Citroën C4 Cactus: Test

Der Cactus macht einfach gute Laune

Björn Tolksdorf

verfasst am Mon Nov 30 17:55:10 CET 2015

Mit dem schrägen Cactus will Citroën das Profil der Marke schärfen und natürlich auch Geld verdienen. Überzeugt der eigenwillig gestylte Franzose auch im Alltag?

Für den Cactus gibt es flippige Farben, aber nach Berlin schickte Citroën dieses unauffällige Mauerblümchen. An Charme fehlte es dem Franzosen dennoch nicht
Quelle: MOTOR-TALK

Berlin – Begeisterung sieht anders aus: Die Frau mag die Idee nicht, mit dem Citroën C4 Cactus ins Wochenende zu fahren. 48 Stunden später war es dann doch fast Liebe zwischen ihr und dem Franzosen ohne Schnurrbart. Denn er mag vieles nicht haben, aber Charme hat er serienmäßig genug.

1. Gang: Die Basis

Die Basis des C4 Cactus bildet eine verlängerte PSA-Kleinwagenplattform. Viel wichtiger aber: Die runde Nase, der dicke Plastikhintern und die gepolsterten Airbumps zwingen zur Meinung. Die Lebensgefährtin des Autors stellte erleichtert fest: In Grau auf Grau ist die Optik des Cactus erträglich.

In der Form ähnelt der Cactus einem höher gelegten SUV. Doch der Cactus ist nur 1,49 Meter hoch. Das wird spätestens auf dem Parkplatz klar, wenn ein Kia Sorento (1,70 m hoch) daneben steht. Beim Raumangebot sortiert sich der C4 Cactus in der Golfklasse ein, auch wenn er die meisten Kompaktwagen mit 4,15 Meter Länge knapp unterbietet.

2. Gang: Das Beste

Ausstellfenster hinten: Was bei Kleinstwagen Luxus ist, passt bei einem Auto dieser Größe nicht so richtig
Quelle: MOTOR-TALK

Der Cactus ist anders. Das sieht man, das spürt man beim Fahren und das muss man hinnehmen - oder ein anderes Auto fahren. Hier geht es um Charakter und nicht um Messwerte. Man lümmelt auf breiten, seitenhaltbefreiten Stühlen, schaut auf ein reduziertes Digitaldisplay und genießt entschleunigtes (und nicht besonders agiles) Fahren.

Im besten Sinne ist der Cactus damit ein echter Franzose, auch wenn der Mutterkonzern PSA ihn in Spanien zusammenschraubt. Fahrkomfort ist wichtiger als Kurvendynamik, Sparsamkeit wichtiger als Motorleistung. Benziner bis 110 PS, Diesel 99 PS: Das ist wenig, aber genug. Denn abgestimmt wurde das französische Sofa ohnehin auf französische Tempolimits.

Die Lenkung wirkt Citroën-typisch synthetisch. Das passt prima zu sanften Kurven unter grünen Bäumen, aber kaum zur sportlich gemeinten Hektik deutscher Autobahnen. Angenehmer Nebeneffekt: Der Praxisverbrauch beträgt nur wenig mehr als fünf Liter Diesel auf 100 Kilometer.

3. Gang: Das Schwächste

Citroën verweist darauf, dass der einfachste Cactus weniger als 1.000 Kilogramm wiegt und begründet damit, was alles fehlt. Zum Beispiel mehr Material-Solidität oder ein satter Türsound. Den Innenraum verschalen die Franzosen mit großflächigen Plastikwülsten. Dort, wo man öfter anfasst, mit netteren Materialien getarnt. Ist das ehrlich oder billig? Die Meinungen gehen, auch in der Redaktion, auseinander.

Weiterhin verzichten die Franzosen auf eine geteilte Rückbank, hinten gibt es nur Ausstellfenster. Das ist beides nicht wirklich praktisch, zumal der Cactus durchaus kleinfamilientaugliches Format hat. Der große, zentrale Touchscreen bündelt viele Funktionen, die Citroën von den Knopfleisten verbannt hat. In der Praxis nervt es dennoch, die Klimatisierung im zweiten Untermenü einstellen zu müssen – zumal die Touch-Flächen bei Blindbedienung nicht schnell genug reagieren, sodass man doch hinschauen muss. Einen Drehzahlmesser hätte Citroën wenigstens im dritten Untermenü verstecken können.

4. Gang: Das Überflüssigste

In der Einstiegsversion zum Listenpreis von 13.990 Euro ist nicht nur nichts drin (ok: außer Tempomat, Radio und elektrischen Fensterhebern), es gibt auch praktisch keine Upgrades. Assistenten, Klima? Fehlanzeige.

Wer Wert legt auf die coole, durchgehende vordere Sitzbank, der muss zum automatisierten Schaltgetriebe greifen. Das bekam bisher so schlechte Kritiken, dass Citroën Deutschland das Getriebe aus der Testwagenflotte verbannt hat.

