Rostvorsorge: So funktioniert Hohlraumversiegelung

Mercedes S-Klasse W140
Berlin – Das Fett tropft durch die Ritzen. Der Boden klebt, in der Luft hängt Sprühnebel. Eine Sauerei, aber genau so soll es sein. Dieser Benz soll nicht rosten. Nie mehr. Deshalb habe ich ihn mit Mike-Sanders-Korrosionsschutzfett fluten lassen. Warum? Weil es die beste Hohlraumkonservierung sein soll – günstiger als TimeMax und langlebiger als Fluidfilm.
Während bei modernen Autos das Blech durch Tauchlackierung, Verzinkung, Einsatz von Aluminium und Hohlraumkonservierung geschützt wird, versiegelt bei älteren Autos nur der Lack das Blech. Wenn der abplatzt oder reißt, nistet sich dort Rost ein und verbreitet sich mit der Zeit. Kondens- oder Regenwasser kann durch viele Ritzen dringen und sich bei verstopften Ablauflöchern in der Karosserie sammeln. Abhilfe schaffen spezielle Fette und Wachse.
Die werden in flüssiger Form in die Hohlräume, Ecken und Kanten gespritzt und verschließen das Blech. An warmen Tagen tropfen Wachse und Fette zwar aus dem Auto heraus, aber sie umschließen vorhandenen Rost und stoppen ihn. Das lösemittelfreie Mike-Sander-Fett ist nur leicht haut- und umweltschädlich, hat gute Kriecheigenschaften und haftet gut auf schon rostigen Blechen.
Noch nach Jahren bleibt das Fett geschmeidig und kriecht bei Hitze weiter in die Ritzen. Im Gegensatz zu anderen Mitteln verzichtet Mike Sanders auf Konservierungsstoffe, sodass der Hohlraumschutz nicht austrocknet, brüchig oder porös wird – und das für Jahre. So die Theorie.

Hohlraumkonservierung: Nichts für Ungeübte


Die Rostschutzbehandlung von TimeMax spritzen nur Profis, kombinieren das mit einer aufwändigen Untersuchung und stimmen darauf genau das passende Fett ab. Das soll ein gutes bis perfektes Ergebnis ergeben, ist aber mit mindestens 1.500 Euro auch sehr teuer. Hobbyschrauber können Mike-Sanders-Fett selbst verarbeiten und dabei viel Geld sparen.
Anfangs habe ich mir überlegt, das Zeug selbst zu verarbeiten. Es klingt nicht schwierig: Das Fett in einem speziellen Schmelzautomaten auf 120 Grad erhitzen, in einen Druckluftbecher füllen und mit einer Hohlraum- oder Hakendüse das flüssige Fett in die Hohlräume spritzen. Die Materialkosten liegen mit fünf Kilogramm Fett, Druckspritzbecher und den Düsen bei rund 200 Euro. Den speziellen Schmelzofen für rund 150 Euro hätte ich durch einen alten Topf ersetzt und ihn auf einer Campingkocher-Herdplatte erhitzt.
Doch ein Freund riet mir ab: Für Ungeübte kann die Arbeit in eine Sauerei ausarten. Denn das Fett muss schnell verarbeitet werden. Wenn es erkaltet, verstopft es die Düse. Jagen dann zwischen fünf und sieben bar Luft durch die Düse, knallt es und das Fett liegt überall verteilt in der Garage. Davor hatte ich Respekt – und keine Lust auf das Putzen danach. Deshalb suchte ich mir einen professionellen Verarbeiter und machte einen Deal.
Die Arbeitsteilung: Ich zerlege meinen Benz selbst, demontiere die Verkleidung am Unterboden, die Radkästeninnenverkleidung und die Türverkleidung. Er spritzt mir das Fett rein. Kosten: Statt etwa 1.000 Euro zahle ich rund 800 Euro plus Mehrwertsteuer und lege selbst zwei Tage Hand an den Benz. Außerdem kann ich mir so in Ruhe und ganz genau das Blech unter der Verkleidung anschauen.

