• Online: 3.736

Opel schließt das Werk Bochum - Der letzte Zafira ist vom Band gerollt

verfasst am

Schluss, Aus, Vorbei: Im Bochumer Opel-Werk lief das letzte Auto vom Band. Der dunkelgraue Zafira beendet eine industriegeschichtliche Ära, die vor 52 Jahren mit dem Kadett A begann.

Irgendwann heute Nacht, kurz nach 0:00 Uhr, rollte in Bochum der letzte Zafira vom Band. Der letzte von rund 13,5 Millionen Opel aus Bochum Irgendwann heute Nacht, kurz nach 0:00 Uhr, rollte in Bochum der letzte Zafira vom Band. Der letzte von rund 13,5 Millionen Opel aus Bochum Quelle: dpa/Picture Alliance

Bochum - Nach 52 Jahren hat Opel die Produktion im Bochumer Werk beendet. Am frühen Freitagmorgen gegen 00.30 Uhr lief der letzte Wagen, ein dunkelgrauer Zafira, vom Band. Das bestätigten Opel-Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur. „Das Herz von Opel hat aufgehört zu schlagen“, sagte ein Beschäftigter.

Zwei Opel aus der letzten Schicht sollen an soziale Einrichtungen in Bochum gespendet werden. Der letzte Opel aus Bochum geht an einen anonymen Käufer.

Am Werkstor gab es nach der letzten Schicht herbe Kritik an Opel: Opel habe das Werk „vor die Hunde gehen lassen“ und zuletzt nicht einmal mehr das Dach repariert, so dass es hereinregnete, sagte ein Mitarbeiter. Das Werk sei geopfert worden.

Die bisherige Bochumer Opel-Belegschaft ist im Schnitt 50 Jahre alt und arbeitete 20 Jahre im Werk Die bisherige Bochumer Opel-Belegschaft ist im Schnitt 50 Jahre alt und arbeitete 20 Jahre im Werk Quelle: dpa/Picture Alliance 2.700 der im Schnitt 50 Jahre alten Opelaner wechseln in eine Transfergesellschaft. Dort erhalten sie zunächst volles und dann auf 80 und 70 Prozent reduziertes Gehalt. Maximal zwei Jahre lang werden die Opelaner bei der Jobsuche betreut. Daneben erhalten die Mitarbeiter Abfindungen: Nach Gewerkschaftsberechnung im Schnitt 125.000 Euro pro Person, die aber versteuert werden müssen. Das sorgt derzeit für Unruhe, weil die Abfindungen vielfach geringer ausfallen als erwartet.

Schwerer Schlag für Bochum

Auf dem riesigen Werksgelände bleibt ein Ersatzteillager des Autokonzerns mit insgesamt 700 Beschäftigten. Auf dem Gelände sollen sich neue Gewerbebetriebe ansiedeln: Die Entwicklungsgesellschaft „Bochum Perspektive 2022“, an der Opel mit 49 Prozent beteiligt bleibt, rechnet dafür mit 50 Millionen Euro Aufwand, verteilt über acht Jahre.

Für die Region ist der Opel-Rückzug ein schwerer Schlag. Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz nannte die Entscheidung „sehr bitter“. Herbert Grönemeyer will seine Solidarität mit einem Konzert zeigen. Bochums Wirtschaft musste in der Vergangenheit bereits Schläge verkraften. 2008 schloss etwa Nokia ein Werk mit 2.300 Beschäftigten.

Ein Werk für den neuen Kadett

Einst sendete das Opelwerk eine andere Botschaft: Es galt als Vorzeigeprojekt des Strukturwandels an der Ruhr. Die Region wollte weg von der Kohle, hin zur produzierenden Industrie. Als im Revier das Zechensterben begann, errichtete Opel 1962 auf früherem Bergbaugrund ein Werk für das neue Modell Opel Kadett.

Opel Kadett: kurz gesagt: O.K. (Werbung) Der Käfer-Konkurrent wurde in den 1960ern zum Kassenschlager Opel Kadett: kurz gesagt: O.K. (Werbung) Der Käfer-Konkurrent wurde in den 1960ern zum Kassenschlager Quelle: Opel In Hochzeiten arbeiteten dort 20.000 Menschen. Neben und nach dem Kadett montierten sie den Ascona und Manta, den Klassiker GT. Später den Kadett-Nachfolger Astra und den Zafira. Den Höchststand erreichte Bochum mit 362.000 produzierten Fahrzeugen 1993.

Der Überlebenskampf des Werks begann spätestens zehn Jahre danach. 2004 arbeiteten in Bochum noch 9.000 Menschen, dreimal so viel wie heute. Opel stoppte am Standort die Motorenproduktion und vergab die Produktion des Astra H nach Polen und England. Bochum blieb der Astra Caravan und der Van Zafira, der seit 1999 in Bochum entstand.

Belegschaft: Zwei Jahre verschenkt?

Insgesamt kostet Opel die Schließung des Werkes zwischen 550 und 700 Millionen Euro. Ursprünglich plante der Hersteller, die Produktion bis zum Modellwechsel des Zafira 2016 laufen zu lassen. IG Metall und Opel einigten sich auf einen entsprechenden Tarifvertrag, doch die Bochumer Belegschaft lehnte ab. Opel beschloss daraufhin die Schließung zum Ende des Jahres 2014.

War die Schließung wirklich notwendig, damit Opel leben kann? Immerhin hat Opel erst vor Wochen Millioneninvestitionen in andere Standorte angekündigt. „Opel musste wegen der Überkapazitäten auch nach der Schließung von Antwerpen 2010 noch ein Werk in Europa herausnehmen", sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer.

Das ebenfalls bedrohte britische Werk Ellesmere Port habe dann geschickter verhandelt. Opel will bis 2016 wieder in die schwarzen Zahlen kommen.

Was wird aus dem Werk?

Nun beginnt in Bochum der Abbruch. Ein Teil der Produktionsanlagen wird in andere Werke transportiert, ein Teil versteigert, der Rest verschrottet. Danach werden große Teile der Hallen ab Sommer 2015 abgerissen. Einige Gebäude bleiben wohl als Denkmal stehen.

Opel werde sich würdig von den Mitarbeitern verabschieden, sagte ein Sprecher. Am Montag (8.12.) ist noch einmal eine Betriebsversammlung im Werk geplant. Schon an diesem Samstag (6.12.) gibt es eine Jubilarfeier für langjährige Beschäftigte. Jeder Opelaner soll außerdem eine Erinnerung an die Zeit bei Opel erhalten.

Wir haben vor wenigen Tagen mit Opel-Chef Karl-Thomas Neumann gesprochen, auch über das Werk in Bochum. Das exklusive Interview lest Ihr am Sonntag hier auf MOTOR-TALK.

Quelle: dpa/bmt

Avatar von MOTOR-TALK (MOTOR-TALK)
253
Hat Dir der Artikel gefallen? 7 von 8 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
253 Kommentare: