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Schwere Unfälle bei niedrigem Tempo verhindern - Versicherer fordern automatische Notbremse

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Wenn Auto auf Mensch prallt, reichen schon niedrige Geschwindigkeiten für schwere Verletzungen. Experten fordern deshalb mehr automatisierte Notbremssysteme.

Fehlende Übersicht oder fehlende Achtsamkeit beim Ausparken: Unfallforscher fordern eine schnellere Marktdurchdringung autonomer Bremsassistenten Fehlende Übersicht oder fehlende Achtsamkeit beim Ausparken: Unfallforscher fordern eine schnellere Marktdurchdringung autonomer Bremsassistenten Quelle: dpa/Picture Alliance

Münster - Ein Mann steht nichts ahnend auf einem Parkplatz. Dann knallt sein Kopf auf den Asphalt und er bleibt reglos liegen - weil ein Autofahrer beim Ausparken unachtsam war. Treffen schwere Autos auf Menschen, reichen schon niedrige Geschwindigkeiten für schwere Unfallfolgen.

Was bei der Demonstration durch die Unfallforschung der Versicherer mit einer Puppe simuliert wurde, ist auch in der Realität keine Seltenheit. Mehr als jeder dritte innerorts getötete Verkehrsteilnehmer ist ein Fußgänger, zeigen Daten der Versicherer. Ein Drittel der 374 untersuchten Unfälle mit Schwerverletzten passiert bei Geschwindigkeiten bis zu zehn Kilometern pro Stunde. Nur ein weiteres Drittel der Unfallverursacher fuhr schneller als 40 km/h.

Experten sind sich sicher, dass viele dieser Fußgängerunfälle vermeidbar wären. Fahrassistenzsysteme, die Fußgänger erkennen und im Notfall das Auto automatisch bremsen, würden das schaffen - da sind sich Versicherer und ADAC einig. Notbremsassistenten sind bereits für viele Autos erhältlich. Bis sie zur Standardausstattung gehören, wie heute ABS und ESP, wird es jedoch dauern. Laut dem Deutschen Kraftfahrzeuggewerbe hatten im Jahr 2015 gerade einmal acht Prozent der zugelassenen Neuwagen einen Notbremsassistenten.

Kein Schutz bei Unfällen am Heck

Demonstration des UDV: Unfälkle mit Fußgängern beim Rückwärtsfahren betreffen besonders Senioren, die sich dabei schwere Verletzungen zuziehen Demonstration des UDV: Unfälkle mit Fußgängern beim Rückwärtsfahren betreffen besonders Senioren, die sich dabei schwere Verletzungen zuziehen Quelle: UDV

Im Gesamtbestand ist der Anteil mit fünf Prozent noch kleiner. Die EU prüft derzeit, ob die Technik ab 2022 zur Pflicht in neu typgeprüften Autos werden sollte. Bis zur echten Marktdurchdringung dürfte es also noch bis in die zweite Hälfte des nächsten Jahrzehnts dauern.

Hinzu kommen technische Hindernisse: Notbremssysteme könnten bisher nur Kollisionen im Frontbereich eines Autos verhindern, erklärt ein Sprecher der ADAC-Stiftung. Bei zwei Dritteln der untersuchten Unfälle prallten die Passanten frontal auf das Fahrzeug. Das ist die häufigste Ursache für schwere Verletzungen.

Doch auch ein Zusammenprall mit dem Heck eines Fahrzeuges, wie beim Ausparken, ist gefährlich. Gut ein Drittel der Fußgänger trug hier schwere Verletzungen davon. "Wir brauchen auch Notbremsassistenten für den Heckbereich. Das ist eine Herausforderung an die Technik, da sind die Hersteller gefragt", fordert der Stiftungssprecher.

Senioren zu 86 Prozent betroffen

Senioren machen 86 Prozent der Verletzten bei Heckunfällen aus, wie die Studie weiter herausfand. Das liege daran, dass ältere Menschen sich schneller schwere Verletzungen zuziehen als jüngere und außerdem weniger fähig seien, schnell zu reagieren, erklärte Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer. Hier seien Aufklärungsmaßnahmen notwendig.

Darüber hinaus hält der Unfallforscher es für sinnvoll, bei der Gestaltung von Parkplätzen und Parkhäusern die Gefährdung von Fußgängern zu bedenken. So könnten gekennzeichnete Wege helfen, Zusammenstöße zu vermeiden.

Eine flächendeckende Begrenzung der Fahrtgeschwindigkeit auf Tempo 30, wie sie beispielsweise von Radfahrerverbänden gefordert wird, lehnen die Versicherer ab. Sie sprechen sich stattdessen für weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen in Bereichen mit besonders vielen Fußgängern aus.

 

Quelle: dpa

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