15:25:47 CET 2017

So fährt das neue Opel-Flaggschiff: Im Juni startet der Insignia am Markt. Opel legte viel Wert auf präzises Handling und Autobahntauglichkeit, und das zahlt sich aus.

Endlich ist er da: Bei ersten Fahrten rund um Rüsselsheim und Frankfurt zog der Insignia viele Blicke auf sich. Kein Wunder, denn hier im Opel-Kernland arbeiteten viele Menschen über Jahre am Vorgänger
Quelle: Opel

Rüsselsheim - Zwei Wochen füllte Opel die Titelseiten der Wirtschaftspresse. Nun soll es wieder um Autos gehen. Gar nicht so leicht, denn der neue Insignia erzählt eine spannende Geschichte. Das Flaggschiff dürfte einer der letzten komplett neuen Opel sein, die ausschließlich auf GM-Technik basieren.

Das war anders geplant. 2012 wollten Opel und PSA ein Mittelklassemodell gemeinsam entwickeln. Dann kauften sich Chinesen bei PSA ein, GM stieg bei den Franzosen aus – und das Projekt verschwand in der Schublade. PSA hat bis heute kein neues Mittelklassemodell, Opel hat nun diesen Insignia.

Er tritt in große Fußstapfen. Der Vorgänger rollte in fast neun Jahren Bauzeit 930.000-mal vom Band. Vom Nachfolger erhofft sich Opel Ähnliches: „Führungsrolle im Mainstream-Segment, die Premium-Hersteller zumindest ärgern“, so stand es im Lastenheft.

Innenraum: Größer, Cockpit: klar gegliedert

Björns Fazit: Opel stimmt den "Insi" drahtiger ab, als Konkurrenten dies bei ihrer Mittelklasse tun. Das fühlt sich gut an - muss aber gefallen. Ansonsten ist der Insignia B ein exzellentes Langstreckenauto: Leise, prima Sitze, für die Größe sehr handlich
Quelle: Holger Preiss

Die neue Epsilon-2-Plattform erlaubt gegenüber dem alten Insignia je nach Ausstattung bis zu 175 Kilo weniger Gewicht und im Innenraum deutlich mehr Raum. Das spürt man auf allen Plätzen. Der Kofferraum dagegen schrumpfte um 40 auf 490 Liter. Business Class eben – Kompakte bieten heute regelmäßig mehr Ladefläche als Mittelklassemodelle.

Highlight in jedem Opel sind die zertifiziert rückenfreundlichen Ergonomiesitze. Angenehm straff, aber nicht eng wie Sportsitze. Beachtlich im Insignia ist ihr Verstellradius, in der Höhe wie in der Länge. Wer die Lehne nach hinten absenkt und den Sitz zurückschiebt, wähnt sich beinahe in einem Flugzeug-Liegesitz. Fahren kann man so nicht mehr, aber sich wunderbar chauffieren lassen.

„Wir sind nicht Premium“, sagt Opel. Das stimmt durchaus, zum Teil auch bei der Materialwahl im Cockpit. Bei der Verarbeitung muss sich Opel nicht verstecken – allerdings sieht manche genarbte Plastikblende praktisch genauso aus wie in einem (ähnlich teuren) Skoda Superb. Was nicht negativ ist, aber eben auch nicht Premium.

Irritierend: die rutschfeste Oberfläche der unterschäumten Armaturenbrett-Verkleidung. Eine richtige Ablage bietet sie nicht, aber auf dem genarbten Grund nistet sich Staub atemberaubend schnell ein - und lässt sich trocken kaum abwischen. Keine Katastrophe, aber das wird manchen Kunden stören. Zum Ausgleich erinnern gedämpft öffnende Klavierlack-Fächer in der Mittelkonsole an Mercedes-Cockpits. Wobei die Schwaben wohl noch Aluminium oder laminiertes Holz auf die Klappe kleben würden.

