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Chauffeur-Lehrgang bei Rolls-Royce - Mit „White Gloves“ und Ledersohle

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Ein Auto ist nur so gut wie sein Fahrer: Wer bei Andi McCann ins Training geht, erlernt die Hohe Schule. Der Brite ist Chef-Instruktor für Chauffeure bei Rolls-Royce.

Rolls-Royce unterhält eine eigene Chauffeurs-Schule. Schließlich erkannte schon der Firmengründer: Ein Auto ist immer nur so gut wie sein Fahrer Rolls-Royce unterhält eine eigene Chauffeurs-Schule. Schließlich erkannte schon der Firmengründer: Ein Auto ist immer nur so gut wie sein Fahrer Quelle: SP-X

Goodwood/Großbritannien - „Was nutzt einem die beste Limousine der Welt, wenn ein schlechter Fahrer am Steuer sitzt?“ Andi McCann sorgt als vermutlich vornehmster Fahrlehrer der Welt dafür, dass die Fahrt im Fond eines Phantom oder Ghost nicht zum Fiasko wird. Nur weil vorne ein Laie am Lenker sitzt. Er instruiert Hotelpersonal in Hongkong, trainiert Privatfahrer in Panama oder unterweist das Personal junger Milliardäre in Peking.

Die Kunst der Fahrzeugbeherrschung hat bei Rolls-Royce Tradition. McCann sagt, das werksseitige Fahrertraining habe kein Geringerer als Sir Frederick Henry Royce erfunden. „Allerdings ging es damals vor allem um die Fahrzeugbedienung“. Royce hatte erkannt, dass ein Auto nur so gut ist wie sein Fahrer.

Heute verfügt selbst ein Phantom über so etwas profanes wie die Wartungsintervall-Anzeige, die technisches Fähigkeiten des Fahrers dürfen sich aufs Tanken und das Polieren des Lacks beschränken. Deshalb konzentriert sich McCann auf andere Qualitäten.

Mit der Technik des Wagens hat ein Fahrer heute nur noch wenig zu tun. Um so wichtiger: Stil und fahrerisches Können Mit der Technik des Wagens hat ein Fahrer heute nur noch wenig zu tun. Um so wichtiger: Stil und fahrerisches Können Quelle: SP-X Dabei geht es ihm weniger um Fahrzeugbeherrschung. Zwar hat er auch schon Rennfahrer trainiert und weiß, wie ein Auto im Grenzbereich zu bewegen ist. Aber quietschende Reifen, Vollbremsungen und Drifts wird man beim Fahrertraining von Rolls-Royce nicht erleben.

McCann lehrt im „White gloves“-Programm die Hohe Schule des Autofahrens. Die Lektion beginnt mit ein paar Anmerkungen zur Etikette: Pünktlichkeit, ein unaufdringliches Parfüm und die passende Uniform. Aber: „Ein dunkler Anzug macht aus einem Taxikutscher noch keinen Privat-Chauffeur“, sagt McCann. „Akkurat, präzise, und trotzdem so unauffällig wie ein guter Geist, der eigentlich gar nicht da ist“ muss der Chauffeur sein.

Smalltalk und perfekte Symmetrie

Drei Minuten vor der Zeit ist gerade noch pünktlich. Dann fühlen sich die Fahrgäste nicht gehetzt. Ein guter Chauffeur hat sich und sein Auto dann bereits perfekt auf die Fahrt vorbereitet, sagt McCann: Man kennt die Route, hat mit dem Doorman des Hotels gesprochen und den Fond hergerichtet.

„In den Cupholdern oder im Barfach steht das bevorzugte Getränk der Gäste, es herrscht die ideale Wohlfühltemperatur. Und natürlich stehen die Klimaausströmer und die Temperaturskalen im Cockpit in perfekter Symmetrie.“

Wie in der Liebe, ist der erste Moment der wichtigste: In wenigen Augenblicken müsse der Chauffeur die Stimmung ausloten, mit Smalltalk ein Vertrauensverhältnis aufbauen und seine Passagiere mit den wichtigsten Informationen zu Fahrt versorgen. „Während dieser 30 bis 60 Sekunden hält man direkten Blickkontakt über den Spiegel“, doziert der McCann. Danach überlasse ein guter Chauffeur die Passagiere der Privatspäre.

Trotzdem: ein guter Chauffeur ist auf alle möglichen Gesprächsthemen vorbereitet. Das Gepäck lädt er unter den Augen des Besitzers ein, versichert sich, dass wirklich alles an Bord ist und hat einen kleinen Lappen griffbereit. Zwar dürfen die Koffer der Kundschaft ohnehin nie über den Asphalt rollen. Doch falls trotzdem Dreck an den Rollen ist, darf der nicht den Kofferraum der Limousine verschmutzen.

So schützt ein Chauffeur seine Kundin vor störenden Blicken So schützt ein Chauffeur seine Kundin vor störenden Blicken Quelle: SP-X

Regenschirm und Ledersohle

Ebenso wichtig ist ein zweites Accessoire: „Ein Regenschirm.“ Damit hält der Chauffeur nicht etwa Regen ab. Sondern er schützt die Waden weiblicher Passagiere vor freizügigen Einblicken. Das schaffe zusammen mit den Coachdoors, einen blickdichten „Kokon der Intimität“ für Hollywoodstars in Highheels oder Hoheiten in herrschaftlichen Gewändern. “Nur die Paparazzi verfluchen mich dafür jedes Mal aufs Neue, “ lacht der Luxusfahrlehrer.

Vorausschauendes Fahren, granitene Gelassenheit und die perfekte Balance zwischen Diskretion und Führsorge – dabei lässt es McCann bei seinen „White Gloves“-Kursen nicht bewenden. Der Fahrlehrer schaut seinen Schützlingen sogar unter die Füße und predigt die Wahl der richtigen Schuhe: „Natürlich mit dünnen Ledersohlen.“

Wer auf Gummi fährt, hat zu wenig Gefühl im Fuß, kann Gas und Bremse nicht fein genug dosieren. Noch schlimmer: Gummisohlen können auf den Pedalen quietschen. „Und weil in einem Rolls-Royce nicht einmal mehr die Uhr tickt, hat in so einem Fahrzeug auch sonst gefälligst absolute Ruhe zu herrschen.“

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