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Opel Ampera-e und Chevrolet Bolt: Werksbesichtigung - Hier baut GM den Strom in die Autos

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Nahe Detroit betreibt General Motors ein riesiges Batterielabor als Keimzelle zukünftiger Elektroautos. Ortstermin im Batteriewerk für Chervrolet Bolt und Opel Ampera-e.

Hier fährt der Chevrolet Volt über das Werksgelände Hier fährt der Chevrolet Volt über das Werksgelände Quelle: GM

Von Michael Specht

Detroit - Eines muss man General Motors (GM) lassen: Unter Amerikas traditionellen Autoherstellern fährt der Hersteller beim Thema Strom vorweg. Obwohl man die amerikanische Bevölkerung jährlich mit Millionen von Pick-ups und SUV versorgt und damit viel Geld verdient. Da könnte der Konzern doch eigentlich die Arbeit an alternativen Antrieben auf das Nötigste (die kalifornischen Quoten) reduzieren?

Vielleicht, aber GM geht einen anderen Weg. Vor 20 Jahren bereits mit dem EV-1. Vor zehn Jahren zeigte man die erste Studie zum Chevrolet Volt, der 2010 in Serie ging. Kein reines Batterieauto, sondern eines mit Range Extender. Bis heute verkaufte Chevrolet immerhin mehr als 100.000 Volt. Opel bot das Modell in Europa als Ampera an, mit mäßigem Erfolg. Zudem läuft als elektrischer Kleinwagen der Chevrolet Spark EV von den Bändern.

GM hält sich alles offen: Läuft der Stromer schlecht, wird auf dem gleichen Band das konventionelle Modell Chevrolet Sonic produziert (bei uns bekannt als Chevrolet Aveo) GM hält sich alles offen: Läuft der Stromer schlecht, wird auf dem gleichen Band das konventionelle Modell Chevrolet Sonic produziert (bei uns bekannt als Chevrolet Aveo) Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK Nun also der Chevrolet Bolt. Das Kompaktmodell (Länge: 4,17 Meter) startet im Januar in den USA und im Juni als Opel Ampera-e bei uns. Die Zwillinge unterscheiden sich nur in Details, fahren mit der gleichen Technik und laufen vom selben Fließband in Orion/Michigan - etwa 50 Kilometer nördlich der GM-Zentrale in Detroit.

Brutalo-Tests für große Akkus

Ebenfalls ganz in der Nähe, in Warren, hat General Motors sein Tech-Center mit dem größten Batterielabor der Vereinigten Staaten platziert. Der Großraum Detroit gehört damit zu den weltweit wichtigsten Kompetenzzentren für Elektromobilität. Und das im V8-Land USA.

Das Batteriezentrum: Menschen sitzen an Computern, an Batterien hängen dicke Kabel. T-förmige Akkus gehören zum Volt. Plattenförmige sitzen unter dem Bolt. Kastenförmige gehören zum Cadillac CT6, dem Flaggschiff der Marke, das nächstes Jahr als Plug-in-Hybrid auf den Markt kommen soll.

Kein Maschinenlärm oder Ölgeruch, alles ist ruhig. Dafür stehen in jeder Ecke riesige Kästen herum, die aussehen wie überdimensionale Tresore mit Fenstern. „Das sind die Klimakammern“, erzählt Douglas Drauch, seit mehr als 30 Jahren bei GM und heute Chefingenieur des „Battery Systems Lab“. In diesen Klimakästen werden die Batterien im Zeitraffer bis an ihre Leistungsgrenze gequält. Bei Hitze, Feuchtigkeit, und Frost.

Die Akkus werden zigtausend Mal auf- und wieder entladen, mal wenig, mal mehr, mal schneller, mal langsamer. Auch mechanische Tests stehen auf dem Programm. „Am gemeinsten sind die Rütteltests“, sagt Ingenieur Drauch. Eine Fahrt über Kopfsteinpflaster oder über eine Schlaglochstrecke kann auf dem Prüfstand perfekt simuliert werden – auch in eisiger Kälte, wüstenartiger Hitze oder tropischer Feuchte.