Opel Insignia B: Cockpit. Die Ergonomie überzeugt. Die Materialien bleiben teilweise unterhalb des Premium-Niveaus - die sichtbare Verarbeitung nicht
Quelle: Holger Preiss
Der in Chrom eingefasste Touchscreen wirkt edel, die Knopfleisten darunter sparsam und elegant, ganz anders als beim knopflastigen Vorgänger. Aber: Der neue Insignia verfügt je nach Ausstattung über jede Menge Funktionen, und viele davon findet man nicht auf Anhieb – mancher Käufer wird wohl erst nach längerer Zeit das volle Potenzial seines Autos nutzen.

Das fordert Händler, die gern erklären. Auch auf die Frage, was genau der Sinn des Rekuperations-Voltmeters im (teilweise digitalen) Cockpit ist, sollten sie sich eine gute Antwort überlegen. Absolut lobenswert: Das klar auflösende Head-up-Display, das ohne eigene Projektionsscheibe auskommt.

So fährt der neue Insignia

Wir starten im 1,5-Liter-Benziner mit 165 PS. Der neue Motor bietet ordentliche Hausmannskost mit überragender Laufruhe, auch bei hohem Tempo: Bei 160 km/h muss niemand die Stimme heben. Auf 100 km/h unter 9 Sekunden, Spitze bei 222 – das passt ebenso wie der Verbrauch. Glatt 6 Liter laut Norm, auf unserer Runde waren es knapp 8 l/100 km.

Wer den Opel Insignia wirklich dynamisch bewegen will, wird sich mehr Leistung wünschen. Das liefert der 2,0-Liter-Turbo (260 PS) mit neuer Achtgang-Automatik. Die schaltet schnell und flüssig, der Allradantrieb tackert den Insignia in die Kurve - sehr schön.

Ein Sportauto wird der große Opel damit allerdings nicht. Die Lenkung arbeitet schön präzise und braucht wenig Korrektur - fürs richtig dynamische Fahren könnte sie jedoch etwas nervöser reagieren. Beim Herausbeschleunigen aus dem Drehzahlkeller fehlte auch etwas Wumms - das volle Drehmoment (400 Nm) kommt bei 2.500 Touren. Für einen echten OPC ist also noch Luft oberhalb des großen Benziners.

Wer lieber fahren will als in Untermenus spielen, kann auf Opels Flexride-Fahrwerk durchaus verzichten. Die Standard-Abstimmung gerät drahtig und straff, aber nicht hart. Anders gesagt: Sie bügelt einiges aus, wirkt aber nicht schwammig.

Uns gefiel diese Auslegung. Fürs echte Flaggschiff-Feeling könnte der Opel aber durchaus stärker federn und sanfter abrollen. Sich insgesamt etwas wuchtiger und gediegener anfühlen und weniger drahtig. Opels Abstimmungsfahrer waren offenbar eher BMW- als Benz-Fans.

Opel Insignia B: Motoren

  • 1,5-l-Turbobenziner (140 PS) ab 25.940 EUR
  • 1,5-l-Turbobenziner (165 PS) ab 27.695 EUR
  • 2,0-l-Turbobenziner (260 PS) ab 41.500 EUR, nur mit Allrad
  • 1,6-l-Diesel (110 PS) ab 27.625 EUR
  • 1,6-l-Diesel (136 PS) ab 28.375 EUR
  • 2,0-l-Diesel (170 PS) ab 29.865 Euro
  • Getriebe: Sechsgang manuell, Sechsgang-Automatik (nicht für den kleinsten Benziner und Diesel), Achtgang-Automatik (nur mit Allrad)

Das Raumangebot auf den Rücksitzen überzeugt, und zwar ohne Einschränkung - anders als beim Vorgänger
Quelle: Holger Preiss
Fazit: Wer viele Kilometer schrubben muss und dabei noch etwas Spaß haben will, für den ist der neue Opel Insignia eine echte Alternative. Preislich orientiert sich Opel an Skodas Superb, bietet fahrdynamisch aber etwas mehr – ebenso wie bei Assistenten, Sitzen und Licht.

Der Opel Insignia glänzt auf der „German Autobahn“ und funktioniert gut auf kurvigen Landstraßen – und das auch auf langen Strecken. Mit der eher drahtigen Abstimmung muss man sich anfreunden – das wollte Opel eben so. Übrigens: Zwar startet Opel mit der Limousine, sie ist in Deutschland aber nur eine Randnotiz. Beim Vorgänger entschieden sich 80 Prozent der Käufer für den Kombi.

