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Schulweg: Die Risiken des Elterntaxis - Die Fahrt mit dem Auto ist gefährlicher als der Fußweg

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Viele Eltern würden ihr Kind am liebsten mit dem Auto bis ins Klassenzimmer fahren. Was gut gemeint ist, schadet jedoch der Selbstständigkeit und erhöht sogar das Unfallrisiko.

Am besten ist es, wenn Eltern mit ihren Kindern gemeinsam den Schulweg üben Am besten ist es, wenn Eltern mit ihren Kindern gemeinsam den Schulweg üben Quelle: picture alliance / dpa

Berlin - Eltern wollen ihre Kinder beschützen. Doch damit tun sie den Kleinen nicht immer einen Gefallen. Kinder müssen selbstständig werden. Dazu gehört auch, dass sie den Schulweg alleine meistern. Deshalb sollten Eltern auch Erstklässler nicht mit dem Auto zur Schule chauffieren.

Laut einer Studie der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag des ADAC ist der Schulweg mit dem Auto gefährlicher als der zu Fuß. Im Jahr 2012 kamen 2.540 Kinder im Grundschulalter zu Schaden, die zu Fuß zur Schule gingen. Im Auto traf es etwas mehr als 3.000 Kinder.

Halteverbote direkt vor der Schule

"Leider sind es oft die Eltern selbst, die Probleme verursachen", sagt Ronald Winkler, Fachreferent für Stadtverkehr beim ADAC. Unmittelbar vor dem Schultor sei es am gefährlichsten. Dort treffen Kinder, die mit dem Auto gebracht werden, auf diejenigen, die zu Fuß kommen. "Nicht umsonst werden direkt vor der Schule oft absolute Halteverbote eingerichtet", erläutert Winkler.

Kinder müssen sich zwischen parkenden Autos weit nach vorn lehnen, um den fließenden Verkehr sehen zu können Kinder müssen sich zwischen parkenden Autos weit nach vorn lehnen, um den fließenden Verkehr sehen zu können Quelle: picture alliance / dpa Verkehrsexperten setzen sich deshalb dafür ein, Haltezonen zu schaffen, die rund 200 bis 300 Meter von der Schule entfernt liegen. Sonst ließen Eltern ihre Kinder allzu oft auf der zur Straße gewandten Seite des Autos aussteigen oder würden andere Kinder durch Wendemanöver gefährden, sagt Katja Legner vom ADAC.

"Solche 'Elterntaxi-Haltestellen' oder 'Kiss-and-ride-Zonen' haben auch den Vorteil, dass die Kleinen wenigstens noch die restliche Strecke zu Fuß gehen und so das richtige Verhalten im Straßenverkehr lernen", sagt Legner. Oberste Priorität habe, dass die Kinder den Schulweg alleine meistern. Janine Rettig vom Auto Club Europa (ACE) ergänzt: "Auf den letzten paar Hundert Metern kann ja nicht viel passieren, wenn man den Weg gut wählt. Den können dann schon Erst- und Zweitklässler alleine bewältigen."

Eltern müssen gutes Vorbild sein

Das sieht man beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) nicht anders. "Den kompletten Schulweg können Eltern ja vorher mit ihren Kindern üben und sie so behutsam an dieses komplexe System Straßenverkehr heranführen", sagt Sven Rademacher. Am besten mache man das zu Tageszeiten, zu denen die Kinder auch wirklich zur Schule müssen "und nicht am Sonntagnachmittag, wenn kein Verkehr ist".

Dabei sollten Eltern vor allem ein gutes Vorbild sein. "Das heißt zum Beispiel auch, geduldig zu sein und an einem Zebrastreifen nicht einfach rüberzulaufen", sagt Rademacher. Außerdem sollte man unter den meist zahlreichen Möglichkeiten, zur Schule zu kommen, die sicherste Variante wählen, nicht die kürzeste. Laut Rademacher sind zum Beispiel komplexe Kreuzungssituation zu meiden. Und Katja Legner vom ADAC ergänzt: "Ampeln und Zebrastreifen sind anderen Straßenquerungen eindeutig vorzuziehen."