Arbeitsaufwand: Insgesamt drei Tage


Dabei entdeckte ich zwei kleine Rostlöcher, schweißte und versiegelte sie und ersetzte ein paar rostige Schrauben und Muttern. Den alten Dreck am Fahrwerk und in den Ritzen saugte ich weg. Ein paar Clips brachen zwar bei der Demontage, aber die waren schnell ersetzt. So kenne ich jetzt jedenfalls die Blechsubstanz meines Autos.
Der Fett-Verarbeiter benötigte drei Tage. Zuerst inspizierte er den Benz, schabte an einigen Stellen Rost weg und versiegelte die Stellen mit Brunox-Rostumwandler. Dann klebte er das ganze Auto mit einer dünnen Folie ab, damit sich der Sprühnebel nicht darauflegt. Gleichzeitig erhitzte er das Fett ein paar Stunden, damit es schön flüssig wird.
Das eigentliche Konservieren des Autos dauerte nur rund fünf Stunden. Im ersten Schritt. Danach kühlte das Fett über Nacht ab und der Profi kontrollierte seine Arbeit. An einigen Stellen musste er nacharbeiten. Also wieder Fett erhitzen und eine zweite Schicht drüberlegen.
Nach drei Tagen war der Benz dann abholbereit. Folie ab, kurz die Scheibe reinigen und ab in die heimatliche Garage. Dort setze ich an einem Tag die Verkleidung wieder an, pinselte vorher noch an einigen Stellen zusätzlich etwas Fett (vorher als kleine Dose gekauft) auf die Karosserie. Das Mike-Sanders-Fett lässt sich auch kalt ganz gut verstreichen, zumindest auf kleine Stellen wie Schrauben oder Falze. Auch die Kofferraumwanne unterhalb des Reserverads strich ich dick mit Fett ein.

Versiegeln ist billiger als Instandsetzen


Warum der ganze Aufwand? Meinen Benz möchte ich möglichst lange behalten. So lange jedenfalls, wie ich mir die S-Klasse leisten kann. Rost soll uns jedenfalls nicht trennen. Und konservieren ist günstiger als in ein paar Jahren Teile einzuschweißen und zu lackieren.
Allerdings war die Substanz des Benz gut: Der Erstbesitzer pflegte den W140. Jedes Jahr im Herbst sprühte der den Unterboden mit Wachs ein. Acht Jahre lang. Im Winter wurde das Auto nicht gefahren. Deshalb sieht der Unterboden noch gut aus und ich konnte mir eine Trockeneisstrahlung sparen. Als ich mir den Dicken vor zwei Jahren kaufte, blühten nur hinten ein wenig die Radhäuser auf, die schliff ich ab und ließ sie lackieren. Der Rest vom Blech, wie die Wagenheberaufnahmen, sahen gut aus.
Das soll so bleiben. Daher die Überlegung die Karosserie mit Mike Sanders zu fluten. Im kommenden Sommer werde ich den Dicken in der prallen Sonne aufheizen lassen – damit das Fett in die letzte Ritze kriechen kann.
Einen Nachteil hat die Versiegelung allerdings: Schweißarbeiten sind jetzt aufwändiger. Das Fett könnte Feuer fangen, muss also vorher weg. Aber genau das will ich ja verhindern. Lackarbeiten sind problemlos möglich - das Blech hat außen kaum Fett abbekommen. Im schlimmsten Fall dauern die Vorarbeiten also länger.

Übrigens: Wenn auch Ihr Euer Auto vor der braunen Pest schützen wollt, oder einfach nur über die beste Rostvorsorge diskutieren möchtet, dann findet Ihr in unserem neuen Forum für „Karosseriearbeiten und Lackierungen“ die besten Ansprechpartner!

92 Antworten

Zitat:

@DerAllgi schrieb am 22. April 2017 um 07:49:38 Uhr:


Seilfett mag nicht schlecht sein, aber es unterwandert nicht den Rost. Und kann ihn so auch nicht stoppen. Auf nicht angerosteten Teilen mag das gehen.

Das Seilfett, was ich verwende ist dünnflüssig bei 20 °C und zieht tief in den Rost ein. Am folgenden Tag ist es staubtrocken und alle damit behandelten Teile haben aufgehört zu rosten.

