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Probefahrt: Fiat 8V (1952-1954) - Als Fiat einen Achtzylinder baute

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Vom Fiat 8V wurden nur 114 Exemplare gebaut, davon eines mit Fiberglas-Karosse. Wir ergriffen die seltene Gelegenheit einer kurzen Ausfahrt in diesem Museumsstück.

Gelegenheit zur kurzen Ausfahrt mit einem seltenen Fiat 8V bei den Classic Days auf Schloss Dyck Gelegenheit zur kurzen Ausfahrt mit einem seltenen Fiat 8V bei den Classic Days auf Schloss Dyck Quelle: Fiat

Köln - Anfang der 1950er Jahre wollte Fiat zeigen, dass man in Turin die Kunst des Sportwagenbaus beherrscht. Denn auf den Rennstrecken der Welt, da musste man dabei dabei sein als italienischer Autobauer. 1952 präsentierten die Italiener den Fiat 8V. Der 4,04 Meter lange Zweisitzer war ein renntauglicher Sportwagen, Einzelradaufhängung rundum, damals moderne Trommelbremsen.

Mit dem etwas hinter der Vorderachse als Frontmittelmotor platzierten 2,0-Liter-V8, Fiats erstem (und einzigem) Achtzylinder, ergab das ein stimmiges Paket, das seine Qualitäten auch im Renneinsatz unter Beweis stellte. Statt den Wagen V8 zu nennen, drehte Fiat das Kürzel um, denn „V8“ als Name war schon belegt.

Von 1952 bis 1954 stellte Fiat 114 Exemplare des 8V her. Fiat gab die Karosseriefertigung von etwa 50 Prozent der Autos an umliegende Designstudios ab, wie Zagato und Ghia. Deshalb finden sich unter den 8V etliche Einzelstücke. Ein einziges hatte sogar eine Karosserie aus Fiberglas. Der steht sonst in Turin im Museum – wir duften dieses Stück Autohistorie auf eine Spritztour entführen.

Viel Platz und eine eigene Fußstütze

Einzelradaufhängung rundum, Trommelbremsen und ein zwei Liter großer V8-Motor - der "Otto Vu" traute sich was Einzelradaufhängung rundum, Trommelbremsen und ein zwei Liter großer V8-Motor - der "Otto Vu" traute sich was Quelle: Fiat Der freundliche Herr aus dem Museum weist auf die filigrane Tür samt Alurahmen hin: "Vorsicht, empfindlich". Dann zeigt er, wie man den Sitz verstellt und wünscht uns viel Spaß. Die erste Überraschung ist das Platzangebot. Im „Otto Vu“ haben auch große Menschen reichlich Platz.

Der etwas schräg dahinter platzierte Beifahrerplatz hat eine eigene Fußstütze, andernfalls könnte er sich niemals im Fußraum abstützen. Hinter den Sitzen ist das Reserverad montiert und Platz für Gepäck. Schließlich war der 8V als GT konzipiert und dieses Kürzel steht klassisch für Gran Turismo – ein Auto zum Rennen und Reisen.

Beides steht heute nicht auf dem Programm. Wir wollen friedlich durch lange Alleen und enge Örtchen fahren. Vorher gilt es aber, den Zwei-Liter-V8 zu starten. Nicht ganz leicht, denn die Knöpfe für Zündung und Choke sind nicht beschriftet. Als der Motor startet, bellt er uns einen infernalischen Sound entgegen. Gänsehaut. Im ersten Gang rollen wir zum Startpunkt, lassen die erstaunlich leichtgängige Kupplung kommen und beschleunigen.

Die ersten beiden Gänge sind nicht synchronisiert, Nummer drei und vier schon. Letzteren benötigen wir hier nicht. Die Stufen zwei und drei reichen aus, um Kurven und kurze Geraden adäquat zu bewältigen. Unter 2.000 Touren tut sich der V8 schwer. Der Sportmotor will Drehzahl, auch mit 60 Jahren auf dem Buckel, und fühlt sich bei mindestens 4.000 Touren am wohlsten.

Bei 5.300 Umdrehungen stehen alle 105 Pferdchen parat, die Fiats V8 1952 in der nicht getunten Version schaffte. Der Sound beeindruckt und erntet Sonderapplaus. Man mag sich allerdings nicht vorstellen, wie es wäre, mit offenem Auspuff tatsächlich auf große Tour zu gehen. Auf der großen Tour hätte der Otto Vu übrigens rund 17 Liter Benzin auf 100 Kilometern geschlürft. Andere Zeiten.

Der Zweiliter-Achtzylinder mit 70° Zylinderwinkel wurde in der zwei Jahre kurzen Modellgeschichte auch mit 115 oder 120 PS ausgeliefert. Danach verwendete Fiat den Motor nie wieder Der Zweiliter-Achtzylinder mit 70° Zylinderwinkel wurde in der zwei Jahre kurzen Modellgeschichte auch mit 115 oder 120 PS ausgeliefert. Danach verwendete Fiat den Motor nie wieder Quelle: Fiat

Zwischengas statt Anbremsen

Eine kleine Ernüchterung in der ersten Kurve: Die damals modernen Trommelbremsen haben mit heutigen Sportwagenbremsen nichts gemeinsam. Man muss schon beherzt zutreten, für eine nennenswerte Verzögerung. Besser als Anbremsen: mit etwas Zwischengas runterschalten, die Motorbremse nutzen und wieder aus der Kehre heraus beschleunigen, sobald die lange Schnauze den Weg aus der Kurve weist.

Das dünne und schöne Holzlenkrad liegt leicht in der Hand, die Bedienung erfordert aber Kraft, trotz Reifen im 165er-Format. Ansonsten lenkt der Otto Vu erstaunlich agil und direkt: Die Schwammigkeit mancher Oldtimerlenkungen fehlt ihm.

Ebenfalls fehlt ihm eine Lüftung. Durch die offenen Fenster kommt etwas Abkühlung ins Innere. Ansonsten heizt sich der Sportwagen in der Sommersonne mächtig auf, aber auch das war damals so üblich.

Nach fünf Runden bringen wir den Fiat zurück. Schade eigentlich, nun verschwindet er wieder im Museum – und darf dort für längere Zeit niemanden mehr anbrüllen.

Technische Daten: Fiat 8V

  • Motor:Zweiliter-Achtzylinder-Benziner
  • Hubraum: 2,0 Liter
  • Leistung: 105 PS, 115 PS, 120 PS
  • max. Drehmoment: 145 Nm bei 4.600 U/min
  • Radstand: 2,4 m
  • Länge: 4,04 m
  • Getriebe: Viergang-Getriebe
  • Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h

Quelle: SP-X

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