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EU-Kommission fordert Entschädigungen für europäische Kunden - EU will Druck auf VW erhöhen

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Kunden in den USA wurden wegen der Diesel-Affäre entschädigt, Kunden in Europa nicht. Die EU-Kommission streitet seit Monaten mit VW darüber, und verliert langsam die Geduld.

Die EU-Kommission möchte neben Reparaturen auch Entschädigungen für europäische Diesel-Kunden durchsetzen Die EU-Kommission möchte neben Reparaturen auch Entschädigungen für europäische Diesel-Kunden durchsetzen Quelle: dpa / picture alliance

Brüssel/Wolfsburg - So geht es nicht, sagt EU-Kommissarin Vera Jourova. VW-Besitzer in den USA bekommen Tausende von Dollar wegen des Diesel-Skandals, europäische VW-Kunden nichts. Das will Jourova nicht akzeptieren. Seit Monaten drängt sie Volkswagen, den 8,5 Millionen betroffenen Autobesitzern in Europa zusätzlich zur Reparatur auch eine Entschädigung anzubieten. VW lehnt das ab. Am Dienstag suchte Jourova den Schulterschluss mit Verbraucherschutzbehörden der EU-Staaten, doch kam sie ihrem Ziel nur ein kleines Stück näher.

Worüber wird genau gestritten?

Volkswagen hatte bei Dieselautos mit einer speziellen Software Abgastests geschönt. Da die Wagen im normalen Straßenverkehr Schadstoffgrenzwerte nicht einhalten, droht ihnen im schlimmsten Fall der Verlust der Zulassung. Besitzer fürchten Wertverluste. In den USA gestand VW unter dem Druck der Behörden und Gerichte Kunden mindestens 5.100 Dollar Entschädigung oder sogar den Rückkauf des Autos zu.

Warum gibt es in Europa keine Entschädigungen?

Mit der offiziellen Begründung, dass die Rechtslage anders sei, lehnt VW das in Europa ab. Konzernchef Matthias Müller argumentiert zudem, Entschädigungen wie im US-Maßstab würden VW ruinieren. Der EU sagte der Konzern im Oktober nur zu, alle betroffenen Autobesitzer in Europa bis Ende 2016 zu informieren und die Wagen bis Ende 2017 reparieren zu lassen. Jourova fordert jedoch Zugeständnisse darüber hinaus - entweder finanziell oder zum Beispiel in Form von Serviceleistungen.

Was wurde jetzt beschlossen?

Die EU-Kommission wollte eigentlich mit den Verbraucherschutzbehörden der Mitgliedsländer offiziell einen Verstoß gegen EU-Recht feststellen lassen. Am Ende erklärte Jourovas Sprecher aber nur, es gebe "ein klares Einvernehmen, dass die niederländische Behörde eine gemeinsame Durchsetzungsinitiative vorbereiten wird". Die Kommission werde dies unterstützen und "den Behörden helfen, zu einer gemeinsamen juristischen Einschätzung" zu kommen. Jourova habe alle Behörden ermuntert, alle Mittel zum Verbraucherschutz zu nutzen. Sie selbst wolle den Dialog mit VW aufrecht erhalten. "Wir erwarten konkrete Ergebnisse von diesem Verfahren bis Ende des kommenden Monats", erklärte der Sprecher.

Kann die EU Entschädigungen erzwingen?

Nein. Selbst wenn Kommission und Behörden gemeinsam einen Rechtsbruch feststellen, sei dies wohl eher "eine Art Theaterdonner", sagt der Jura-Professor Florian Bien von der Universität Würzburg. Bindend sei die Feststellung für Gerichte nicht. Jeder Zivilrichter sei frei, Tatsachen selbst zu erheben und zu beurteilen. "Juristisch gesehen stehen Schadenersatzkläger daher nicht besser da", erklärt Bien. Doch könnte die Feststellung eines Rechtsverstoßes den Druck auf Gerichte erhöhen, mögliche Sanktionen oder Schadenersatzansprüche zu erwägen.

Wie reagiert Volkswagen?

VW nennt das Vorgehen der EU-Kommissarin unverständlich. Es könnte Kunden davon abhalten, in die Werkstätten zu kommen, warnte Volkswagen: "Damit stellt die Kommissarin ihr eigenes Ziel in Frage." Ein Rechtsverstoß liege nicht vor. Und die europaweite Umrüstung der betroffenen Autos komme voran. Insgesamt hätten bereits 50 Prozent der Kunden daran teilgenommen, in Deutschland sogar 65 Prozent.

Was sagen die Verbraucherschützer zum Vorstoß?

Sie sehen das äußerst positiv. Verkehrsexpertin Marion Jungbluth vom Bundesverband der Verbraucherzentralen sagt: "Volkswagen will in Europa eine Entschädigung für betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher aussitzen." Hartnäckigkeit habe in den USA zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. "Deshalb ist es nur zu begrüßen, dass Kommissarin Jourova sich für die Betroffenen einsetzt und einen europäischen Weg für Entschädigungen durchzusetzen sucht."

 

 

Quelle: dpa

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