Zitat:

@Big-Toto schrieb am 21. April 2017 um 19:17:54 Uhr:


Solche Berichte haben doch mal einen Wert.
Aber davon ab... Hat Mike Sanders überhaupt eine MB Freigabe?
:p

Grüße...

Hat der Ersteller dieser Zeilen überhaubt eine Freigabe so einem Müll loszulassen ?

Zitat:

@azrazr schrieb am 21. April 2017 um 20:17:55 Uhr:


Blöde Frage....
Als meine damalige Freundin um 1994 herum ein Auto gesucht hat, wurde ihr u.A. ein Polo angeboten, der einem Finnen gehört hat, der "jetzt" in Deutschland lebt und arbeitet (der dürfte längst Rentner sein, und in der Karibik leben...). Der Polo war also aus Finnland.
Neben der durchschnittlichen Ausstattung ist die Versiegelung aufgefallen. Gelb und dick. Genannt wurde das Zeug damals Wachs. Nichts war nicht schmierig (und auch nicht brüchig), sondern haftete fest und "trocken" am Auto - eben wie Wachs.
Nun wird das aktuelle Zeug "Öl" genannt, hat komische Namen und verselbständigt sich im Sommer.
WTF?
Warum musste man etwas anderes einführen, als das, was funktioniert hat??? Oder ist der aktuelle Glibber in IRGEND einer Form besser?

Tja keine Ahnung, wir haben hier auch so nen Halbfinnen rumstehen, besser gesagt nen Schweden mit Geburtsort Finnland.

Das Ding ist auch mit Wachs voll, Baujahr 1987 und kein Fitzelchen Rost am Auto. Die haben aber auch Späße gemacht wie Bremsleitungen die durch den Innenraum laufen. Qualitativ sicherlich das beste Auto hier im Fuhrpark.

Mit Konservierungsfett tu ich mich aber auch schwer.

Ich denke auch, dass Hohlraumwachs in Verbindung mit Seilfett eine ganz gute Verbindung ist.

Von Fett, was man in Hohlräume kippt, halte ich eher wenig. Da steht dann schnell mal das Auto in Flammen, wenn man doch mal schweißen muss.

Gibt auch vom Opel Calibra eine finnische Version, die wohl etwas besser gegen Hohlraum-Rost geschützt ist.
http://www.motor-talk.de/.../...thos-der-finnen-grip-t2580958.html?...
Es geht also, wenn man nur will. Wollen aber nur die wenigsten Hersteller, daß die Dinger (zu) lange halten.

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So recht, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Zuerst einmal sollte man eine Bestandsaufnahme mit einem Endoskop machen und spez. die typischen Roststellen untersuchen.
Dann die zu behandelten Stellen "ordentlich" reinigen. Sehe auf den Bildern Sand am Schwellen, Radhaus und Rost am Querlenker.
Ohne Restwertschätzung und vernünftige Bestandsaufnahme - "Rost" spez. an versteckten Bereichen, macht es für mich keinen Sinn, einen großen "Schlag" zu machen.
Bei meinem ex. W203 waren auch alle Hohlräume o.k. aber die Türen, Kotflügel, Kofferraumdeckel und hinteren Radläufe sind weggefault trotz Wachsnachbehandlung im 3 jährigem Alter.

Zitat:

@uchti3 schrieb am 22. April 2017 um 11:02:53 Uhr:



Zitat:

@Big-Toto schrieb am 21. April 2017 um 19:17:54 Uhr:


Solche Berichte haben doch mal einen Wert.
Aber davon ab... Hat Mike Sanders überhaupt eine MB Freigabe?
:p

Grüße...


Hat der Ersteller dieser Zeilen überhaubt eine Freigabe so einem Müll loszulassen ?

Huiii...

Ein Spaßbefreiter...

Hat das schonmal jemand bei einem Neuwagen/ziemlich neuen Wagen gemacht? Also bei nem aktuellen A6 oder aehnlich? Deuten die beim Freundlichen dann den Vogel wenns mal was zu machen gibt?

