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Classic Driving News

Japanische Sportler in Weiß

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Toyota MR2 und Celica - vor 20 Jahren baute Toyota noch richtig heiße Sportwagen mit über 200 PS starken Turbo-Motoren. Der Mittelmotor-Renner MR2 und das legendäre Celica-Sondermodell Carlos Sainz Limited Edition treffen sich zu einer gemeinsamen Ausfahrt. Sie gehören zur weißen Wagenflotte von Johannes Frank.

Schon seit sechs Jahren müssen die Sportwagen-Fans von Toyota auf die einstigen Ikonen Toyota Celica und Toyota MR2 verzichten, die viel Fahrvergnügen zu fairen Preisen geboten haben: Beide Modelle wurden 2005 ersatzlos aus dem Verkaufsprogramm genommen. Auch als gepflegte Gebrauchte sind inzwischen die älteren Jahrgänge von MR2 und Celica eine große Seltenheit geworden.

Zwei Turbo-Topversionen im Brautkleid

Umso überraschender, wenn plötzlich deren 20 Jahre alte Turbo-Topversionen im Duo auftreten, dazu noch ganz in Weiß - aber ohne Blumenstrauß. Zunächst herrscht beim Betrachter eine gewisse Irritation, ist doch derzeit die Farbe Weiß das typische Kennzeichen für ein aktuelles Automodell. Doch der Toyota MR2 Turbo von 1991 und der Toyota Celica Turbo 4WD Carlos Sainz Limited Edition von 1992 verraten durch viele gemeinsame Designmerkmale, aus welcher Zeit sie wirklich stammen: die heute bei allen Neuwagen verschwundenen Klappscheinwerfer, die schlanken A-Säulen, die relativ klein gehaltenen Kühlluft-Einlässe, die insgesamt rundlich-weiche Formgebung und die damals unvermeidliche, schwarze Heckblende zwischen den Rückleuchten.

Auch der beim MR2 ziemlich groß geratene, flossenartige Heckspoiler wäre heute ein absolutes No-Go. Neben den beschriebenen Designmerkmalen vereint die beiden Turbo-Toyota auch der identische Vierzylindermotor, der unter Kennern einen fast mythischen Status besitzt und den Namen 3S-GTE trägt. Im Toyota MR2 leistet der Zweiliter 203, im Toyota Celica 208 PS. Die Höchstgeschwindigkeit der beiden Toyota-Torpedos liegt bei 240 beziehungsweise bei 230 km/h. Der Motor kam 1987 erstmals im Celica zum Einsatz, dem Vorgängermodell unseres weißen Foto-Autos, das der fünften von insgesamt sieben Celica-Generationen angehört.

Toyota Celica Turbo und MR2 Turbo: Zugeständnisse an den Rallye-Sport

Die Einführung des Allradantriebs und des Turbo-Motors war vor allem ein Zugeständnis an den Rallye-Sport. Seit 1972 nahm Toyota mit der Celica rund um den Globus an Rallyes teil, erzielte Siege in der Weltmeisterschaft und gewann nationale Championate. Den WM-Fahrer-Titel erkämpfte - endlich! - Carlos Sainz im Jahr 1990. Es folgten von 1992 bis 1993 drei weitere Fahrer-Titel: 1992 wieder mit Sainz, 1993 mit Juha Kankkunen und 1994 mit Didier Auriol. Mit dem Spanier Sainz platzte der WM-Knoten, Toyota dankte es ihm mit dem weltweit auf 5.000 Stück limitierten Sondermodell Toyota Celica Turbo 4WD Carlos Sainz Limited Edition. 

Die beiden weißen Turbo-Toyota parken hintereinander am Straßenrand. Insassen von vorbeifahrenden Autos und auch Radfahrer verlangsamen ihr Tempo, um die scheinbar neuen, unbekannten Sportwagen etwas länger bestaunen zu können. Sie gehören Johannes Frank im schwäbischen Balingen. Während der kleinen Spazierfahrt saß er am Steuer des Toyota Celica, während Gattin Patricia mit Tochter Felicia im Toyota MR2 unterwegs waren. Doch jetzt darf der Youngtimer-Mann ran. Die Probefahrt beginnt im Toyota MR2 Turbo, dessen Motor an der Peripherie leicht überarbeitet und die Karosserie um 25 Millimeter tiefer gelegt ist. Man sitzt in bequemen Ledersitzen und schaut auf ein auch heute noch ansehnliches Cockpit mit schwungvoll-rundlichen Instrumenten-Überbau und daneben einer mehr kantig gestalteten Mittelkonsole. Kein mattes Pseudo-Alu oder blinkende Chromringe stören das funktionale Schwarz, nur die roten Nadeln der Rundinstrumente bringen etwas Farbe ins Spiel.

Toyota MR2 Turbo: Im Rückspiegel die Kühlrippen und der riesige Spoiler

Ein hoher Mitteltunnel, in dem sich ein Teil des Tanks befindet, trennt die Passagiere im Toyota MR2 Turbo züchtig voneinander ab. Entsprechend kurz ist der griffgünstig gestaltete Schalthebel ausgefallen, dessen Lederknauf in Höhe der Lenkradnabe auf der Fahrerhand wartet. Das Lenkrad ist, wie heute inzwischen üblich, dick und massiv ausgeführt. Vor der flachen Windschutzscheibe breitet sich nur der graue Asphalt aus. Im Rückspiegel zeigen die Kühlrippen der Motorhaube und der der riesige Spoiler ebenso unmissverständlich, dass man in einem Mittelmotor-Sportler sitzt. 