Weiterlesen: Alles zu Preisen und Optionen im neuen Insignia

Opel Insignia Grand Sport: Technische Daten

  • Model: 1,5 Direct Injection Turbo
  • Motor:1,5-l-Vierzylinder-Turbobenziner
  • Getriebe: Sechsgang-Handschaltung
  • Antrieb: Front
  • Leistung: 165 PS 121 kW)
  • Drehmoment: 250 Nm b. 2.000-4.500 U/min
  • 0-100 km/h: 8,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 222 km/h
  • Verbrauch: 6,0 l/100 km
  • CO2: 136 g/km
  • Länge: 4,897 m
  • Breite: 1,863 m
  • Höhe: 1,455 m
  • Radstand: 2,829 m
  • Leergewicht: 1.440 kg
  • Kofferraum: 490-1.450 l
  • Basispreis: 27.695 Euro
  • Marktstart: 24.6.2017
  • Modell: 2.0 Direct Injection Turbo
  • Motor:2,0-l-Vierzylinder-Turbobenziner
  • Getriebe: Achtgang-Wandlerautomatik
  • Antrieb: Allrad
  • Leistung: 260 PS
  • Drehmoment: 400 Nm b. 2.500-4.000 U/min
  • 0-100 km/h: 7,3 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Verbrauch: 8,6 l/100 km
  • CO2: 197 g/km
  • Leergewicht: 1.649 kg
  • Basispreis: 41.500 Euro

Im Vergleich zum Vorgänger wächst der Insignia um sechs Zentimeter auf 4,90 Meter. Das um drei Zentimeter flachere Dach lässt den Opel trotzdem schlanker wirken
Quelle: Opel
MOTOR-TALK Redakteur Björn Tolksdorf am Steuer des Opel Insignia B
Quelle: Holger Preiss
Der Radstand legt um 9 Zentimeter auf 2,84 Meter zu. Das schafft mehr Raum auf allen Plätzen - hinten auch am Kopf
Quelle: Opel
Opel fertigt den neuen Insignia erneut im Stammwerk Rüsselsheim. Im Handel steht der Mittelklassewagen ab dem 24. Juni
Quelle: Opel
Opel Insignia B: Vorerst stecken nur Vierzylinder quer unter der Haube
Quelle: Opel
Opel Insignia B: Die neue Plattform aus dem GM-Regal spart in der Limousine bis zu 175 Kilo Gewicht, bei steiferer karosserie und mehr Platz
Quelle: Opel
Der Kofferraum schrumpft etwas. In der Mittelklasse scheint maximaler Laderaum heute nicht mehr gefragt, denn die Konkurrenz macht es in vielen Fällen auch so
Quelle: Holger Preiss
Opel Insignia B: Cockpit. Die Ergonomie überzeugt. Die Materialien bleiben teilweise unterhalb des Premium-Niveaus - die sichtbare Verarbeitung nicht
Quelle: Holger Preiss
Der Fahrer sitzt etwas tiefer als im Vorgänger - das lässt sich jedoch ändern, die Sitze bieten in jede RIchtung enorm viel Platz, zum sie zu verstellen
Quelle: Holger Preiss
Das Raumangebot auf den Rücksitzen überzeugt, und zwar ohne Einschränkung - anders als beim Vorgänger
Quelle: Holger Preiss
Teilweise digital, teilweise analog: Die Instrumententafel des Opel Insignia
Quelle: Holger Preiss
Das Cockpit gestaltet Opel übersichtlich. Für die Verwaltung von ACC, aktivem Spurhalte-Assistent, 360-Grad-Kamera, Querverkehr-Warner oder adaptivem Fahrwerk muss man daher in die Untermenus
Quelle: Opel
Die beige Inneneinrichtung erinnert etwas an Skoda-Innenräume - was nicht negativ ist
Quelle: Opel
Nett: Unter gedämpft öffnenden Klappen aus Klavierlack verbergen sich Staufächer für Handys und Co. Mit Onstar bietet der Insignia weiterhin klassenbeste Konnektivität
Quelle: Opel
Klimasteuerung im Opel insignia B
Quelle: Opel