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Volkswagen auf der Detroit Auto Show - So wird es nicht weitergehen

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Nach dem Diesel-Skandal will VW neu anfangen. Doch die Vorstellungen des Konzerns sind in Detroit Nebensache. Hauptgeschäft bleiben Entschuldigungen und Versprechungen.

Dr. Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender der Marke Volkswagen und Michael Horn, Präsident und CEO der Volkswagen Group of America, vor der Studie Tiguan GTE Active Concept Dr. Herbert Diess, Vorstandsvorsitzender der Marke Volkswagen und Michael Horn, Präsident und CEO der Volkswagen Group of America, vor der Studie Tiguan GTE Active Concept Quelle: dpa/Picture Alliance

Detroit – Der Spießrutenlauf beginnt schon am Vorabend der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit. Volkswagen-Chef Matthias Müller eröffnet seinen ersten USA-Besuch mit einer Entschuldigung. „Wir wissen, dass wir unsere Kunden, die zuständigen staatlichen Stellen und die allgemeine Öffentlichkeit hier in den USA sehr enttäuscht haben. Ich bitte daher um Entschuldigung“, sagte der neue VW-Boss am Sonntagabend vor geladenen Journalisten auf einer Veranstaltung.

Am nächsten Morgen um kurz nach halb Neun Uhr Ortszeit führt Audi-Chef Rupert Stadler die Entschuldigungen fort. Audi-Pressekonferenz: Stadler spricht lange, sagt aber nichts Neues. Man sei zu 100 „committed“, die bestehenden Probleme zu lösen. Man schulde es den Kunden. „Committed“ sein, sich verpflichtet fühlen, handfeste Zusagen machen - kein Begriff fällt bei den Pressekonferenzen der VW-Konzernmarken an diesem Tag öfter. Am Ende rollt das Audi „h-tron quattro concept“ auf die Bühne. Eine Überarbeitung der Elektro-Studie der IAA. „Innovation, Challenge, Commitments“. Stadler nennt ein paar technische Daten. Dann endet die Präsentation plötzlich.

Der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller blieb bei der Pressekonferenz ohne Auftritt. Er sprach am Vorabend vor Journalisten Der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller blieb bei der Pressekonferenz ohne Auftritt. Er sprach am Vorabend vor Journalisten Quelle: dpa/Picture Alliance

„Die müssen jetzt endlich mal sagen, was sie tun wollen“

So schnell wie Stadler von der Bühne verschwindet die Journalisten-Meute vom Audi-Stand. Die Volkswagen-Pressekonferenz beginnt direkt im Anschluss. Das „Tiguan GTE Active Concept“ wurde bereits am Vorabend enthüllt - als Blechbeiwerk für die Entschuldigungen des Konzern-Chefs. Letztere waren wichtiger.

Die USA verklagen Volkswagen wegen der Abgasmanipulationen. Wegen Betrugs und Verstößen gegen Umweltgesetze drohen VW allein in diesem Verfahren Zahlungsforderungen von bis zu 41,2 Milliarden Euro. Das US-Justizministerium warf VW in der Klageschrift vor, auch bei der Aufarbeitung der Affäre zu tricksen und zu täuschen. Ende vergangener Woche sagte der New Yorker Bundesanwalt Eric Schneiderman der "New York Times": "Unsere Geduld geht zu Ende." Volkswagen weigere sich unter Berufung auf deutsche Datenschutzgesetze, US-Staatsanwälten E-Mails und anderes Material zur Kommunikation von Führungskräften offenzulegen.

Die Branchenkennerin Michelle Krebs sagte am Rande der Messe: „Bisher haben wir nur abgewartet. Die müssen jetzt endlich mal sagen, was sie tun wollen. Und wenn sie das getan haben, dann sehen wir weiter“.

Die Studie VW Tiguan GTE steht in Detroit - Wichtig sind andere Dinge Die Studie VW Tiguan GTE steht in Detroit - Wichtig sind andere Dinge Quelle: Volkswagen

Zurück zum Käfer

Über die riesigen Bildschirme am VW-Stand flimmern Aufnahmen aus den 60ern, von Bulli und vor allem vom Käfer. Dazu werden Zitate und Erinnerungen von amerikanischen VW-Fahrern eingespielt. „Er war wie ein Familienmitglied“. „156.000 Kilometer – so zuverlässig“.

Dann betritt der VW-US-Chef Michael Horn die Bühne. Er hat Konkretes mitgebracht, allerdings nicht zu den Diesel-Motoren, sondern nur für deren Fahrer. Die Betroffenen sollen im Rahmen des „Goodwill-Programms“ mehr Einkaufsgutscheine und Geld bekommen. Horn möchte das neue Jahr trotz aller Probleme mit Optimismus beginnen. Er kündigt neue Modelle an: Beetle Dune und Denim, einen Allrad-Golf für die USA und den Golf Alltrack. „Commitments, Customers, America“ – aber keine Lösungsvorschläge.

Für fast 600.000 US-Dieselfahrzeuge mit verbotener Software stehen konkrete Lösungen aus. Einen Bericht der „Bild am Sonntag“, dass VW einen neuen Katalysator als Lösung entwickele, konnte uns ein VW-Sprecher an diesem Tag in Detroit nicht bestätigen. Bei den diskutierten Maßnahmen seien Katalysatoren im Gespräch, aber konkret könne man noch nichts sagen.

Klar ist bisher: Den amerikanischen Behörden liegen inzwischen zumindest die Vorschläge für die Umrüstung vor. Am Mittwoch will sich Konzernchef Müller mit der Chefin der US-Umweltbehörde EPA, Gina McCarthy, treffen. Am Donnerstag dann sollen die US-Aufseher über die VW-Vorschläge für eine Beseitigung der Betrugsprogramme entscheiden.

Herbert Diess in Detroit: "Commitment" war das Wort des Tages - VW will das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern zurückgewinnen Herbert Diess in Detroit: "Commitment" war das Wort des Tages - VW will das Vertrauen von Kunden und Mitarbeitern zurückgewinnen Quelle: dpa/Picture Alliance

Diesmal mit Krawatte

Nach Michael Horn tritt VW-Markenchef Herbert Diess auf die weiße VW-Bühne. Auf der trendigen Elektronik-Messe CES hatte er vor wenigen Tagen das Concept Budd-E vorgestellt. Locker und ohne Krawatte – auf der Automesse trägt er eine dunkelrote mit weißen Punkten. Wichtiger Termin.

Auch Diess beginnt mit einer Entschuldigung und einem Versprechen. Kunden, Händler, Behörden und vor allem das amerikanische Volk habe man enttäuscht. Die Gespräche mit dem "California Air Resources Board" und der US-Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Authority) liefen auf Hochtouren und bald gäbe es ein Lösung. Diess sagt, man wolle ein neues Volkswagen kreieren, ein „Innovation Powerhouse“, das für innovative, hochwertige und erschwingliche Premiumautos stehe. 900 Millionen Dollar sollen im US-Werk in Chattanooga investiert werden.

Zum Abschluss präsentiert Michael Horn das Tiguan GTE Concept. Er bleibt an diesem Tag der einzige, der sich nicht explizit entschuldigt. Das hatte er bereits im September 2015 kurz nach dem Bekanntwerden des Skandals erledigt. Stolz verkündet er stattdessen, dass man den Star-Anwalt Kenneth Feinberg verpflichtet habe. „We want to make this right in the american way“, sagt er. Zumindest für amerikanische Ohren hört sich das scheinbar gut an.

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Mercedes
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