Vermutlich wird es bald durch ein Wandlergetriebe ersetzt. Günstiger wird der kultige Franzose dadurch sicher nicht. Dazu passt diese Information: Der derzeit einzige verfügbare Diesel kostet mindestens 20.240 Euro.

Sparsam ist er, der Citroën C4 Cactus: Verbrauchsanzeige für ein langes Wochenende
Quelle: MOTOR-TALK

5. Gang: Das Wissenswerte

So richtig zündete die Idee Cactus in Deutschland bisher nicht. Zu teuer für einen Klein-, zu schlicht für einen Kompaktenwagen. Oder zu exzentrisch? Europaweit sind die Franzosen mit dem Imageträger dennoch zufrieden. Bis einschließlich September 2015 konnte man etwas mehr als 90.000 Exemplare absetzen.

Mit dem Prinzip Cactus: simpel, originell und bezahlbar, wollen die Franzosen ihre Modellpalette in den kommenden Jahren sanieren. Ein SUV wird es geben, neue C3 und C4 und ab 2018 wenigstens einen Kombi als C5-Nachfolger. Mit dem lustigen Look will sich die Marke abgrenzen von der ausgegliederten DS-Linie sowie von der seriöser gestylten Schwestermarke Peugeot.

6. Gang: Das Besondere

Vieles ist besonders am Citroën C4 Cactus. Die Schlaufengriffe an der Tür gefallen, das große Handschuhfach ist toll (dafür wanderte der Airbag unters Dach). Und die Luftpolster, genannt Airbumps? Ja sie nehmen auf dem Supermarktparkplatz wirklich etwas die Sorge vor freirollenden Einkaufswagen. Beim Testwagen wirkten sie allerdings etwas klapprig.

Ausrollen und Fazit

Fast erschreckend: Dass der Cactus urfranzösische Autotugenden wiederbelebt, gilt heute tatsächlich als „gewagt“. Bequem wie ein altes Sofa ist er, lustig, wendig, übersichtlich und sparsam. Das macht einfach gute Laune. Und kommt es darauf nicht an, im Leben – auch, wenn es woanders tollere Haptik, tollere Spaltmaße und mehr Überholprestige gibt? Es bleibt beim Fazit: Der gewinnt keinen Vergleichstest, aber unsere Herzen!

Technische Daten: Citroën C4 Cactus Blue Hdi 100 Stop&Start Feel

  • Motor: 1,6-Liter-Diesel
  • Getriebe: Fünfgang manuell
  • Leistung: 99 PS (73 kW)
  • Max. Drehmoment: 254 Nm
  • 0-100 km/h: 10,7 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 184 km/h
  • Verbrauch: 3,4 l/100 km
  • CO2: 90 g/km
  • Länge: 4,15 m
  • Breite: 1,73 m
  • Höhe: 1,49 m
  • Radstand: 2,595 m
  • Leergewicht: 1.145 kg
  • Kofferraum: 348 l
  • Testwagenpreis: 22.220 Euro (inkl. Sonderausstattung: 2.080 Euro)
  • Basispreis Citroën C4 Cactus:13.990 Euro

Der Citroën C4 Cactus liegt sowohl preislich als auch von der Größe irgendwo zwischen Kleinwagen und Kompaktklasse
Quelle: MOTOR-TALK
Das Gesicht des Cactus sticht aus der Masse heraus, gefällt - oder eben nicht
Quelle: MOTOR-TALK
Citroën C4 Cactus: Heckansicht
Quelle: MOTOR-TALK
SUV? Das ist eine optische Täuschung. Das fällt spätestens dann auf, wenn ein echtes SUV daneben steht
Quelle: MOTOR-TALK
Praxistaugliche 348 Liter passen in den Kofferraum
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Citroën C4 Cactus
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Die "Airbumps" sind eine feine Sache: Das merkt man spätestens, wenn dem Nebenmann auf dem Supermarktparkplatz der Einkaufswagen davonrollt
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Citroën C4 Cactus
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Ein Spoiler? Nein, eine Dachreling
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Ausstellfenster hinten: Was bei Kleinstwagen Luxus ist, passt bei einem Auto dieser Größe nicht so richtig
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Citroën C4 Cactus: Cockpit
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Breite Sitze ohne Seitenhalt: Im Cactus wird Sofa-Feeling großgeschrieben
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Das Raumangebot hinten überzeugt. Die einteilige Rückbank ist allerdings etwas unpraktisch, auch wenn Citroën auf die Gewichtsersparnis verweist
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Für das nach oben öffnende Handschuhfach wanderte der Beifahrerairbag unters Dach
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Die Türschlaufen stehen für den Anspruch, manches etwas anders zu machen
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Der Touchscreen lässt sich ohne Hinschauen nicht besonders gut bedienen. Das nervt ein wenig am Cactus-Bedienkonzept
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Sparsam ist er, der Citroën C4 Cactus: Verbrauchsanzeige für ein langes Wochenende
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Verbrauchsanzeige: Ein zweites Streckenprofil
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Lüftung und Heizung als Touchscreen-Menü
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Vorbildlich: Rückfahrkamera mit Hilfslinien
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