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Panorama: Mallorca-Marke Loryc - Der Loryc kommt zurück - leise, still und sauber

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Ein deutscher Auswanderer verliebt sich in einen mallorquinischen Oldtimer, baut ihm einen Elektromotor unter die Haube und will dann die ganze Marke Loryc wiederbeleben.

Nach zwei kaputten Verbrennungsmotoren baute Charly Bosch einen Elektromotor in seinen Loryc Nach zwei kaputten Verbrennungsmotoren baute Charly Bosch einen Elektromotor in seinen Loryc Quelle: Benjamin Bessinger/SP-X

Palma de Mallorca/Spanien - Als Charly Bosch vor zwei Jahren von Teneriffa nach Mallorca umsiedelte, wollte er auf die Bremse treten. Statt mit seinem 612 PS starken Porsche Carrera GT wollte der deutsche Auswanderer lieber Oldtimer fahren. Mit einem Modell, bei dem Tempo keine Rolle mehr spielt.

Entschleunigung auf der Insel: Model T statt Carrera GT

Der Loryc kann bis zu 65 km/h schnell fahren Der Loryc kann bis zu 65 km/h schnell fahren Quelle: Benjamin Bessinger/SP-X „Als erstes habe ich an ein Ford Model T gedacht. Das ist so schwach und langsam, dass man gar nicht in die Versuchung kommt, das Tempo wieder anzuziehen“, erzählt der gebürtige Schwabe. Doch er fand in Spanien partout keine passende Tin-Lizzy. Dafür ein anderes Auto: einen Loryc.

Diese Marke kennt selbst auf ihrem Heimatmarkt Mallorca kaum jemand. Loryc wurde 1920 gegründet, und ging 1925 pleite. In den fünf Jahren entstanden etwa 100 Autos. Kein Dutzend hat davon die vergangenen 90 Jahre überdauert.

Charly Bosch war das am Anfang gleichgültig. Er sah den Wagen und wollte ihn haben. Er verhandelte so lange mit den Besitzern, bis Bosch sich als dritter Eigentümer in den Fahrzeugschein eintragen durfte. „Am Ende hat wohl den Ausschlag gegeben, dass der Wagen mit mir auf der Insel bleiben sollte und nicht in irgend einer Sammlung im Ausland verschwinden würde“, sagt der Unternehmer.

Loryc: Nach zwei Motorschäden ein Elektro-Aggregat

Loryc: Detail Loryc: Detail Quelle: Benjamin Bessinger/SP-X Die Beziehung zwischen Bosch und dem Oldtimer begann dramatisch. Kaum war der Ex-Supersportwagenfahrer mit dem alten Kasten unterwegs, zeriss es den antiken Vierzylinder. Nach 200 Kilometern mit einem Austauschmotor passierte das wieder. Bosch entschied sich zu einem radikalen Schritt. Er tauschte den alten, anfälligen Antriebsstrang gegen einen Elektromotor.

Zwischenruf: Mit dem schwäbischen Technologiekonzern hat Bosch außer dem Namen nichts zu tun. Trotzdem kennt er sich mit Elektromotoren besser aus als mit Verbrennern. Er hat auf diesem Sektor ein paar Erfindungen gemacht, die ihm sein Auskommen sichern. „Vier Tage und Nächte stand ich in der Werkstatt, dann war der Loryc bereit für seine elektrische Jungfernfahrt“, erzählt Bosch. Seine Augen leuchten bei dem Gedanken an die ersten 84 Kilometer im Elektro-Oldtimer. „Ich war so begeistert, dass ich gefahren bin, bis die Akkus leer waren“.

Entspannt fährt besser

Loryc: Innenraum Loryc: Innenraum Quelle: Benjamin Bessinger/SP-X Diese Begeisterung hat angehalten. Während er mit dem Loryc allein im vergangenen Jahr 6.000 Kilometer fuhr, bewegte er den Carrera GT keine 200. „Seitdem der Loryc elektrisch fährt, war ich an keiner Tankstelle mehr.“

Mit der Entschleunigung klappt es trotz der Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h nicht. Denn der Unternehmer Bosch will nicht nur seinen Oldie fahren, sondern die gesamte Marke wiederbeleben. „We are back“, hat er in großen, roten Lettern auf seinen Oldtimer geschrieben. Schon vorher sicherte er sich die Markenrechte. Jetzt läuft gerade eine Kleinstserie an.

Bosch ist Loryc-Experte

Einmal in Fahrt, hört Bosch gar nicht mehr auf, über seine Marke zu referieren. Er kennt die Motorsporterfolge in Le Mans und das Gerücht, dass einst Ernest Hemingway einen Loryc lenkte. Er kontaktierte die Nachfahren der Gründerfamilien. Und entwarf einen würdigen Nachfolger, der auf dem Computer fertig ist und in der Werkstatt Gestalt annimmt.

40 Zulieferer sollen den Prototyp auf den aktuellen technischen Stand bringen. Moderne Bremsen verzögern hinter den Speichenrädern, den Antrieb übernimmt ein 20 PS starker Elektromotor von Linde. 100 km/h soll der neue Loryc laufen, den Strom speichert ein Lithium-Eisenphosphat-Akku aus Fernost.

Seit er seinen Loryc hat, bleibt der Porsche Carrera GT meist in der Garage Seit er seinen Loryc hat, bleibt der Porsche Carrera GT meist in der Garage Quelle: Benjamin Bessinger/SP-X Sein Oldtimer-Umbau fährt elektrisch rund 100 Kilometer weit. Beim nächsten Modell soll das mehr werden. Weil es am Strand keine Steckdosen gibt und das Regierungsprogramm für 2.000 Ladesäulen auf der Insel noch lange nicht umgesetzt ist. Eine Akkuladung muss reichen, um jeden Punkt auf Mallorca zu erreichen und auch wieder nach Hause zu kommen. Deshalb verspricht Bosch eine Reichweite von mindestens 250 Kilometern.

Zu viel Interesse für eine Person

Aktuell sorgt sich Charly Bosch um den Vertrieb. Denn seit er sein Projekt das erste Mal öffentlich gemacht hat, wird er vom Interesse überrollt. Deshalb hat Bosch vor ein paar Wochen das Projekt gestoppt. Jetzt wird erst einmal in Ruhe sondiert und sortiert. Das Ergebnis? Ist noch offen.

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