GMs Akku-Labor in Warren/Michigan GMs Akku-Labor in Warren/Michigan Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Flexible Produktion im Chevy-Werk

Bis zu 50 MWh fließen innerhalb von zehn Jahren in die Batterie und aus ihr wieder heraus. Aus sämtlichen Daten gewinnen die Entwickler Einblick in das Innenleben der Lithium-Ionen-Batteriezellen. Die stammen vom koreanischen Konzern LG Chem, gebaut in enger Abstimmung mit GM. In Warren werden die 288 Zellen zu Modulen kombiniert. Diese Module bilden schließlich die Batterie.

Beim Bolt beziehungsweise Ampera-e sitzt der Akku im Fahrzeugboden und reicht vom vorderen Fußraum bis unter die hintere Sitzbank. Er übernimmt sogar tragende Funktionen: „Dadurch konnten wir die sonst üblichen hohen Einstiegsschweller vermeiden“ sagt Opels Projektleiter für Europäische Elektrifizierung, Ralf Hannappel. GM und Opel geben acht Jahre oder 100.000 Meilen (160.000 Kilometer) Garantie auf den 430 Kilo schweren Stromspeicher.

Von Warren liefert GM die Batterie ins Werk Orion. Ein automatischer Hubwagen hebt sie unter den Ampera-e, an der Stelle, wo auf derselben Linie das Modell Chevrolet Sonic den Benzintank erhält. Die Fertigung kann je nach Bestell-Eingang gesteuert werden: mal sind es mehr Sonic, mal mehr Bolt/Ampera-e. Wie viele Elektroautos GM jährlich in Orion herstellen wird, lässt der Hersteller offen. Das hängt von der Akzeptanz und Nachfrage ab, in Europa wie in Nordamerika.

In beiden Fällen hofft GM auf das Argument, dass die Autos nicht nur als Zweitwagen taugen: „Die Reichweite von 500 Kilometern verändert die Landschaft der Elektromobilität komplett und eröffnet für viele Kunden neue Möglichkeiten“ sagt Chef-Entwicklerin Global EV, Pamela Fletcher.

In Denver am günstigsten

Deutsche Spracheinstellung im US-Werk: Alle Opel-Elektroautos werden in Michigan produziert Deutsche Spracheinstellung im US-Werk: Alle Opel-Elektroautos werden in Michigan produziert Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Jetzt muss nur noch der Preis stimmen. In Amerika kostet der Bolt 37.495 Dollar. 7.500 Dollar sind von der Einkommensteuer abziehbar. Viele Bundesstaaten geben Förderprämien dazu. Kalifornien beispielsweise 2.500 Dollar. In Colorado gibt es die staatliche Reduktion von 7.500 Dollar sogar nochmal als Prämie obendrauf, sodass ein Bolt in Denver schon für 22.495 Dollar auf der Einfahrt steht.

Davon können Opel-Käufer nur träumen. Der Ampera-e dürfte ab 34.000 Euro kosten. Berlin gibt 2.000 Euro dazu, weitere 2.400 Euro kommen vom Opel-Händler.

Beim Bolt wird GM es nicht belassen. Für den wichtigen Markt China plant man ein elektrisches Crossover-Modell, das dort als Buick vertrieben werden soll. Den Bolt soll es dort nicht geben. Vom Erfolg der Elektroautos ist Pamela Fletcher fest überzeugt. Nicht zuletzt, weil Mr. Burns in der Comic-Serie „Simpsons“ ein E-Auto fährt.

Die Comicfigur gilt bisweilen als Trendsetter und zeigt, was eines Tages Wirklichkeit werden kann. „Letzteres beweist eine Simpson-Folge, die bereits vor 16 Jahren lief“, schmunzelt die GM-Managerin Fletcher, „da tauchte Donald Trump als Präsident auf.“

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