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Baillon-Oldtimer: Entdeckung einer bekannten Sammlung - Die wahre Geschichte der Baillon-Sammlung

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Ein Sensationsfund, der gar keiner war: Unter Experten war die Baillon-Sammlung längst bekannt, die Entdeckung nur ein Werbe-Gag. Das berichtet ein französisches Medium.

Das Sahnestück der Baillon-Sammlung: Ein Ferrari 250 California. Er war jedoch nicht unbekannt - Experten wussten von seinem Lagerort Das Sahnestück der Baillon-Sammlung: Ein Ferrari 250 California. Er war jedoch nicht unbekannt - Experten wussten von seinem Lagerort Quelle: Artcurial

Département Deux-Sèvres/Frankreich – Nach 50 Jahren taucht ein automobiler Schatz auf, großartig wie die Schlumpf-Sammlung: Vor einigen Tagen gab Auktionator Artcurial bekannt, in West-Frankreich 60 Oldtimer entdeckt zu haben. Diese hätten dem Transportunternehmer Roger Baillon gehört und sollen bis dato unbekannt gewesen sein. Unter ihnen befanden sich ein Maserati und ein Ferrari, die gemeinsam rund 13 Millionen Euro wert sein sollen. Im Februar 2015 werden die Fahrzeuge in Paris versteigert.

Viele Medien berichteten über den Fund, auch MOTOR-TALK. Grundlage war bei allen die Pressemeldung von Artcurial. Jetzt ist klar: Der Überraschungsfund war gar keiner. Das hat das französische Online-Portal „L’Automobile Ancienne“ (AA) herausgefunden.

Roger Baillot: Unternehmer und Auto-Sammler

Facel-Vega-Freunde aus Frankreich haben dieses Exemplar bereits aufgespürt Facel-Vega-Freunde aus Frankreich haben dieses Exemplar bereits aufgespürt Quelle: Artcurial Richtig ist, dass Baillon ein genialer Unternehmer war. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe er alte deutsche und amerikanische Lkw umgebaut und vermietet. Ein selbst entwickelter Tank für gefährliche Chemikalien habe ihm den Durchbruch verschafft. Er soll in seinen besten Zeiten bis zu 200 Mitarbeiter beschäftigt haben.

Den Wert von Luxus-Automobilen habe man zu dieser Zeit nach dem aktuellen Schrottpreis berechnet. Baillon habe Bugatti, Delage und andere Autos billig eingekauft und gelagert. Sein Ziel: Gemeinsam mit seinem Sohn Jacques wollte er ein Museum mit den faszinierendsten französischen Fahrzeugen aufbauen. Insgesamt 200 Modelle habe er dafür auf seinem Grundstück geparkt.

1978 habe Baillons Geschäftsmodell jedoch versagt. Sein größter Kunde bestand auf neuen Lkws. Baillons Transportfirma modernisierte die Flotte, meldete letztendlich aber Konkurs an. Zudem habe die Steuerfahndung Unregelmäßigkeiten auf seinen Konten bemerkt. Der Unternehmer sei zu einer hohen Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden.

Zwei Auktionen wegen Steuerschulden

Um diese begleichen zu können, wurden im Juni 1979 die ersten Fahrzeuge aus der Sammlung versteigert. Baillon habe protestiert, trotzdem kam es zur Auktion. Rund 60 Autos, darunter einige Delahaye, Peugeot, Salmson, Talbot und Lancia brachten laut AA knapp 1,3 Millionen französische Franc ein.

Der verunfallte Talbot-Lago ist ebenfalls bekannt Der verunfallte Talbot-Lago ist ebenfalls bekannt Quelle: Artcurial Im Oktober 1985 fand eine zweite Auktion statt. 32 Autos wurden für gut 2,5 Millionen Franc verkauft. Die Regionalpresse habe damals gefragt, wann der Rest der Sammlung versteigert wird. Erst heute gibt es die Antwort: im Februar 2015.

Roger Baillon starb vor ungefähr zehn Jahren. Doch erst nach dem Tod seines Sohnes im Oktober 2013 gab die Familie die übrigen Fahrzeuge frei. Schon damals sollen sich die Hinterbliebenen an Artcurial gewandt haben.

Werbegag: Sensationsfund

Mittlerweile haben Oldtimer-Liebhaber einzelne Fahrzeuge aufgespürt. Unter ihnen die Mitglieder eines Facel-Vega-Vereins und ein Ferrari-Händler. 2010 sind Fotos der Sammlung im Internet aufgetaucht. Ein Foren-Nutzer fotografierte die Fahrzeuge über die Mauer hinweg. 2012 veröffentlichte Automobilhersteller Peter Larsen in seinen Büchern über den Talbot-Lago Grand Sport die Geschichte des T26 der Baillon-Sammlung. Seine Informationen erhielt er von Jacques Baillon.

Genau zwei Monate vor der Auktion hat Artcurial mit der Geschichte um den Sensationsfund mehr Aufmerksamkeit erreicht, als normale Werbung eingebracht hätte. Leider bleibt das Märchen vom einzigartigen Scheunenfund in diesem Fall offenbar ein Märchen.

 

Quelle: Die Patinatoren

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