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Audi S6 und S7 - Sex für den Gasfuß: Audi S6 und S7

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Von Constantin Bergander

Ein Familienauto, so schnell wie ein Sportwagen: Audi befeuert die neuen S6 und S7 mit acht Zylindern und zwei Turboladern. Und das ist sogar Downsizing!

Kann ein Auto auf dem Papier schnell aussehen? Durchaus! Wenn hinter der 0 – 100 km/h-Angabe 4,6 (S6) bzw. 4,7 Sekunden (S6 Avant, S7 Sportback) stehen. Das Leistungs-Diagramm zeigt 420 PS und 550 Nm, erst bei 250 km/h bremst die Software den Vorwärtsdrang. Dazu kommt ein sportlich-eleganter Auftritt. Doppelte Chromleisten, ein dezentes Symbol im Kühlergrill, dazu Spiegelkappen aus Aluminium und vier Endrohre zeigen: Hier steckt Leistung unterm Blech. Serienmäßig füllt eine Sechskolben-Bremsanlage die großen Felgen fast aus, auf Wunsch verzögert die Keramik-Version in Familienpizzaformat. Im Innenraum dominiert Leder, die Sportsitze mit Rautenmuster tragen die Modellbezeichnung in Stick.

Start your Engine

Audi S6 Avant Audi S6 Avant Genug der Theorie, Zeit für Taten. Ein Druck auf den Start-Knopf und der V8 bollert los. Der Klang ist beeindruckend, aber nie laut. Wer eh schon schlecht hört, darf sich irgendwann auf einen RS6 freuen. Die ersten Kilometer fahre ich sanft. Der Turbomotor und ich, wir brauchen ein bisschen, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Während wir es uns gemütlich machen, höre ich ihm aufmerksam zu. Denn Audi hat hier nicht nur in Kraft und Leistung investiert, sondern auch in das akustische Wohlbefinden. Die aktiven Motorlager fangen beispielsweise unangenehme Schwingungen auf. Feng Shui für die Autoseele. Welche Schwingungen? Die, die Experten im Benzinsparmodus hören. Diese Lager arbeiten wie Lautsprecher und agieren in einem Bereich zwischen 50 und 250 Hertz. Es funktioniert tatsächlich: Auch mit vier abgeschalteten Zylindern behält der Motor seine völlige Laufruhe.

Klang heißt heute ja auch: Gar nichts zu hören, was man nicht will. Darum sind im Dachhimmel vier Mikrofone eingelassen, die Störgeräusche analysieren. Über die Bang & Olufsen Anlage werden dann Gegenfrequenzen ausgeschallt. So verstummt selbst leisestes Klappern. Nur das straffe Fahrwerk macht sich auf schlechten Straßen durch Poltern bemerkbar, außerdem schwingen die Türverkleidungen bei Bassbeats mit. Das hört man kaum, spürt es aber an der Hand.

Betriebstemperatur

Der Motor ist warm, der Gasfuß schwer, die Leidenschaft brennt. Die Kurven der Autobahnauffahrt nehme ich mit Druck und Feuer. Keine große Herausforderung für den S6er. Allradantrieb und (das optionale) Sperrdifferenzial halten den 1,7-Tonner in der Spur. Fuß am Bodenblech bedeutet: Vollgas-Erotik. Nach einer halben Gedenksekunde findet die Elektronik den richtigen Gang, der Ladedruck steigt und, zack, sind der S6 und ich ganz woanders. Mühelos steigt die Tachonadel, der Drehzahlmesser schlägt aus wie ein EKG. Wer rast hier schneller, der Motor oder mein Puls? Erst bei 220 macht sich die Physik bemerkbar, bei Tacho 270 ist Schluss. Ein (ebenfalls optionales) Head-Up-Display projiziert die wichtigsten Informationen auf die Scheibe: Gefahrene Geschwindigkeit, erlaubte Geschwindigkeit und die Wunschrichtung des Navigationssystems. Trotz des hohen Tempos bleibt es im S6 ruhig wie im Kloster. Nur die rahmenlosen Scheiben des S7 lassen ein paar Windgeräusche in den Innenraum. Doch was ist noch besser als die Lust an der Leistung? Wenn man weiß, dass man jederzeit stoppen kann. Und das kann dieses Geschoss. Die Keramikbremsen verzögern den Audi mit brachialer Gewalt. Definitiv das sinnvollste Extra!

