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VW-Hauptversammlung 2017: Würstchen, Proteste, Umrüstung - VW setzt auch im nächsten Jahrzehnt auf Verbrenner

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Dieselgate lässt VW nicht los. Das zeigen Demonstrationen am Rande der Hauptversammlung. Einen Untersuchungsbericht will der Konzern dennoch keinesfalls veröffentlichen.

Bessere Zahlen und genug Würstchen: Zu einem Eklat kam es auf der diesjährigen Hauptversammlung des VW-Konzerns nicht. Ausgestanden ist der Dieselskandal aber noch lange nicht Bessere Zahlen und genug Würstchen: Zu einem Eklat kam es auf der diesjährigen Hauptversammlung des VW-Konzerns nicht. Ausgestanden ist der Dieselskandal aber noch lange nicht Quelle: dpa/Picture Alliance

Hannover - Vor gut eineinhalb Jahren flogen die Diesel-Manipulationen des Volkswagen-Konzerns auf. Bis heute hat der Konzern weltweit knapp die Hälfte der betroffenen Motoren umgerüstet, insgesamt 4,7 Millionen Fahrzeuge. Das sagte Konzernchef Matthias Müller am Mittwoch in Hannover auf der Hauptversammlung der Volkswagen AG. Auf Deutschland entfallen 1,7 Millionen Autos.

Insgesamt sind vom Diesel-Skandal weltweit rund 11 Millionen Fahrzeuge mehrerer Konzernmarken betroffen. In Deutschland sind das insgesamt 2,6 Millionen Autos. Volkswagen hat für die Kosten des Dieselskandals insgesamt bereits 22,6 Milliarden Euro verbucht. Trotz dieser Hypothek: VW schaut längst wieder nach vorn. Müller kündigte an, dass Volkswagen wirtschaftlich im laufenden Jahr besser abschneiden wolle als im Vorjahr.

Rund 60 neue Modelle sollen 2017 auf den Markt kommen. "Auch deshalb sind wir trotz aller Herausforderungen zuversichtlich, dass 2017 noch besser wird als 2016", sagte Müller. Im vergangenen Jahr hatte Volkswagen trotz der Milliardenkosten für die Bewältigung des Dieselskandalswieder Gewinne erzielt.

Weiter Investitionen in Diesel

VW-Finanzvorstand Frank Witter (l.) rechnet auch 2017 mit Belastungen in zweistelliger Milliardenhöher aus dem Diesel-Betrug VW-Finanzvorstand Frank Witter (l.) rechnet auch 2017 mit Belastungen in zweistelliger Milliardenhöher aus dem Diesel-Betrug

Müller und Finanzchef Frank Witter rechnen 2017 weiter mit Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe für die Diesel-Affäre. Vor einem Jahr war die Hauptversammlung wegen der Affäre zu einem Spießrutenlauf für Vorstand und Aufsichtsrat geworden. Damals hatten Aktionäre die Konzernvertreter teils angeschrien.

Seitdem hat Europas größter Autobauer insgesamt Fahrt aufgenommen. Im ersten Quartal 2017 verdiente der Konzern vor allem dank der Nachfrage in Westeuropa deutlich mehr. Unter dem Strich blieben 3,4 Milliarden Euro Gewinn in der Kasse, ein Plus von fast 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg im ersten Quartal um 10,3 Prozent auf 56,2 Milliarden Euro.

VW-Chef Müller bestätigte die Pläne, Milliarden in neue Antriebstechnik zu investieren. „Allein bis Ende 2018 bringen wir so konzernweit mehr als zehn neue elektrifizierte Modelle auf den Markt. Bis 2025 kommen dann mehr als 30 rein batterieelektrische Fahrzeuge hinzu", sagte er.

Trotzdem blieben moderne Verbrennungsmotoren auf absehbare Zeit unverzichtbar, betonte der Konzernchef: "Sie sind sparsam und emissionsarm. Das gilt - allen lauten Diskussionen zum Trotz - auch und gerade für den Euro-6-Diesel." Bis 2025 sollten die Verbrennungsmotoren um 10 bis 15 Prozent effizienter und sauberer werden. Bis 2022 investiere Volkswagen 10 Milliarden Euro in diese Technologien.