Kinder sehen nicht über parkende Autos

Eltern müssen sich zudem immer wieder bewusst machen, dass Kinder den Straßenverkehr ganz anders wahrnehmen als Erwachsene, wie Janine Rettig vom ACE sagt. "Wer mal in die Hocke geht, wird feststellen, Um die Position ihrer Kinder einzunehmen, sollten Eltern einmal in die Hocke gehen Um die Position ihrer Kinder einzunehmen, sollten Eltern einmal in die Hocke gehen Quelle: picture alliance / dpa dass Kinder nicht über parkende Autos schauen können." Deshalb müssten sie ganz dicht an die Straße herantreten, um überhaupt zu sehen, ob ein Auto kommt. Es gelte daher, Wege zu finden, auf denen sich solche Situationen vermeiden lassen.

"Gerade, wenn Kinder in Gruppen unterwegs sind, ist auch die Ablenkung sehr groß", sagt Rettig. Ob das Kind, wenn es schließlich ohne die Eltern unterwegs ist, wirklich den eingeübten sicheren Weg nimmt, sei fraglich. Da kann es helfen, wenn man mit dem Kind gemeinsam einen Weg erarbeitet. "Man kann es ja mal fragen: Welchen Weg würdest du denn nehmen?", schlägt Rettig vor. Oder man lasse es mal bestimmen, wann man eine Straße überquert. So finde man schnell heraus, ob das Kind eine Situation wirklich schon überblicken kann. Wichtig sei, mit dem Kind ins Gespräch zu kommen.

Man darf die Kinder verfolgen

Katja Legner vom ADAC sagt: "Ein guter Trick ist auch, wenn die Eltern mal selbst die Kinder spielen und die Sprösslinge kontrollieren, ob sie auch wirklich alles richtig machen." Wenn man das Kind schließlich alleine zur Schule gehen lässt, kann man ihm laut DVR-Sprecher Rademacher hinterhergehen. "Man kann es ruhig mal verfolgen, um zu sehen, ob es auch alles richtig macht."

Prinzipiell ist die Bildung von Weggemeinschaften trotz der möglichen Ablenkungsgefahr durchaus ratsam. So können zum einen verschiedene Eltern die Kleinen abwechselnd begleiten. Katja Legner sieht noch einen weiteren Vorteil: "In Gruppen werden Kinder deutlich besser wahrgenommen, als wenn sie alleine unterwegs sind." Aus demselben Grund sei auch helle, reflektierende Kleidung gut. "Das macht auch im Sommer einen Unterschied, nicht nur wenn es morgens noch dunkel ist", sagt Rademacher.

Ein Strich zwischen Haus und Schule

Lässt es sich in Ausnahmefällen nicht vermeiden, das Kind mit dem Auto zur Schule zu bringen, muss es selbstverständlich gut gesichert sein. "Da ist es völlig egal, wie kurz die Strecke ist", betont Rademacher. Bis zu einem Alter von 12 Jahren und wenn das Kind nicht größer als 1,50 Meter ist, ist ein Kindersitz gesetzlich vorgeschrieben. "Man sollte auch genügend Zeit einplanen und sich schon im Vorfeld einen geeigneten Parkplatz suchen, wo das Kind sicher aussteigen kann."

Doch die beste Lösung ist das Auto nie. Und das nicht nur unter Sicherheitsaspekten. Das merkt man, wenn man die Sprösslinge ihren Schulweg malen lässt. "Kinder, die zu Fuß zur Schule gehen, sehen viel mehr, da entstehen bunte Bilder. Da ist die Eisdiele unterwegs mit drauf oder der Ort, wo sie immer ihre Freunde treffen", beschreibt Janine Rettig die so entstehenden Bilder. "Kinder, die mit dem Auto gefahren werden, malen ihr Haus, die Schule und dazwischen einen Strich."

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