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Anteils-Übernahme: Mitsubishi tritt Renault Nissan Allianz bei - Neue Allianz fast so groß wie GM oder VW

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Der Verbrauchs-Skandal treibt Mitsubishi in die Arme von Carlos Ghosns Renault-Nissan-Allianz. Damit wird der Unternehmensverbund fast so groß wie GM, Toyota oder VW.

Nissan verleibt sich ein Drittel von Mitsubishi ein und wird künftig eng mit dem kleineren Hersteller kooperieren Nissan verleibt sich ein Drittel von Mitsubishi ein und wird künftig eng mit dem kleineren Hersteller kooperieren Quelle: MOTOR-TALK

Tokio – Das ging schnell: Gestern abend berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, der japanische Autogigant Nissan könne beim deutlich kleineren Hersteller Mitsubishi einsteigen und ein Drittel der Anteile an Mitsubishi Motors erwerben. Heute vermeldet Mitsubishi: Nissan übernimmt 34 Prozent an Mitsubishi Motors für 237 Milliarden Yen (1,9 Mrd. Euro) und wird damit zum größten Anteilseigner an Mitsubishi Motors.

Künftig wollen die beiden Unternehmen zum Beispiel bei Einkauf, Entwicklung, Plattformen, Technologie, Werksauslastung eng kooperieren. Carlos Ghosn, Renault-Nissan-Chef, sprach von einer „breakthrough transaction“. Man heiße Mitsubishi als neues Mitglied in der Allianz-Familie willkommen. Was er damit meint: Mitsubishi wird zur dritten, aber deutlich kleinsten Säule in der globalen Renault-Nissan-Allianz.

Eine Komplettübernahme strebt Nissan auf dem Papier zwar nicht an: Man erwarte, dass Mitsubishi Heavy Industries, Mitsubishi Corporation und die „Bank of Tokyo“ weiterhin einen großen Teil am Unternehmen halten. Aber man erwarte ebenfalls, dass die bisherigen Eigner der Allianz volle Rückendeckung geben.

Der Vollzug soll schon Ende Mai 2016 stattfinden. Bis Ende des Jahres soll die Transaktion dann komplett umgesetzt sein. Was sie am Ende bedeutet, zeichnet sich ab: Nissan wird bei Mitsubishi die Kontrolle übernehmen. Carlos Ghosn sprach davon, Mitsubishi Nissans „Management-Expertise“ zur Verfügung zu stellen – also künftig die Linie vorzugeben. Laut einer Mitteilung soll Nissan außerdem den künftigen Mitsubishi-Vorstandvorsitzenden stellen.

Ein neuer Autogigant

Und verkauft: Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn (l.) schüttelt die Hand von Mitsubishi-Chef Osamu Masuko. Künftig kann Ghosn bei Mitsubishi vermutlich "durchregieren" Und verkauft: Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn (l.) schüttelt die Hand von Mitsubishi-Chef Osamu Masuko. Künftig kann Ghosn bei Mitsubishi vermutlich "durchregieren" Quelle: dpa/Picture Alliance

Man könnte nun sagen: Mitsubishi hat betrogen, und zahlt dafür mit seiner Unabhängigkeit. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Experten erwarten schon lange Fusionen und Übernahmen in der japanischen Herstellerlandschaft. Denn mit Mazda, Suzuki, Subaru oder eben Mitsubishi fehlt einigen Unternehmen die Größe, die Analysten für überlebensnotwendig am globalen Automarkt halten.

Mitsubishi meldete für das abgelaufene Wirtschaftsjahr 1,2 Millionen Verkäufe, davon rund 10 Prozent in Japan. Eine Größenordnung, in der es nur wenige unabhängige Volumenhersteller gibt. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum produzierte Nissan 5,2 Millionen Fahrzeuge. Für das Kalenderjahr 2015 meldet die Renault-Nissan-Allianz 8,5 Millionen verkaufte Fahrzeuge.

Mit diesen Zahlen war die Renault-Nissan Allianz, zu der auch der russische Hersteller Avtovaz gehört, schon bisher der viertgrößte Autoproduzent der Welt. Nach Toyota (10,15 Mio.), Volkswagen (9,9 Mio.) und General Motors (9,8 Mio.). Mit dem Volumen von Mitsubishi könnte Renault-Nissan künftig sehr dicht zu den großen Drei aufschließen. Oder sich sogar dazwischen drängeln.

Neues zum Verbrauchs-Skandal

Aber das ist Zukunftsmusik, erst einmal geht es um Reparatur. Mitsubishis CEO Osamu Masuko sprach von der „schweren Aufgabe, Vertrauen zurückzugewinnen“. Seit dem 19. April hat Mitsubishi an der Börse fast die Hälfte seines Unternehmenswertes verloren und war zuletzt nur noch rund 486 Milliarden Yen (4,5 Mrd Dollar) wert.

Ebenfalls am gestrigen Mittwoch musste Mitsubishi zugeben, möglicherweise bei mindestens neun weiteren Modellen die Verbrauchsangaben gefälscht zu haben. Bisher war von vier Modellen und 625.000 Fahrzeugen die Rede. Weiterhin soll es nur um Fahrzeuge für den japanischen Markt gehen.

Dass die Prüfstandsverfahren zumindest teilweise in betrügerischer Absicht manipuliert wurden, geht ebenfalls aus der Meldung hervor. Ein niedriger Verbrauch sei das größte Verkaufsargument, heißt es darin. Die Ingenieure hätten daher vorgegebene Verbrauchsziele unbedingt erreichen wollen. Dies geschah dann teilweise über eine Änderung der Berechnungsgrundlagen bei den Tests – beispielsweise beim Rollwiderstand. Nach Informationen der dpa geht es dabei um fünf bis zehn Prozent Abweichung.

Der Konzern richtete nun ein Komitee ein, das mit Experten von außerhalb des Unternehmens besetzt ist und dem Skandal auf den Grund gehen soll. Ein Bericht wird in einigen Monaten erwartet.

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