• Online: 4.174

Opel-Sparplan für Anfang November erwartet - Opels Streichliste wird offenbar lang

verfasst am

100 Tage hat Opel Zeit, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. In der zweiten Novemberwoche läuft die Frist ab. Zu den Opfern gehören offenbar zwei SUV-Modelle.

PSA-Chef Carlos Tavares hält Opels Elektro-Strategie offenbar für gescheitert, wenn es um die EInhaltung künftiger CO2-Flottenziele geht PSA-Chef Carlos Tavares hält Opels Elektro-Strategie offenbar für gescheitert, wenn es um die EInhaltung künftiger CO2-Flottenziele geht Quelle: dpa/Picture Alliance

Rüsselsheim - Als Marathonläufer sollte Ex-Opel-Chef Karl Thomas Neumann einigen Sportsgeist besitzen. Dass er wenige Wochen nach seinem Abgang Aussagen des neuen neuen Konzern-Eigners PSA als "arrogant" bezeichnet, lässt auf verletzten Stolz schließen - oder auf echte Sorge um die Traditions-Automarke mit dem Blitz.

In der zweiten Novemberwoche 2017 wird Opel ein Sanierungskonzept für die Firma mit rund 38.000 Beschäftigten vorlegen. Wie diverse Medien berichten, wird es dabei wohl zur Sache gehen. "Allen muss klar sein, dass der Status quo bei Opel keine Option ist", hat PSA-Chef Carlos Tavares unter anderem im "Welt"-Interview gesagt, das offenbar Neumanns Nerv getroffen hat.

Konkrete Aussagen zu Job-Streichungen oder gar Werksschließungen hat der drahtige Portugiese bislang vermieden. Offiziell soll ohnehin der neue Opel-Chef Michael Lohscheller über die konkreten Schritte entscheiden, doch die Franzosen halten sich mit ihren grundsätzlichen Einschätzungen nicht zurück.

Opel belastet CO2-Schnitt von PSA

Bei seinem Auftritt auf der Messe IAA mäkelte Tavares zunächst an den hohen Kosten für den Opel-Stand herum, wurde aber schnell grundsätzlicher: Die Fabriken der einstigen General-Motors-Tochter seien nicht effektiv genug und erfüllten die eigenen Vorgaben nicht. Auch sei die CO2-Strategie mit dem allein stehenden Elektro-Auto Ampera-E gescheitert.

PSA hat Plattformen entwickelt, die ohne große Umbauten wahlweise mit Verbrennern, Hybriden oder reinen Elektro-Motoren ausgestattet werden können. Bis 2023 sollen vier von fünf PSA-Modellen elektrisch sein. Opel müsse schneller auf diese Strategie einschwenken, um die ab 2021 schärferen Vorschriften zum Flottenverbrauch einzuhalten und hohen Geldbußen seitens der EU zu entgehen. Opel hatte zuletzt einen Flottendurchschnitt von 127 Gramm CO2. Bei PSA liegt er nach eigenen Angaben bei 101 Gramm. Zielwert 2021 für PSA inkusive Opel: 92,6 Gramm.

Der Technologietransfer von PSA zu Opel läuft also bereits auf Hochtouren. Schon vor der Übernahme haben die beiden Hersteller zusammen Autos gebaut, die nun im Opel-Portfolio zu den profitableren gehören. "Unsere Entwicklungsteams arbeiten hervorragend zusammen und beschleunigen den Transfer", heißt es in einem der "Mainzer Allgemeinen Zeitung" vorliegenden Brief, mit dem Lohscheller die Belegschaft auf den "Zukunftsplan" einschwören will.

6.000 Opelaner zu viel?

Aus Lizenz- und Kostengründen wird Opel versuchen, den Anteil an Technologie der alten Mutter General Motors (GM) möglichst schnell zu senken. Der nächste Corsa wurde bereits auf eine PSA-Basis umgeplant. Nach Informationen des "Manager Magazin" sind auch ein direkter Mokka-X-Nachfolger sowie das geplante große SUV auf Insignia-Basis gestrichen.

In Sachen Jobs wurden bisher weder Tavares noch Lohscheller konkret. Details sollen wohl erst Mitte November veröffentlicht werden, heißt es in Unternehmenskreisen. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hat sich die französischen Effizienz-Vorgaben näher angeschaut. Er kommt zu dem Schluss, dass Opel mindestens 6.000 Beschäftigte zu viel an Bord hat, sofern man PSA-Produktivitätsmaßstäbe anlegt.

Auch eine weitere Zahl könnte für unruhige Nächte in Rüsselsheim sorgen: Zwischen 2011 und Ende 2016 hat PSA unter der Führung von Tavares und seiner Vorgänger 33.000 Jobs gestrichen. Die Belegschaft wurde um mehr als ein Viertel auf noch knapp 90.000 Leute reduziert. Das war der Hauptschlüssel zur Produktivität der PSA-Einheiten.

In England wird bereits gestrichen

Die rund 19.000 deutschen Opel-Jobs sind bis Ende 2018 tarifvertraglich geschützt. Bei der britischen Schwester Vauxhall wurde ein Stellenabbau von 25 Prozent der rund 1.600 Beschäftigten im Astra-Werk Ellesmere Port, unter anderem mit Abfindungen, bereits bestätigt. Britische Analysten wie Evercore gehen bereits von einer Schließung in Ellesmere Port und bis zu zwei weiteren Opel-Werken in Europa aus, sollte PSA nicht zusätzliche Kapazitäten für seine anderen Marken benötigen.

Bei der IG Metall und dem Opel-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Wolfgang Schäfer-Klug kommen solche Szenarien gar nicht gut an. Die Arbeitnehmervertreter haben sich entschieden, den Umbau des Unternehmens möglichst konstruktiv zu begleiten. Sie hoffen auf Wachstumschancen mit kostengünstiger produzierten Autos.

Für viele Opelaner sind die wahren Verantwortlichen für die Produktivitätsnachteile bei der ungeliebten Ex-Mutter in Detroit zu finden. "Ursache sind insbesondere die überkomplexen GM-Plattformen, auf denen die Fahrzeuge stehen, und die überzogenen GM-Prozessvorgaben für die Werke. (...) Opel war immer die Tochter der Konzernmutter, die über 80 Prozent der Entscheidungen von Opel in Detroit getroffen hat", schreibt Schäfer-Klug. Bleibt zu hoffen, dass die neue Mutter weiser agiert.

 

Quelle: dpa

Avatar von MOTOR-TALK (MOTOR-TALK)
161
Hat Dir der Artikel gefallen? 10 von 11 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
161 Kommentare: