Hyundai fordert Honda: Mit dem i30 N steigt die Marke ins Hot-Hatch-Geschäft ein. Wir ließen die 275 PS starke Performance-Version gegen den Civic Type R antreten. Video.
Sindal, Dänemark – Ein paar rote Details an der Frontlippe, am Heckdiffusor und auf den Bremssätteln reißen es heraus. Sie passen gut zu den rostrot gestrichenen Hallen am Sindal Airport. Als hätten sich Honda Civic Type R und Hyundai i30 N abgesprochen. Ein bisschen Partnerlook, damit sie im Video (siehe unten) gut aussehen. Im Duell treffen zwei heiße Fronttriebler aufeinander, beide mit Zweiliter-Turbobenziner, beide stellen die sportliche Spitze ihrer Baureihe dar. Die Unterschiede: 275 PS beim Hyundai gegen 320 PS beim Civic, Riesenflügel gegen babyblauen Lack – und die Buchstaben. N gegen R. Hyundai ist neu im Feld der "Hot Hatches", der i30 N der Erstling der Marke. Honda hat viele Jahre Tradition, der Civic Type R ist eine Legende. Civic Type R 2017 im Handling: Stabilität in engsten KehrenDen Legendenstatus hat der Honda vor allem in Japan, und auf dem Nürburgring. Und da Japaner vom Ring begeistert sind, besteht da ein direkter Zusammenhang. Provokant streckt der Civic die Frittentheke in den Wind. Beim Druck auf den Startknopf blökt der Vierzylinder laut in die Landschaft. Der Kippschalter rechts auf dem Mitteltunnel gehört auf „R“: Erster Gang, Kupplung springen lassen und der Civic knallt los. Zweiter Gang, die Vorderräder kämpfen um Grip und gewinnen nur knapp. Erste Kurve. Der Civic lässt sich schön auf der Nase reinbremsen, das Heck schwingt mit, beim Herausbeschleunigen verträgt er Vollgas. Das mechanische Sperrdifferenzial zieht ihn um die enge Kurve. Der Zug an der Vorderachse beeindruckt den Fahrer, die extrem stabile Lenkung aber nicht. Das geht ein wenig auf Kosten des Gefühls, aber verdammt: wo nimmt der Civic all den Grip her? Kein Wunder, dass er den Ringrekord für Fronttriebler hält. Hyundai i30 N Performance: Ein Hyundai mit Know-How der M GmbHDas "N" beim i30 steht nicht für "Neuling", sondern für "Namyang". Dort steht in Korea das Hyundai-Entwicklungszentrum. Der Hyundai tritt gegen den Civic mit dem Handicap von 45 PS Minderleistung und höherem Gewicht an. Doch Hyundai hat Albert Biermann. Der wechselte 2015 von BMWs M GmbH zu Hyundai-Kia, um Sportmodelle zu entwickeln. Der i30 N ist eins davon, der Kia Stinger GT ein anderes. Rundenzeiten standen bei der Entwicklung nicht im Vordergrund. Da hätte der i30 keine Chance gegen den Civic Type R. Auch für uns zählen Agilität mehr als Stabilität, Spontaneität mehr als pure Kraft und Spaß mehr als Topspeed. Denn die Autos sollen ja im Alltag Spaß machen. Den ersten Treffer landet der i30 direkt beim Start: Sein Vierzylinder-Turbo klingt besser als der des Civic. Das liegt zum Teil am dritten Auspuffendrohr des Honda. Es soll unangenehme Resonanzen ausschalten. Und filtert auf dem Rundkurs auch manch aufregende Sounds heraus. Der Hyundai wuselt mehr und driftet gerneDer Sound kaschiert, dass der i30 N beim Sprint nicht hinterherkommt. 0,4 Sekunden nimmt ihm der Civic bis Tempo 100 ab, im direkten Vergleich ist das spürbar. Wieder: Hart anbremsen, zackig einlenken, Attacke auf die nächste Kurve. Der i30 fühlt sich dabei agil, wuselig, fast spielerisch an. Die Lenkung ist leichtgängig, das Auto wirkt dadurch wendiger und in den Kurven müheloser und direkter. Die Hinterachse spielt ebenso schön mit wie beim Civic. Lupfen und der Hyundai keilt aus, Gas zieht ihn wieder gerade. Das elektronisch geregelte Sperrdifferenzial reißt den Hyundai eng um die Kurve. Die Vorderräder krallen sich nicht ganz so fest in den Asphalt wie beim Civic, doch die Balance des Fahrwerks stimmt. Manchmal driftet der i30 sogar leicht über beide Achsen, herrlich. Honda Civic Type R und Hyundai i30 N in der KomfortwertungWer solche Autos kauft, fährt damit normalerweise nicht täglich auf abgesperrte Strecken. Im Alltag müssen sich Hyundai i30 N und Honda Civic Type R im Straßenverkehr beweisen. Da, wo Schlaglöcher oft schon ohne Sportfahrwerk hart genug stoßen. Beide Hot Hatches verfügen über adaptive Dämpfer, um das auszugleichen. Und der Hyundai bekommt das besser hin: Er rollt im Normalo-Modus gut ab, federt ordentlich und fühlt sich gar nicht so anders an als ein Normalo-i30. Der Civic fährt in jedem Modus des adaptiven Fahrwerks straffer. Er wippt mehr über Wellen, kippelt unangenehmer über Buckel. Im R-Modus wird er richtig hart. Dafür funktioniert im Alltag das Resonanzen bändigende, dritte Auspuffrohr: Der i30 dröhnt nerviger, wenn man den Motor nicht ständig durchs Drehzahlband jagt. Der Civic drängt sich weniger auf. Fazit: Einer für die Freizeit, einer für den Rundkurs?Wer ist also der bessere Hot Hatch? Das kommt darauf an, welche Eigenschaften man bevorzugt. Der aktuelle Honda Civic Type R schreibt die Legende seiner Baureihe bravourös weiter. Mit brutalem Geradeauslauf, präzisem Verhalten in Kurven. Mit einer kunstvollen Balance am Limit und einem Grip, der bei einem 320-PS-Fronttriebler erstaunt. Ein tolles Tool für den Track, ein Auto für Rundenzeiten. Hyundai versteht das Thema "Hot Hatch" spielerischer, weniger datengetrieben. Der i30 N fühlt sich trotz höheren Gewichts leichter und wendiger an. Enge Kurven filetiert er genauso kompetent wie der Civic. Dessen Stabilität erreicht er nicht, beim Sprint und beim Durchzug fährt er weit hinterher. Rein objektiv kann er den Vergleich also nicht gewinnen. Subjektiv schon. Denn der Hyundai i30 N Performance passt besser in den Alltag und auf die Landstraße. Tag für Tag ist er das mühelosere Auto. Außerdem erfordert seine Optik weniger Mut, und er kostet weniger. Honda Civic Type R vs. Hyundai i30 N im Video-VergleichTechnische Daten Honda Civic Type R und Hyundai i30 N Performance
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