Und so fährt sich der Toyota MR2 auch: Die leichte Wagenfront folgt spielerisch und präzise jedem Lenkbefehl, und der Zweiliter-Vierzylinder grummelt zufrieden aus der hinteren Tiefe der Karosserie. Dank der Ladedruckanzeige weiß der Pilot genau, wann der Turbo loslegt, etwa zwischen 3.000 und 3.500/min. Wer darunter bleibt, der kann im Toyota MR2 so problemlos herumrollen wie in einem Corolla, wer darüber geht, der bekommt einen Tritt vom Elefanten - und sollte darauf gefasst sein.

In nur 6,5 Sekunden sprintet der Toyota MR2 Turbo von null auf 100 km/h und drückt dabei bis zu 271 Newtonmeter auf die Hinterachse, das sind deutlich mehr als die 186 Newtonmeter der Saug-Version. In engen Kurven kann das heikel werden, wenn der Turbo die Hinterräder zum Pfeifkonzert auffordert. 

Der Toyota Celica Turbo gibt sich souveräner

Der Toyota Celica fährt sich deutlich souveräner. Sein Mehrgewicht von gut 200 Kilogramm und der vorn platzierte Motor machen das stattliche 4,4-Meter-Coupé zu einem gutmütigen Untersteurer, obwohl die Kraftverteilung vorn und hinten bei jeweils 50 Prozent liegt. Natürlich ist insgesamt mehr Platz für die Passagiere vorhanden. Aber trotz der deutlich höheren Sitzposition ist von der Fronthaube fast nur die kuriose Luftloch-Hutze zur Kühlung des Zahnriemens zu sehen. Dieses Detail besitzt nur die Carlos Sainz Edition, bei der einige spezielle Modifikationen realisiert wurden, die der spanische Rallye-Champion vorgeschlagen hatte. Dazu zählt auch die mit mehr Kühlöffnungen versehene Wagenfront. 

Was jedoch an beiden Sportlern am meisten beeindruckt, ist die ausgezeichnete Verarbeitung im Innenraum, besonders hervorzuheben die schwarzen Sitze des Toyota Celica, die nach über 100.000 Kilometer wie neu aussehen. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum Johannes Frank noch zwei weitere weiße Toyota-Sportler besitzt, das identische Toyota Celica-Modell als Cabrio (ohne Allrad und Turbo) und einen Toyota Supra Turbo.

Seltenheit: Eine Tochter bringt ihren Vater auf den Toyota-Trip

Schuld daran ist jedoch vor allem Tochter Felicia. Sie brachte ihren Vater auf den Toyota-Trip mit den vier weißen sportlichen Youngtimern aus der heißen Toyota-Ära. Vor drei Jahren entdeckte nämlich die heute Fünfzehnjährige im Terminplaner ihres Vaters das Foto eines weißen Mittelmotor-Flitzers, der vor der Feuerwache in Balingen parkt. Und sofort war die junge, autobegeisterte Blondine Feuer und Flamme für den Toyota MR2 Turbo der zweiten, von 1989 bis 1999 gebauten Generation. Der Wagen auf dem Foto gehörte einst ihrem Vater Johannes Frank, damals Stadtbrandmeister in Balingen, der den Toyota nach der Geburt der Tochter verkaufen musste. Drei Personen und zwei Sitzplätze - das ging nicht, sagt er heute. 

Die Erinnerungen an den 203 PS starken Mittelmotor-Sportler mit dem luftigen T-Roof und das Interesse der Tochter ließen den Entschluss reifen: Ein Toyota MR2 Turbo, wie damals in Weiß, muss wieder her. Johannes Frank ließ deshalb eineinhalb Jahre lang im Internet einen Suchauftrag laufen, bis er im Januar 2010 seinen zweiten Toyota MR2 Turbo fand - im sehr guten Zustand, aus zweiter Hand, mit nur 77.000 Meilen (US-Version) auf dem Tacho zu einem moderaten Preis. Und damit begann das Sammeln von weißen Sport-Toyota. Neben den vier Toyota zählen noch ein Subaru SVX und ein Jaguar S-Type aus den Sechzigern zur ungewöhnlichen weißen Flotte des einstigen Brandoberamtsrats und Sachbereichsleiter bei der Bundeswehr. 

Weiß ist nicht nur für die Hochzeit gut

Die Autofarbe Weiß spielte bei Johannes Frank schon immer eine große Rolle, weil sie die Karosserieformen besonders gut zur Geltung bringen würde. Außerdem sei er beim Kauf seines ersten weißen Toyota MR2 Turbo im Tübinger Toyota-Haus Bloemer bereits einem weißen Toyota Celica in der Sonderversion Carlos Sainz begegnet. Damit war für ihn klar: "Wenn ich mir eine solche Celica besorge, dann natürlich auch in Weiß." 

Bleibt zu hoffen, dass es den für 2012 angekündigten neuen Toyota-Sportler mit Heckantrieb und Boxermotor auch in Weiß geben wird, damit er in Franks Fuhrpark passt. Viel wichtiger: Die Sport-und-Spaß-Durststrecke bei Toyota ist dann nach dem verflixten siebten Jahr beendet, und ein neuer Toyota Celica - wenn das Coupé so heißen wird - knüpft an alte Zeiten an.

 

Quelle: Motor Klassik

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