Alle Räder stehen still, wenn das rote Licht angeht. Die Ampel regelt die Wege von Milliarden Menschen. Jetzt wird sie 100 Jahre alt. Wird es sie auch künftig noch geben?
New York /USA - Jeder Deutsche verbringt rein statistisch gesehen zwei Wochen seines Lebens mit dem Warten an einer roten Ampel. Die "Wechsellichtzeichenanlage", wie sie im Behörden-Deutsch heißt, steuert weltweit das Leben von Milliarden Menschen. Sie ist mittlerweile ein Stück Hightech mit drei Lichtern, ein Symbol für den Nährwert von Lebensmitteln und für politische Koalitionen. Am Dienstag (5. August) wird die Ampel 100 Jahre alt. Das Prinzip der Ampel ist sogar noch älter. Schon 1868, noch vor der Erfindung des Autos, gab es Drei Jahre Wartezeit an 1,5 Millionen AmpelnHeute gibt es in Deutschland nach Angaben des Ampelherstellers Siemens 1,5 Millionen "Lichtsignalanlagen". Würde man alle abfahren und an jeder eine Minute rot haben, entspräche das einer Wartezeit von etwa drei Jahren. Um diese im realen Verkehrsgeschehen so gering wie möglich zu halten, müssen die Ampeln gut getaktet werden. "Das ist eine hohe Kunst", sagt Siemens-Ingenieur Wilke Reints. Reints ist bei Siemens für "Intelligente Verkehrssysteme" zuständig und träumt nachts manchmal sogar von Ampeln. "Es gibt faszinierende Algorithmen, um den Verkehr zu beeinflussen. Und man kann wahnsinnig viel gestalten" - nicht immer zur Freude der Autofahrer. "Einige Kommunen lassen den Verkehr fließen, andere stören ihn künstlich. Damit sollen die Autofahrer zu Bus und Bahn gedrängt werden." Für manche Staatschefs schaltet die Ampel auf grünSo mancher Autofahrer mag glauben, dass die Verkehrslenker für den Bürgermeister nach Feierabend eine grüne Welle einbauen. Das ist allerdings Quatsch, sagt Reints. Dennoch haben manche tatsächlich eine eingebaute Vorfahrt. Rettungswagen und Polizei können auf ihrer Strecke alle Autofahrer rot sehen lassen, um schnell helfen zu können. Und manchmal bekommt ein Staatschef grün, damit er schnell wieder von der Straße kommt. Nach der Wende diskutierten Ost- und Westdeutschland darüber, wie ein Ampelmännchen auszusehen habe und ob ein grüner Blechpfeil an der Ampel sicheren Verkehr oder sicheres Verderben bringe. Auf fettigen Schokoriegeln prangt heutzutage in einigen Ländern eine große rote Ampel, um vor zu viel Kalorien zu warnen. Und Koalitionen bezeichnen sich als Ampel, weil ihre Parteien die gleichen Farben aufweisen - obwohl die doch nur zusammen leuchten, wenn die Ampel nicht funktioniert. Eine Welt ohne AmpelIst die Ampel bedroht? Als modern gilt inzwischen die Lenkung über einen Kreisverkehr, der den Ausgerechnet Ampelexperte Reints träumt von einer Welt ohne Ampeln. "Weil alle Autos miteinander kommunizieren und selbst den idealen Verkehrsfluss errechnen. Aber es gibt ja noch Radfahrer und Fußgänger. Deshalb bleibt das auf absehbare Zeit wirklich nur ein Traum", sagt Reints. Rot bleibt oben, grün untenSchon in wenigen Jahren wird die Ampel zum Autofahrer sagen: "Mach' den Motor aus! Es bleibt noch eine Weile rot". Doch eine Sache wird sich wohl nie ändern: "Oben rot, dann gelb und grün - das hat sich einfach bewährt, praktisch auf der ganzen Welt." In China sollte zwar mal alles umgedreht werden, damit die Farbe des Kommunismus für freie Fahrt steht, das endete aber im Chaos. Die Ampel bleibt also, und auch künftige Generationen können noch den monotonen Gesang verstehen, den Monty Python 1980 anstimmte: "Ich mag Ampeln, ich mag Ampeln, ich mag Ampeln - aber nur bei grün."
Quelle: dpa |
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