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Osterloh zur E-Mobilität: Vor der Euphorie kommt die Infrastruktur - Eine Batteriefabrik für VW?

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Die Elektromobilität soll in großen Schritten kommen, 2025 schon jeder vierte Wagen aus dem VW-Konzern per Stecker aufladbar sein. Doch vieles bleibt unklar.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh wirbt seit 2010 für eine eigene Batteriefabrik VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh wirbt seit 2010 für eine eigene Batteriefabrik Quelle: dpa/Picture Alliance

Wolfsburg/Berlin - Eine Kaufprämie allein genügt nach Überzeugung von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh nicht. „Die Prämie ist ein erster richtiger Schritt, aber alleine reicht sie nicht“, sagte Osterloh bei einem Besuch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Entscheidend ist die Kombination aus Preis, Reichweite und die Infrastruktur zum Laden - insbesondere zum Schnellladen. Solange man diesen Dreiklang nicht klärt, wird das Thema nicht fliegen.“

Der Chef der Arbeitnehmerseite in Deutschlands größtem Konzern sieht vor allem in dem noch lückenhaften Stromladenetz eine hohe Hürde: „Man kann doch in einer Großstadt wie Berlin zum Laden nicht ein Verlängerungskabel aus dem Fenster hängen.“ Der Aufwand für dichte Netze an Schnelllade-Stationen sei enorm - bisher stehe dahinter kein Geschäftsmodell, weshalb zum Beispiel die Stromkonzerne nicht stärker in Vorleistung gingen. „Daher liegt der Schlüssel meiner Meinung nach zunächst bei der Batteriereichweite. Und da werden wir bei den nächsten Batteriegenerationen große Schritte sehen - aber eben nicht über Nacht. Die Erhöhung der Reichweite wird schrittweise erfolgen.“

Elektroauto-Prämie läuft schlecht an

Für per Stecker aufladbare Autos gibt es in Deutschland seit kurzem eine Prämie als Kaufanreiz. Die Förderung gilt rückwirkend für Fahrzeuge, die seit dem 18. Mai gekauft wurden. Für reine Elektrowagen gibt es 4000 Euro. Bei Hybridautos, die ergänzend einen Verbrennungsmotor haben, sind es 3000 Euro. Bund und Hersteller teilen sich die Kosten.

Das Interesse an dem Kaufbonus ist bisher verhalten. E-Autos kranken noch an relativ hohen Preisen, der vergleichsweise kurzen Reichweite, fehlenden Ladesäulen und langen Ladezeiten. Auch die Öko-Bilanz des Stroms müsste sich für echte Umweltfreundlichkeit noch verbessern.

Langfristig räumen Experten der E-Mobilität aber große Chancen ein, denn das Öl als Rohstoff für Benzin und Diesel ist endlich, und die Abgasprobleme sind in manchen Innenstädten schon heute bedrohlich. Bei den Batterien geben aber bisher asiatische Hersteller wie LG oder Panasonic den Ton an. Auch der US-Hersteller Tesla macht Druck.

Osterloh hofft auf eigene Batterieproduktion

Osterloh plädiert für eine eigene Batteriefabrik. „Wenn künftig 40 Prozent der Wertschöpfung am Auto die Batterie ist, dann sollte man schon einmal überlegen, ob man sich von Herstellern aus Asien dabei abhängig macht. Das heißt noch nicht, dass wir auch alle Zellen der Batterien selber machen sollten. Aber den Aufbau der Zellen zur Batterie inklusive der Steuerungselektronik zu machen, das muss schon unser Anspruch sein.“ Das Thema sei ein strategischer Prozess. „Und der ist weitreichend - bis hin zu den wichtigen Rohstoffminen für die Seltenen Erden.“ Diese Stoffe stecken auch in modernen Batterien.

VW-Konzernchef Matthias Müller hatte kürzlich gesagt, er wolle keine eigene Zellfertigung anschieben. „Das wäre ein Witz“, meinte er mit Blick auf die hohen Kosten. Man sehe sich aber die ganze Prozesskette an. „Dann werden wir - wohl noch in diesem Jahr - bekanntgeben, wie wir mit diesem Thema umgehen“, kündigte er vor wenigen Tagen an.

Osterloh warnte davor, die E-Mobilität zu unterschätzen. Es gehe um die Zukunftsfähigkeit der Auto-Standorte. „Die EU und das Autoland Deutschland müssen sich eine Schlüsselfrage stellen: Wollen wir die Batterie und vor allem auch den Kern der Wertschöpfung bei dem Zukunftsthema Elektromobilität den anderen überlassen? Wollen wir über Elektromobilität nur diskutieren, oder wollen wir dabei sein und die Technologie hierzulande beherrschen und anbieten?“

VW-Markenchef Herbert Diess teilt hier Osterlohs Sicht. Der Manager hatte der dpa bereits Ende 2015 gesagt: „Das ist die Kerntechnologie der Elektromobilität. Ein großer Teil der Wertschöpfung wird die Batterie sein. Insofern fände ich eine konzertierte Aktion richtig.“

Osterloh wirbt seit 2010 für eine Batteriefabrik. Im Gespräch ist in der Branche auch eine herstellerübergreifende Kooperation wie zuletzt beim gemeinsamen Kauf des Navigations-Dienstleisters Nokia-Here. Über Staatssubventionen für Batterietechnologie wird ebenfalls geredet.

VW will infolge der Abgaskrise die E-Mobilität massiv ausbauen. Müller glaubt, dass 2025 jeder vierte Neuwagen rein batteriebetrieben ist und die Quote im VW-Konzern dann bei „20 bis 25 Prozent“ liegt.

 

 

Quelle: dpa

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