Technik

Audi S6 und S7: Aktives Motorlager Audi S6 und S7: Aktives Motorlager Manche finden, dass aufgeladene Motoren einen Kompromiss darstellen. Die Agilität eines Saugmotors könne einfach nicht erreicht werden. Audi versucht beim S6/S7 darum etwas Neues: Die Abgaskrümmer befinden sich zwischen den Zylinderbänken, die Turbos direkt hinter dem Motor. Durch die kurzen Wege baut sich der Ladedruck schneller auf, das Ansprechverhalten verbessert sich. Diese Methode bedeutet aber auch eine höhere Beanspruchung der Materialien, die Wärme wird schlechter abgeführt. Der Aufwand an dieser Stelle ist beachtlich: Ein Luftleitsystem wurde extra dazu entwickelt, alle gefährdeten Teile stets mit einer Brise zu kühlen. Ganz neu ist dieses Konzept allerdings nicht. BMW verbaut seit 2008 einen ähnlichen Motor mit dem klangvollen Namen N63. Dieser wird auch im 650i Gran Coupé Verwendung finden und dem S7 Konkurrenz machen.

Das Moment des Audi-Aggregats wird über eine Doppelkupplung an eine Siebengang „S tronic“ weitergegeben. Ein automatisch sperrendes Mittendifferenzial verteilt die Kraft stufenlos an beide Achsen. Vorne kommen so bis zu 70 Prozent an, hinten sind es maximal 80. Das adaptive Fahrwerk „adaptive air suspension sport“ sorgt für eine satte Straßenlage und holt die S-Modelle 10 (S7) bzw. 20 mm (S6) näher an den Asphalt. Dank einer Fünflenkeraufhängung können Längs- und Querkräfte getrennt verarbeitet werden. In Kurven neigen sich S6 und S7 wenig, Unebenheiten werden gut geschluckt. Trotzdem machen sich schlechte Straßen deutlich bemerkbar.

Fazit

Der Wagen könnte fast wie Sex auf Rädern sein. Gut für das Auto aber schlecht für die wahre Leidenschaft: Eine ganze Armada von Assistenzsystemen begleiten den S6 und S7 jederzeit. Sie sorgen für Komfort, Sicherheit, Übersicht. Fast wie eine elektronische Über-Mutter. Das ist gut, wirkt aber manchmal wie ein Liebestöter.

Audi S6: Verbrauch Audi S6: Verbrauch Der Verbrauch sinkt mit Zylinderabschaltung auf unter acht Liter pro 100 Kilometer. Im Normbetrieb sind es 13 Liter, sportlichere Piloten erreichen locker 17 Liter und mehr. Werksangabe sind 9,6 (S6, S7 Sportback) bzw. 9,7 (S6 Avant), also 225 bzw. 226 Gramm CO2 pro Kilometer. Naja. Schade: Schon bei den Testmodellen mit 5.000 Kilometern Laufleistung schlug das Leder im Einstiegsbereich Wellen. In dieser Preisklasse ist das nicht akzeptabel: Audi lässt sich den S6 mindestens 72.900 Euro kosten, für den Avant werden 75.250 Euro veranschlagt. Der S7 ist sogar erst ab 79.900 Euro zu haben.

Immerhin sind die Turbo-Audi-Familienautos günstiger als die Konkurrenz aus München und Stuttgart. Mercedes ruft für den E 500 4Matic 73.750,25 Euro auf, für das T-Modell 76.368,25. Der CLS 500 4Matic kostet mindestens 83.657 Euro. Bei BMW verlässt ein 550i xDrive ab 73.600 das Werk, der Einführungspreis für das 650i xDrive Gran Coupé wird stolze 96.000 Euro betragen. Allerdings bieten sowohl Mercedes als auch BMW günstigere Versionen ohne Allradantrieb an.

 

Quelle: MOTOR-TALK

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