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12. Creme 21 Youngtimer-Rallye - Zwei MOTOR-TALKerinnen auf Rallye-Tour

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Wer bei der Creme21 orange sieht, der denkt schon mal richtig. Doch vor mir stehen Autos in fast allen Farben. Die orangenen verkörpern allerdings am besten, worum es geht. Um die 70er, um den Lebensstil damals, um die Liebe zum Auto – und vor allem um die Lust aufs Autofahren.

Spa/Belgien - All das trieb die Macher von Deutschlands lustigster Youngtimer-Rallye zur Gründung eben dieser. Mittendrin nun wir, zwei MOTOR-TALKerinnen. Was für ein Spaß!

Die Rallye mit dem Namen des kultigen Körperpflegeproduktes fing vor zwölf Jahren bescheiden an. Heute sind 360 Teilnehmer in 180 Autos am Start. Opel, die Marke der 70er schlechthin, ist Hauptsponsor. Und so startet die 1.000-Kilometer-Ausfahrt mit einer Rundfahrt. Auf der legendenreichen Rennstrecke von Spa-Franchorchamps.

Doch erst mal heißt es warten. Bis alle Autos in Spa eingetrudelt sind, vergeht die Zeit schleppend. Beste Chance, die Autos und ihre Fahrer ausgiebig zu bestaunen. Wir stellen fest: Regeln sind hier Schall und Rauch. Theoretisch dürfen bei der Creme 21 nur Autos mitfahren, die mindestens 21 und maximal 40 Jahre alt sind. Das ist der holländische Polizei-Porsche von 1993 ganz sicher nicht, welcher kurz nach Herbie, dem Filmkäfer von 1960, die Auffahrt des Renngeländes passiert.

An die Regel, je bunter, desto besser, halten sich die Insassen der Autos dahingegen mit stoischer Akribie. Schlaghose, Riesenbrille, Hut oder gemusterter Helm müssen hier sein. Auffallen gehört zum guten Ton. Stilecht im richtigen Farbton. Und der ist, Ihr wisst es schon, orange.

Auftakt auf der Ardennen-Achterbahn

Das Orga-Team ist sich den hohen Erwartungen bewusst. Keiner will hier lange Begrüßungsreden hören. Es soll losgehen, endlich. Nach der Teilnehmer-Anmeldung am Bierzelttisch und dem Aufkleben der Startnummern folgt die technische Abnahme der Autos. Blinker? Geht. Bremslicht? Auch. Warnweste und -Dreieck, Verbandskasten? Hier in der Tasche, soll ich zeigen? Nö, glaub ich euch, viel Spaß! Es folgen kurze, aber warme Begrüßungsworte und die obligatorischen Regularien. Dann geht’s los: Das alte, bunte, rare Blech jedes Teilnehmers darf endlich die Bekanntschaft mit dem Rennasphalt und den scharfen Kurven des Rennparcours von Spa-Francorchamps machen. Der 77er-Opel-Commodore hinter dem Talbot Samba Cabrio hinter dem BMW 2002 turbo. Den Gasfuß durchgedrückt, drei Runden für die Ewigkeit. Mit Capri-Sonne stoßen wir hinterher darauf an.

Geschicklichkeit, Gedächtnisleistung, Glück

Das, was zu einer klassischen Oldtimer-Rallye passt, das passt nicht zur Creme 21. Wertungsprüfungen mit Lichtschranken,Schläuchen und Radar haben hier nichts verloren. Verlieren kann man hier ohnehin nichts, Strafpunkte gibt es nicht. Schnelligkeit ist dennoch gefragt, wenn auch nicht per Gasfuß. Der Kopf, die Auffassungsgabe müssen ran. Wer in jüngerer Vergangenheit öfter bei Kindergeburtstagen mitgespielt hat, ist bei der „Creme“ ebenfalls ganz vorn dabei. Neben Klopümpel-Weitwurf, Lenkrädermarken erraten und Autogewicht errechnen ist das berühmt-berüchtigte Kofferspiel eine der schwierigsten Prüfungen. Die Regel: Merke dir in 21 Sekunden jedes Detail der Gegenstände im Koffer. JEDES. Stunden später kommt eine Frage dazu. Geht es um Anzahl, Gewicht, Farbe, Form der Gegenstände im Koffer oder um etwas ganz anderes? Antwort: Ja, genau. Irgendetwas davon…

Roadbook, Raser und Reisende

Ein echtes Rallye-Roadbook muss gewaltig sein. Seitenstark, schwer, beängstigend. Oder? Das Roadbook der Creme21 ist - wie sollte es anders sein – anders. Dünn, leicht. Es sieht aus wie die Beilage eines Roadbooks. Dass leichtes Gewicht nicht leichter Inhalt bedeutet, wird jedem klar, der nicht gerade spielt und punktet, sondern fährt. Die eine oder andere verwirrende Angabe im Roadbook scheint Taktik. Kein Wunder, dass zeitweise auf der Strecke weit und breit kein Mitstreiter zu sehen ist. Und wer sich nicht gerade verfährt, der rast – oder reist gemütlich. Die Streckenauswahl von Spa über das Sauerland nach Bad Wildungen und weiter Richtung Rüsselheim führt durch wunderschöne Gegenden, Wälder, Felder, Serpentinen und kurvige Landstraßen.

Mini-mal-listig

Team 48 MOTOR-TALK/Mini ist im „Mr. Bean“ unterwegs. Der 1974er-Mini der Baureihe Mark III ist gelb lackiert und stammt aus der Flotte, die vor rund 20 Jahren für den Dreh der gleichnamigen TV-Serie bereit stand. Ja, seine Federung ist hart. Nein, es stört uns nicht. Mit dem Einstieg in den Mini legen wir den Anspruch an Bequemlichkeit und Komfort ab – und erhalten dafür ein puristisches Fahrgefühl - und ein enormes Ego. Von unten herauf schauen wir auf die anderen herab.

Ein Drehzahlmesser im Mini? Das ist unser Gehör. Die Scheibenwischer-Intervallschaltung? Das machen wir per Hand – und zwar mit links. Denn Mr. Bean ist ein Brite, ein Rechtslenker. Sein 1,0-Liter-Vierzylinder-Motor mit 34 PS gaukelt den anderen Rallye-Teilnehmern Schwäche vor. Dass viel PS bei der Creme 21 nicht zwingend weiterhelfen, beweisen wir bereits am zweiten Tag, als wir in jeder Kurve dem uns folgenden Mercedes 280SL um Längen voraus wedeln.

Open End bei Opel

Vier Tage und zwei Dutzend Wertungsprüfungenspäter erreicht der bunte Tross das Opel-Werksgelände in Rüsselsheim. Wir treffen ein paar Gesichter, ein paar Autos wieder, die wir zuletzt in Spa gesehen hatten. Auf der Strecke trifft man immer die gleichen Autos, wir kennen uns jetzt, wir gehören dazu. Vier Tage durch die Gegend kutschieren, knobeln und Klopümpelwerfen schweißen zusammen.

Zur Big-Picture-Galerie von der Creme 21 geht es hier.

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