Bei nem A6 wirste es weniger brauchen, aber bei unserem neuen Toyota hat es der Freundliche gleich ab Neuwagen zu einem unschlagbaren Preis von 300 Euro angeboten und 4,8 kg verarbeitet.
Ich nehme seit einiger Zeit auch kein Wachs mehr, sondern nur noch LM Seilfett - beste Erfahrungen damit. Günstig, leicht zu verarbeiten und guter Schutz.
Allerdings hält es nicht so lang und muss alle 2-3 Jahre nachgearbeitet werden.

Zitat:

@Spossideat schrieb am 22. April 2017 um 14:17:37 Uhr:


Hat das schonmal jemand bei einem Neuwagen/ziemlich neuen Wagen gemacht? Also bei nem aktuellen A6 oder aehnlich? Deuten die beim Freundlichen dann den Vogel wenns mal was zu machen gibt?

Hat unser Focus3 gleich vom

:)

bekommen, allerdings für 200 € zusätzlich ! (dafür aber richtig viel, ich war dabei

:D

)

Mein älterer TDCI hat eine Mischung aus Wachs, Zinkstaub, und Leinöl in den Hohlräumen, mit ~ 80-100° rein geblasen. (und gut abtropfen gelassen)

Unterboden nur durchsichtigen Fluidfilm. Klebt nicht, und man versaut sich nicht bei Arbeiten. Wird halt vor jedem Winter nachgebessert, wo nötig !

Wer (so wie ich) verrückt genug ist, sich die Sauerei selbst anzutun: hier gibt es eine schöne Anleitung zum Verarbeiten des MS-Fettes (Meine Frau nannte es Sado-Maso-Fett. Das ist natürlich böse).
http://www.korrosionsschutz-depot.de/media/pdf/fett.pdf

Bei einem Neufahrzeug macht so eine Behandlung nicht unbedingt Sinn. Was nützt mir ein 20 Jahre altes Auto, welches keinen Rost hat, aber still liegt, weil irgendeines der tausend Steuergeräte defekt und nicht mehr lieferbar ist.
... Die Klassiker von Morgen sind das heute schon....

Zitat:

@Pit 32 schrieb am 23. April 2017 um 08:23:16 Uhr:


Bei einem Neufahrzeug macht so eine Behandlung nicht unbedingt Sinn. Was nützt mir ein 20 Jahre altes Auto, welches keinen Rost hat, aber still liegt, weil irgendeines der tausend Steuergeräte defekt und nicht mehr lieferbar ist.
... Die Klassiker von Morgen sind das heute schon....

Stimmt. Dieser Benz ist auch so alt und bereits ALLE seine Steuergeräte sind vollständig ausgefallen!

;)

Ich glaube ich habe von einem Neufahrzeug gesprochen, und dieser Benz ist, gemessen an einem Autoleben alt, insbesondere weil vom Hersteller mit dem Stern auch etliche Rostlauben verbrochen wurden. Wäre die Ersatzteilversorgung bei Mercedes für ältere Fahrzeuge nicht überdurchschnittlich gut, dann würde es um den älteren Fahrzeugbestand genauso traurig aussehen wie z.B. bei Audi

In einem neuen Golf mit normaler Ausstattung ist kaum mehr Elektronik als in dieser S-Klasse verbaut. Und da diese noch fährt, wird es ein Golf nach 20 Jahren auch machen, es sei denn, die Qualität hat stark abgenommen (was allerdings wahrscheinlich ist).

Zitat:

@Goify schrieb am 23. April 2017 um 09:30:36 Uhr:


In einem neuen Golf mit normaler Ausstattung ist kaum mehr Elektronik als in dieser S-Klasse verbaut. Und da diese noch fährt, wird es ein Golf nach 20 Jahren auch machen, es sei denn, die Qualität hat stark abgenommen (was allerdings wahrscheinlich ist).

Naja nä

;)

Ich glaube da muss man n bisschen differnzieren, ob man nen 1992er 300 SD ohne jedwede Ausstattung bewegt oder einen 1998er S 600.

Schaltgetriebe vorausgesetzt is in so nem Golf VIII ja auch nicht so viel Elektronik wie man meint, da is ein 140er schon noch mal ne gute Hausnummer komplexer.

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