Demonstrationen vor der Halle

Vor der Halle forderten Demonstranten sofortige Aufklärung: die Verantwortlichen für den Diesel-Skandal müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch betonte, Volkswagen habe aus der Diesel-Krise gelernt. Aufsichtsrat und Vorstand wollten die Aufklärungsarbeit "entschlossen vorantreiben".

Die vorgeschlagene Dividende von 2 Euro je Stamm- und 2,06 Euro je Vorzugsaktie berücksichtige die finanzielle Lage des Konzerns, sagte Müller. Damit schütte der Konzern 19,7 Prozent des Nettogewinns aus. Dies sei ein Zwischenschritt hin zu einer Ausschüttungsquote von 30 Prozent.

Pötsch: Kein Untersuchungsbericht

Volkswagen lehnt einen ausführlichen Bericht zu den Ermittlungsergebnissen der Anwaltskanzlei Jones Day zum Diesel-Abgasskandal weiter ab. "Mir ist bewusst, dass sich einige von Ihnen eine noch weitergehende Transparenz wünschen", sagte VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. "Einen schriftlichen Abschlussbericht von Jones Day gibt es nicht und wird es auch nicht geben", sagte er zu den Erkenntnissen der von VW beauftragten US-Anwaltskanzlei. Über die gemeinsam mit dem US-Justizministerium veröffentlichte Faktensammlung ("Statement of Facts") hinaus werde es keinen gesonderten Bericht geben.

Bei Aktionären stieß dies auf deutliche Kritik. Pötsch begründete das Vorgehen mit rechtlichen Risiken. Das Unternehmen stehe in der Verpflichtung, sich "nicht in Widerspruch zu den im Statement of Facts angegebenen Fakten" zu äußern. Der Konzern wolle daher keine zusätzlichen Ergebnisse veröffentlichen. "Alles andere wäre für Volkswagen unvertretbar riskant", sagte Pötsch.

Vielen Aktionären geht der Aufklärungswille von VW nicht weit genug. "Dass die Ergebnisse immer noch unter Verschluss sind, lässt vermuten, dass sie VW nicht gefallen", sagte Andreas Thomae von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Invest. "Ihr Verweis auf das 'Statement of Facts' ist inhaltlich unzureichend und nahezu beleidigend", sagte der Experte für ordnungsgemäße Unternehmensführung, Christian Strenger.

 

VW-Hauptversammlung 2017 in Hannover: Matthias Müller kündigte weitere Investitionen in die Dieseltechnik an VW-Hauptversammlung 2017 in Hannover: Matthias Müller kündigte weitere Investitionen in die Dieseltechnik an

Würstchen sind genug da

Zu einem "Würstchengate", wie es 2016 die Daimler-Hauptversammlung überschattete, soll es bei VW nicht kommen. Der Konzern hatte vorgesorgt: 2.900 Currywürste aus der eigenen Metzgerei wurden in Hannover aufgetischt. Dazu kamen laut VW-Angaben 4.500 Bouillon-Würstchen und 1.100 Krakauer, außerdem 12.000 Laugenbrezeln. Auch Getränke sind da, nämlich 5.600 Liter Kaltgetränke und 3.400 Liter Kaffee. Das Auditorium in der Messehalle in Hannover bietet 3.000 Sitzplätze.

Auch insgesamt ist der Aufwand für die Hauptversammlung groß. 140 Lkw-Ladungen wurden nach Hannover gebracht, 9 Aufbau- und 4 Abbautage sind notwendig für die eintägige Veranstaltung. Für die IT wurden 10.000 Meter Kupfer- und Glasfaserkabel verlegt, hinzu kommen 48.000 Meter Kabel für die Lichttechnik, 5.500 Meter Strom-Hauptanschlusskabel, 1.730 Scheinwerfer und 125 stationäre Displays.

 

Quelle: dpa

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