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Toyota: Jahresbilanz 2015/2016 - Erdbeben ist nicht gleich Erdbeben

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Trotz leichter Rückgänge beim Absatz erzielte Toyota im abgelaufenen Geschäftsjahr erneut einen Rekordgewinn. Der Konzernchef schlägt dennoch nachdenkliche Töne an.

Rekordgewinn: Bei Toyota sprudelten im am 31. März abgelaufenen Wirtschaftsjahr die Gewinne. Der Konzernchef schlug bei der Verkündung des Ergebnisses trotzdem verhaltene Töne an Rekordgewinn: Bei Toyota sprudelten im am 31. März abgelaufenen Wirtschaftsjahr die Gewinne. Der Konzernchef schlug bei der Verkündung des Ergebnisses trotzdem verhaltene Töne an Quelle: dpa/Picture Alliance

Tokio – Zu Beginn seiner Rede drückt Toyotas Chef Akio Toyoda sein Mitgefühl für die Opfer der Erdbeben in der Provinz Kumamoto aus. Die Naturkatastrophe hat Toyota eine Delle in der Produktion beschert, vor allem aber viele Menschen getroffen. Mit dem Verlust von Unterkunft, Heimat und sogar Menschenleben.

Auch Volkswagen, den zweitgrößten Autobauer der Welt, hat im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Erdbeben getroffen – allerdings selbstverschuldet und nur im übertragenen Sinne. Mitgefühl fällt da schwer. Beide Weltmarktführer haben nun im Abstand weniger Wochen ihre Finanzergebnisse vorgelegt.

Dankte im Namen aller Toyota-Mitarbeiter "jedem einzelnen unserer Kunden": Konzernchef Akio Toyoda Dankte im Namen aller Toyota-Mitarbeiter "jedem einzelnen unserer Kunden": Konzernchef Akio Toyoda Quelle: dpa/Picture Alliance Wegen des Abgas-Skandals musste VW die Jahrespressekonferenz mehrfach verschieben, und verkündete Ende April schlechte Nachrichten. Einen Verlust in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, eine stark reduzierte Dividende (11 Cent statt 4,86 Euro pro Vorzugsaktie). Die Mitarbeiter erhalten statt einer Gewinnbeteiligung nur eine Anerkennungsprämie.

Rekordgewinn trotz Absatzrückgang

Toyota dagegen legt seine Zahlen „on time“ vor. Bei den Japanern endete das Geschäftsjahr erst am 31. März 2016. Kurz gefasst: Toyota verkaufte etwas weniger Autos als im Vorjahr, erzielte aber erneut einen Rekordgewinn.

Zum Bilanzstichtag stand ein Nettogewinn von 2,3 Billionen Yen (18,5 Milliarden Euro) in den Büchern. Das ist ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr um 6,4 Prozent. Der Umsatz erhöhte sich um 4,3 Prozent auf 28,4 Billionen Yen.

Parallel sank der Absatz um 290.536 Fahzeuge auf 8,68 Millionen. Prognose für das laufende Geschäftsjahr: 8,9 Millionen Auslieferungen. Trotzdem erwartet Toyota für 2016/2017 schrumpfende Erträge von nur noch 1,7 Billionen Yen (14,2 Milliarden Euro).

Den Grund machte Akio Toyoda deutlich: Die Zeiten des Billig-Yen sind vorbei. Vor allem im Vergleich zum US-Dollar erstarkte die japanische Währung zuletzt. Dadurch schrumpft der Gegenwert der Gewinne aus dem größten Absatzmarkt Nordamerika (2,84 Millionen Fahrzeuge). In Europa sank der Toyota-Absatz um 14.600 Fahrzeuge auf 844.400. Beim operativen Gewinn verzeichnete der japanische Konzern dennoch einen leichten Zuwachs auf 569 Millionen Euro.

Toyota will dezentraler und agiler werden

Konzernchef Toyoda gab für die nächsten Jahre die strategische Linie vor: Es mache keinen Sinn, bei jeder Absatz- und Gewinnschwankung zwischen Jubel und Verzweiflung zu pendeln. Toyota müsse stetig bessere Autos bauen und konstant in Mitarbeiter und Ideen investieren. Die Basis dafür sei der Aufbau einer finanziellen Basis, die Toyota auch eine weitere globale Finanzkrise überstehen ließe.

Wichtigstes strategisches Ziel der Japaner: "Ever better cars", auf Basis der neuen modularen TNGA-Plattform Wichtigstes strategisches Ziel der Japaner: "Ever better cars", auf Basis der neuen modularen TNGA-Plattform Quelle: dpa/Picture Alliance Toyota, so der Konzernchef, sei zu groß geworden, um schnell auf drastische Veränderungen reagieren zu können. Dies sei ein Problem, der Konzern müsse dezentraler werden. Einzelne Unternehmensteile und regionale Organisationen sollten dabei stets das Produkt in den Mittelpunkt stellen. Auf individuelle Kundenwünsche bei Leistung, Design und Preis will Toyota so flexibler reagieren können. Außerdem will Toyota künftig stärker auf Kooperationen wie die mit BMW oder Mazda setzen.

Mit typisch japanischer Höflichkeit dankte Konzernchef Akio Toyoda „jedem Einzelnen unserer Kunden“ ebenso wie Händlern, Zulieferern und anderen Beteiligten. Der Teamgedanke ist in japanischen Konzernen das oberste Prinzip.

Anders in Wolfsburg. Dort produzierten Anteilseigner, Manager und klagende Kunden zuletzt eher schrille Töne. Hinzu kommen aktuell die Trillerpfeifen eines Tarifstreits mitten in der größten Krise des Unternehmens. Gefühlt liegen zwischen Tokio und Wolfsburg eben mehr als nur 9.000 Kilometer Luftlinie.

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